Jeder Deutsche besitzt im Schnitt 95 Stücke zum Anziehen. Die meisten liegen ungenutzt im Schrank. Aussortieren ist angesagt – doch wohin mit den alten Hosen, Jacken und Mänteln? Die Möglichkeiten sind vielfältig, doch nicht alle Entsorgungsangebote sind gut für Mensch und Umwelt.

Deutschlandweit fielen im Jahr 2020 genau 391.752 Tonnen Textilabfall an. Diese alarmierende Zahl geht aus einer Studie der Agentur ABCD für das Label Labfresh hervor. Damit sind wir auf Platz sieben der 15 größten Textilwegwerfer in Europa. Und das ist kein Wunder, denn in deutschen Schränken schlummern rund 5,2 Milliarden Kleidungsstücke, rechnet die Umweltschutzorganisation Greenpeace vor – Socken und Unterwäsche nicht mitgezählt. Und dabei kommen Pullover, Hosen und Co bei den meisten Deutschen erst weg, wenn sie wirklich nicht mehr passen oder kaputt sind. Nur jeder Fünfte aus der Greenpeace-Befragung rafft sich regelmäßig auf und trennt sich von ungeliebten Textilien. Und mit dem Aussortieren ist die Arbeit nicht vorbei, denn die Kleidungsstücke gehören ja noch fachgerecht entsorgt. Doch wie oder vielmehr wohin damit? Hierzu gibt es inzwischen viele faire, umweltbewusste Möglichkeiten.
Der Altkleidercontainer
In Deutschland stehen an vielen großen Kreuzungen und auf jedem zweiten Supermarktparkplatz Altkleidercontainer. Mittlerweile ist ihre Anzahl auf über 120.000 angestiegen. Rund 86 Prozent aller Kleiderspender entsorgen hier bevorzugt ihre Kleidung. Doch nicht in jedem Container ist sie wirklich gut aufgehoben. Deshalb lohnt es sich, auf das Kleingedruckte zu achten, in diesem Fall auf die Beschriftung vorne. Hier sollten entsprechende Prüfsiegel stehen, wie das DZI-Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, das bvse-Qualitätssiegel Alttextilsammlung des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung oder das Zeichen des Dachverbands Fair-Wertung. Dieser hat es sich deutschlandweit zur Aufgabe gemacht, Transparenz in Sachen Kleidersammlung und -verwertung zu schaffen. Und das tut Not, denn viele dubiose Sammlerfirmen wollen sich lediglich an den Altkleidern bereichern und verkaufen diese weiter an Händler, die die Waren dann nach Afrika, Ost- und Mitteleuropa und in den Mittleren Osten verschiffen. Dort machen die riesigen Mengen von Altkleidung den einheimischen Textilmarkt kaputt und schaden dadurch mehr, als dass sie nutzen. Deshalb sollten Spender unbedingt „faire" Container auswählen. Neben gebrauchter Kleidung dürfen auch Bettwäsche, Handtücher, Stofftiere, Schuhe, Gürtel und Gardinen dort hinein. Eine Liste über alle Annahmestücke ist immer direkt auf den Container gedruckt. Trotz regelmäßiger Leerungen sind manche Altkleidercontainer voll. Dann sollten Spender Abstand davon nehmen, ihre Altkleider einfach daneben abzuladen und so die Gegend zu verschandeln. Stattdessen ist es hilfreich, ein Stück weiter zu fahren und einen anderen Container zu nutzen.

