In den vergangenen Jahren hat Daniel Rauland so einiges erlebt. Der 34-jährige Fitnesstrainer war schnell sehr erfolgreich – und stand vor gut einem Jahr plötzlich vor dem Nichts. Auf Madeira wagte er den Neuanfang.
Zuletzt machte Daniel Rauland Schlagzeilen wegen Identitätsdiebstahl. Ein Stalker hatte Bilder des durchtrainierten Fitnesstrainers auf sozialen Medienplattformen gestohlen und diese für eigene Zwecke missbraucht. Inzwischen ist in dieser Sache etwas Ruhe eingekehrt, aber dieser Vorfall war nicht der einzige, der das Jahr 2020 für Rauland zu einem ganz besonderen gemacht hat. Übrigens auch nicht die Corona-Pandemie. Zuerst wurde sein erst 2018 eröffnetes Fitnessstudio in Saarbrücken überfallen und alle darin befindlichen Geräte mutwillig zerstört. Ein Jahr später kündigte sein bester Kumpel die erfolgreiche geschäftliche Zusammenarbeit.
Nicht auf das Negative konzentrieren
Unverhofft und per Brief statt im persönlichen Gespräch. Weil er seinen früheren Freund nicht auszahlen konnte, ließ sich Rauland selbst auslösen und der Geschäftspartner führt das Erfolgsprojekt weiter. „Es bringt nichts, sich auf Negatives zu konzentrieren. Wichtig ist nur, dass es weitergeht", sagt Rauland kämpferisch. Angefangen und sich einen Namen gemacht hatte der 34-Jährige vor einigen Jahren mit seinem Vier-Wochen-Fitnessprogramm. Dies wurde so stark nachgefragt, dass sich schnell Trainingsgruppen mit bis zu 50 Leuten bildeten. Von einem Trainer allein war dies kaum noch zu stemmen. „Das ging irgendwann so weit, dass Leute aus Homburg oder Saarlouis extra für unser Training nach Saarbrücken gefahren sind", berichtet Rauland und gibt zu: „Parallel habe ich immer mehr Leute persönlich betreut, bis es mir fast über den Kopf gewachsen war." Er holte sich seinen guten Freund und früheren WG-Mitbewohner als Geschäftspartner mit ins Boot und gemeinsam gründeten sie die „Outdoor Nation GbR". Als Franchise-Unternehmen fanden sie auf Anhieb 50 Trainerinnen und Trainer, die ihr Konzept in andere Städte in ganz Deutschland anbieten wollten. Das Geschäft brummte. Unter kuriosen Umständen wurde schließlich das Fitnessstudio, das Rauland parallel betrieb, zerstört. Womöglich wurde der wirtschaftliche Totalschaden bewusst herbeigeführt – allerdings konnte dies bisher noch nicht nachgewiesen werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Ausgerechnet in dieser für Daniel Rauland finanziell angespannten Phase trennten sich auch noch die Wege mit seinem Geschäftspartner. „Ich will keine dreckige Wäsche waschen, aber das war schon unschön. So eine Firma kann man ja nicht einfach aufteilen. Ich war in einer Schachmatt-Situation", beschreibt Rauland und erklärt: „Die Outdoor Nation war für mich so etwas wie mein eigenes Baby. Dass ich das Projekt einmal selbst verlassen muss, hätte ich mir vorher nie vorstellen können. Ich habe auch selbst Fehler gemacht. Das Ganze ist zu schnell zu groß geworden."
Weil aufgeben für den Saarländer keine Option ist, hat er sich nach den zahlreichen Rückschlägen nicht entmutigen lassen, sondern sich kurz geschüttelt und etwas Neues einfallen lassen. „Letztlich bin ich fast froh, dass es so gelaufen ist. Andernfalls hätte ich mich vielleicht gar nicht getraut, den nächsten Schritt zu machen", berichtet er. Denn: Der Schritt führte ihn auf die Insel Madeira. Ein Bekannter aus dem Saarland betreibt auf der portugiesischen Insel eine Ferienanlage und hat ihn nach der schweren Zeit als Gegenleistung für Training dorthin eingeladen. „Ich wollte immer schon ins Ausland und dachte mir: Entweder jetzt oder nie. Ich habe keine feste Freundin, keine Kinder und irgendwie nichts mehr zu verlieren", erklärt er. „Die Betreuung läuft größtenteils online, also musste ich ja nicht unbedingt in Saarbrücken bleiben. Deshalb bin ich relativ planlos mit einem One-Way-Ticket nach Madeira geflogen." Inzwischen lebt und arbeitet er schon seit über sechs Monaten dort. „Als ich zum ersten Mal die Hauptstadt Funchal gesehen habe, hat es mich umgehauen", erzählt Rauland, der mittlerweile im Vorort São Martinho wohnt, nur 300 Meter vom Strand entfernt.
