Seit 1951 gibt es sie im Saarland – darüber hinaus nur noch in Bremen und in Österreich: Die öffentlich-rechtliche Arbeitskammer hat den gesetzlichen Auftrag, die Interessen der Arbeitnehmer im Saarland zu vertreten. Die Herausforderungen für die Zukunft sind vielfältig.
Wir als Arbeitskammer (AK) haben den gesetzlichen Auftrag, uns für die wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen. Und das bereits seit 70 Jahren. Immer wieder ein fundamentales Thema an der Saar und damit auch für die Arbeitskammer ist der Strukturwandel. Der grundlegende Strukturwandel, in dem wir uns jetzt befinden, übertrifft dabei an Geschwindigkeit und Brisanz alle Änderungen in der Wirtschaftsstruktur an der Saar, die wir seit den 1960er-Jahren erlebt haben. Stichworte sind Digitalisierung, Dekarbonisierung, E-Mobilität, Wasserstoffwirtschaft, Stahlkrise. Und auch hier lautet unser grundlegender und umfassender Auftrag, diesen Wandel sozial und ökologisch zu gestalten – im Sinne unserer Mitglieder, aller saarländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Klar ist für uns: Die wirtschaftlichen Erfolge von Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit können nur dann ihre Vorteile für die Menschen entfalten, wenn die damit verbundenen sozialen Fragen von Anfang an mitgedacht werden. Das muss Ziel einer gemeinsamen, aktiven, regionalen Transformationspolitik sein. Dafür setzen wir uns ein.
Unsere aktuelle Kampagne „Das gute Morgen", gemeinsam mit den Gewerkschaften, trägt deshalb auch den Slogan „Die Transformation gemeinsam gestalten". Themen wie Industriepolitik, Nachhaltigkeit, Wasserstoff oder Digitalisierung greifen massiv ineinander und sind untrennbar verbunden mit guter Arbeit, Mitbestimmung oder Weiterbildung. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Themen von der Landesregierung zusammengedacht und konsequent bearbeitet werden.
Gemeinsame Transformation
Wir verstehen unsere Aufgabe aber nicht darin, lediglich mit dem Finger auf die Landespolitik zu zeigen. Als Arbeitskammer erarbeiten wir gemeinsam mit renommierten Forschungsinstituten aus dem Saarland Lösungen, die Beschäftigung im Land sichern oder gar ausbauen werden.
Ein Beispiel: Eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft braucht auch eine Wasserstoffwirtschaft. Viele Industriearbeitsplätze im Saarland hängen davon ab, ob umweltfreundliche Technologien im Land verankert werden können. Die AK ist daher bei der Forschung zu Fragen rund um den Wasserstoff und dessen Bedeutung für den saarländischen Arbeitsmarkt aktiv. Bei relevanten Projekten im Land ist die AK beteiligt. Über die Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt an der Universität des Saarlandes (UdS) vergibt die AK eigene Forschungsprojekte, zum Beispiel an Lehrstühle von UdS und die Hochschule für Technik und Wirtschaft. Aktuell ein Forschungsprojekt, in dem die Entwicklung von Tätigkeiten in einer Wasserstoffwirtschaft analysiert werden: Welche Potenziale sind zu erwarten und wie wird sich Beschäftigung ändern und Weiterbildung diesen Weg unterstützen?
Zur Bewältigung der Veränderungen in der Arbeitswelt ist Weiterbildung der Schlüssel für die gemeinsame Zukunft als Wirtschaftsregion. Sie ist aber auch Voraussetzung für den individuellen Erfolg der Menschen hier im Land. Das neue Weiterbildungsportal des Landes (www.weiterbildungsportal.saarland) wurde unter Federführung der AK im Auftrag und mit Unterstützung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr und des Ministeriums für Bildung und Kultur entwickelt. Gemeinsam mit den Partnern des Zukunftsbündnisses Fachkräfte Saar bietet das Portal einen schnellen, informativen Zugang zu allen Informationen und Angeboten rund um die Weiterbildung.