Kleiderkammern
Kleiderkammern von sozialen Organisationen wie der Diakonie oder der Caritas gibt es in jeder größeren Stadt. Die Adresse erfahren interessierte Spender bei der Stadtverwaltung. Zu bestimmten Öffnungszeiten haben Bürger hier die Möglichkeit, gut erhaltene Sachen abzugeben. Es lohnt sich, vorher auf den Webseiten oder in den Aushängen nachzusehen, welche Arten von Kleidung, Bettwäsche und Co überhaupt nachgefragt werden. Oft sind die ehrenamtlichen Helfer in den Kleiderkammern von den riesigen Abgabemengen überfordert, die sie alle durchsehen, sortieren und waschen müssen. Deshalb hier nicht wahllos spenden, sondern vorher nachfragen, was gebraucht wird und erst dann eine Spendenbox packen.
Private Spenden und Annoncen
Kinderkleidung ist im Freundes- und Bekanntenkreis sehr beliebt. Deshalb lohnt es sich, zunächst herumzufragen, wer etwas brauchen kann. Aushänge in Kindergärten und Schulen sind unter Eltern ebenfalls eine beliebte Möglichkeit, gut erhaltene Kleidung sinnvoll loszuwerden. Oft gibt es dafür sogar noch einen kleinen Obolus. Wer im privaten Umfeld keine Abnehmer für gebrauchte Kleidung findet, der kann kostengünstig Zeitungsannoncen schalten und auf diese Weise nach Interessenten suchen. Alternativ dazu bieten sich Online-Anzeigen bei Verkaufsplattformen wie Ebay-Kleinanzeigen an. Hier findet sich Kleidung zum Festpreis, auf Verhandlungsbasis oder gleich als praktisches Paket. Vieles ist zum Selbstabholen im Angebot, manche Anbieter verschicken ihre Sachen aber auch gern gegen Übernahme der Versandkosten.
Kleiderbörsen und Tauschpartys
Auf Kleiderbörsen mutiert gebrauchte Kleidung zum wertvollen Gut. Die Börsen werden von Kirchen, privaten Einrichtungen oder Kindergärten und Schulen organisiert. Nach einer Anmeldung kann hier jeder entweder selbst seine Kleidung verkaufen oder sie zum Verkauf abgeben. An einem bestimmten Tag oder gleich einem kompletten Wochenende dürfen die Besucher stöbern und sich auswählen, was ihnen gefällt. Was nicht verkauft wird, geht als Spende an wohltätige Organisationen oder es darf einfach wieder mit nach Hause und wartet dann auf die nächste Börse. Wem das zu unpersönlich ist, für den sind Tauschpartys vielleicht eine gute Alternative. Hier laden Gastgeber privat dazu ein, Kleidung mitzubringen und zu tauschen. Voraussetzung ist, dass nur bestimmte Kleidungsstücke, zum Beispiel Kinderkleidung oder Abendkleider, zur Wahl stehen und die Mitstreiter ähnliche Kleidergrößen tragen sollten, damit auch alles passt.

Sozialkaufhäuser
Kirchen, Sozialämter und Wohlfahrtsverbände sind Träger von Sozialkaufhäusern. Hier darf jeder einkaufen, was ihm gefällt und das häufig einkommensunabhängig. Der Erlös geht an wohltätige Projekte und wird dazu verwendet, die Läden zu betreiben. Neben Kleidung gibt es auch Geschirr, Spielsachen, Haushaltswaren und Möbel im Angebot. Die bekanntesten Sozialkaufhäuser sind die sogenannten Oxfam-Läden. Es gibt sie vielerorts in Deutschland, allen voran in Berlin. Wer hier seine Kleidungsstücke abgibt, der sollte darauf achten, dass alle Spenden in einem sehr guten gebrauchten Zustand sind, denn sonst müssten sie von den Mitarbeitern erst aufwendig aussortiert werden. Die Lagerplätze in den Läden sind begrenzt, deshalb nur übersichtliche Mengen spenden und sie am besten der Saison anpassen, damit sich die Kleidung zügig weiterverkaufen lässt und nicht zum Ladenhüter wird. Die Abgabe in den meisten Filialen erfolgt einfach während der Öffnungszeiten. Manche haben dafür eine spezielle Abgabestelle im Ladenbereich oder einen Hintereingang, wo ein Mitarbeiter einem dann die Kisten und Säcke abnimmt. Aufgrund der anhaltenden Corona-Krise geraten karitative Kleidersammlungen und Sozialkaufhäuser mehr und mehr unter starken wirtschaftlichen Druck. Laut Thomas Ahlmann, Geschäftsführer von Fair-Wertung, bereitet seinen Mitgliedern die Absatzseite große Sorgen, da der Markt für Textilien zusammengebrochen sei. Und die Situation auf dem Textilmarkt verschärfe sich täglich weiter, so Ahlmann. „Das funktionierende Netz zur Getrennterfassung von Textilien benötigt in dieser außerordentlichen Situation umgehend flexible Unterstützung – ansonsten droht der vollständige Kollaps", ist sich der Geschäftsführer sicher. Wer jetzt spenden möchte, der sollte sich genau umsehen, wo dies noch möglich ist. Bleiben karitative Einrichtungen weiter geschlossen, Kleiderbörsen verboten und Altkleidercontainer überfüllt, kann es sinnvoll sein, die Altkleider zunächst im Keller oder auf dem Dachboden zwischenzulagern, bis sich die Lage wieder normalisiert hat. Aus Frust heraus alles einfach in die Restmülltonne zu werfen ist derweil keine adäquate Lösung. Schon jetzt schaffen es laut der ABCD-Studie lediglich zehn Prozent aller Textilien in die Wiederverwendung. Acht Prozent können recycelt werden. Der Rest der Textilstoffe landet auf dem Müll, wird verbrannt und schadet damit unserer Umwelt. Trotz allem kaufen die Deutschen weiter fleißig ein, nämlich für durchschnittlich 910 Euro pro Jahr.