Beruflich kehrte er zurück zu seinen Wurzeln und bietet erneut unterschiedliche Trainings- und Beratungsformate an. Einen Teil seines Kundenstamms aus dem Saarland konnte er retten. Die Kommunikation läuft fast so, wie es früher einmal war – allerdings vornehmlich digital und über soziale Medien. Die eigene App 4WPro mit Übungsvorlagen, Erklär-Videos, Ernährungsplänen und einigem mehr unterstützt ihn dabei. „Wenn ich etwas kann, dann andere Leute zum Sporttreiben motivieren", weiß Daniel Rauland, der alles auf die Karte Heimtraining setzt: „Ich glaube fest daran, dass es auch nach der Pandemie noch Leute geben wird, die das Training zu Hause schätzen werden. Es hat einfach so viele Vorteile gegenüber anderen Angeboten." Dass während des Lockdowns viele Menschen an Gewicht zugelegt haben, ist diesem Geschäftsmodell durchaus zuträglich.
„Auf Madeira gehen die Menschen aufeinander zu"
Auch an seinem Prinzip der Selbstvermarktung will er trotz der schlechten Erfahrung durch den Identitätsdiebstahl festhalten und auch weiterhin Menschen an seinem Leben auch über das Berufliche hinaus teilhaben lassen. „Mein Motto ist mittlerweile: Besser irgendwie im Gespräch als gar nicht mehr. Neider wird es so oder so immer geben", findet er. Allerdings will er nicht „das tausendste Video zu richtigen Kniebeugen" im Internet posten. Das Netz sei damit schon jetzt überfüllt. „Den Leuten geht es auch nicht mehr um das Wissen über Ernährung oder so. Die meisten wissen das alles", sagt er und erklärt: „Das persönliche Coaching, die Motivation und Ansprache, um den fiesen Schweinehund zu überwinden, ist das Entscheidende. Und das kann ich ihnen bieten."
Seine neue Heimat bietet dem 34-Jährigen derzeit alles, was er begehrt. Zwar diktiert hier auch die Corona-Pandemie den Alltag, aber immerhin bei „geilem Wetter und einer anderen Grundzufriedenheit als in Deutschland. Hier geht man raus und ist gut gelaunt. Die Menschen hier sind alle extrem locker", berichtet er und nennt eine beispielhafte Begegnung mit einem Ordnungshüter: „Ich wurde mal beim Telefonieren während dem Autofahren erwischt. Der Polizist hielt mich an und wollte mir eine Strafe verhängen. Dann sah er, dass mein Handschuhfach kaputt war und sagte sinngemäß: ‚Du bist mit dem Auto genug gestraft‘ und sah von einem Bußgeld ab." In Deutschland ist so etwas nur schwer vorstellbar. Auf Madeira hingegen „gehen die Menschen aufeinander zu, nach dem Motto: ‚Wir sind hier gemeinsam auf einer Insel und müssen gut miteinander klarkommen.‘ Das gefällt mir einfach supergut." Auch die entschleunigte Lebensweise und die niedrigen Lebenshaltungskosten gefallen ihm so gut, dass er wohl noch eine ganze Weile hier bleiben wird. „Mittlerweile gebe ich mich mit weniger zufrieden. Früher wollte ich vor allem erfolgreich sein und viel Geld verdienen und verbrachte bis zu 14 Stunden am Tag im Fitnessstudio. Heute will ich zufrieden sein." Und das ist schon der Fall, wenn er einmal pro Woche mit seinen neuen Freunden am Strand kicken kann.