Die AK ist an den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekten Weiterbildungsverbünde und Weiterbildungsmentoren dran: Weiterbildungsverbünde, bei denen kleine und mittlere Unternehmen einen transparenten Zugang zu Weiterbildungsangeboten saarländischer Großunternehmen oder Bildungseinrichtungen finden, und Weiterbildungsmentoren, die in den Betrieben die Kolleginnen und Kollegen bei der ersten Sondierung von Weiterbildungsmöglichkeiten unterstützen. Beides wird helfen, für eine neue Weiterbildungskultur in den Betrieben und Dienststellen zu werben.
Nur mit einer offensiven Weiterbildungsstrategie und einer innovativen Wirtschaftspolitik kann die Transformation gelingen. Wir sind daher auch folgerichtig Mitglied in der von Ministerin Anke Rehlinger initiierten Strukturwandelinitiative Saar. Dort konnte die AK wichtige Impulse zur Weiterbildung sowie zur Wasserstoffstrategie setzen.
Außerdem arbeiten wir mit dem Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA) und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) gemeinsam an Projekten zur Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Die AK achtet bei solchen Projekten darauf, dass nicht nur das technisch Machbare entwickelt wird, sondern dass vor allem der Blick der Wissenschaft geschärft wird, das technisch Sinnvolle und zudem für die Beschäftigten Unterstützende umzusetzen.
Beraten, Bilden und Forschen
Darüber hinaus mischen wir uns in andere aktuelle Zukunftsthemen im Saarland ein. So ist die AK aktiv in der Pflege, für Pflegende, für die zu pflegenden Menschen, in Einrichtungen der Altenpflege, den Krankenhäusern aber auch bei der häuslichen Pflege. Mit den Spezialisten aus dem Pflegereferat ist die AK gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi ganz nah an den Betroffenen dran. Mit eigenen Studien, Stellungnahmen zu Gesetzen und starken Netzwerken kümmert sich die AK um nachhaltige Verbesserungen in der Pflege.
Und beim Thema Weiterbildung sind wir selbst auch aktiv am Markt. Im Bildungszentrum der Arbeitskammer in Kirkel (BZK) finden seit 1956, oft in Kooperation mit den Gewerkschaften oder unserer Technologieberatungstochter BEST, Seminare und Schulungen statt. Betriebs- und Personalräte bekommen dort ihr Rüstzeug für ihren täglichen Einsatz für ihre Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Dienststellen. Dies stärkt die Mitbestimmung im Saarland und wirkt durch viele sichere und gut bezahlte Jobs, insbesondere in der starken saarländischen Industrie und wichtigen Dienstleistungsbereichen. Das BZK bietet aber auch Seminare nach Freistellung durch das saarländische Bildungs- und Freistellungsgesetz an. Diese dienen der politischen und persönlichen Bildung und leisten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie.
„Beraten. Bilden. Forschen" – so lautet der Slogan der AK. Er beschreibt kompakt die Orientierung für unsere Arbeitsweise. Forschen und Bilden haben wir bereits beschrieben. Eine wichtige und für unsere Mitglieder die sichtbarste Säule ist unsere Beratung.
2006 haben wir für unsere Mitglieder im Haus der Beratung in Saarbrücken Beratung in Fragen rund ums Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht zusammengeführt. Die Kolleginnen und Kollegen sind dort vor Ort, per Telefon und via E-Mail für die Beschäftigten da. Das Arbeitszeugnis ist nicht verständlich, ein Bescheid vom Jobcenter scheint fehlerhaft, eine Kündigung nicht rechtens oder die Lohnsteuererklärung zu kompliziert? Die Beraterinnen und Berater der AK helfen in rund 52.000 Fällen pro Jahr. Beratung heißt für uns aber auch Politik-Beratung. Unsere Kolleginnen und Kollegen geben Stellungnahmen zu Gesetzen ab und bringen jedes Jahr unseren Bericht an die Regierung des Saarlandes zur wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Saarland heraus. Der Schwerpunkt des Berichtes 2021 lag auch hier auf dem großen, allumfassenden Thema „Das gute Morgen: Transformation gemeinsam gestalten!".
Wichtig ist immer wieder die Abstimmung unserer Kolleginnen und Kollegen aus Wissenschaft und Beratung mit den saarländischen Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen. Wir sind so mit unserer Arbeit immer eng verzahnt mit unseren Mitgliedern und den Gewerkschaften und können unseren gesetzlichen Auftrag – die Verbesserung der Lage der im Saarland Beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – wirksam erfüllen.