Die Idee war eher aus der Not geboren. Die „Praktikumswoche Saarland" sollte auffangen, was coronabedingt an Praktika für Schüler ausgefallen war. Das Modell könnte Schule machen.
Einer Ministerin höchstpersönlich zeigen, wie man Hotelbetten richtig macht, gehört normalerweise nicht gerade zum üblichen Bestandteil eines Praktikums. Iftikhor Sadriddinov war da eine Ausnahme. An seinem Praktikumstag im Victor’s Residenz-Hotel Saarlouis wollte sich Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger einen Eindruck verschaffen, wie diese neue Form von Praktikumsangeboten funktioniert.
Die „Praktikumswoche Saarland" war „eigentlich eine Idee als Corona-Lösung", betont Anke Rehlinger. Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen waren die üblichen Schüler- und Ferienpraktika im letzten Jahr praktisch nicht möglich. Weil solche Einblicke ins Berufsleben aber beispielsweise für die Berufswahl eine entscheidende Grundlage sein können, haben verschiedene Partner für diese Sommerferien ein neues Modell entwickelt, eben die Praktikumswoche. Mit dabei sind neben dem Wirtschafts- auch das Bildungsministerium, auch die Kammern in den drei saarländischen Kreisen Saarlouis, Merzig-Wadern und Regionalverband Saarbrücken.
Jugendliche ab 15 Jahren aus den Klassenstufen 8 bis 13 konnten in den Ferien eine Woche zwischen unterschiedlichsten Angeboten wählen. Das Besondere war ein virtuelles Matching von Schülern und Betrieben. Damit war es möglich, jeweils für einen Tag unterschiedlichste Möglichkeiten anzubieten und auszuwählen.
Ideale Möglichkeit

Ifthikor Sadriddinov hat die Möglichkeit offensiv genutzt. Der 15-jährige Gymnasiast hat sich in einer Bäckerei, bei einer Versicherung, einem Zahnarzt, der Dillinger Hütte und schließlich auch im Victor’s Residenz-Hotel Saarlouis einen Tag umgeschaut und mitgearbeitet. Die unterschiedlichsten Eindrücke haben seine Neugier auch für Bereiche geweckt, die er vorher nicht in erster Linie im Blick hatte (siehe Interview Seite 77).
Diese neue Form einer freiwilligen Praktikumswoche in den Ferien dient den Schülern nicht nur zur Orientierung, sie können sich zugleich auch selbst bei den Unternehmen vorstellen, mit einem intensiveren persönlichen Eindruck, der über eine schriftliche Bewerbung oder ein kurzes Gespräch hinausgeht. Zugleich gibt es auch Unternehmen Gelegenheit, ihre vielfältigen Facetten und Möglichkeiten zu zeigen.
Die Victor’s Residenz-Hotels haben sich mit drei Häusern und mehreren Angeboten an dieser Praktikumswoche beteiligt. Das Interesse junger Menschen an der Hotel- und Gaststättenbranche war sehr groß, längst nicht alle Bewerbungen konnten berücksichtigt werden.
Win-win-Situation für alle Beteiligten
Insgesamt hatten sich gut 130 Unternehmen angemeldet, die etwa 1.000 Praktikumsvorschläge auf der Internetplattform eingestellt haben. 340 Jugendliche konnten so für Praktika vermittelt werden. Inwiefern diese neue Form einer Praktikumswoche zu Ausbildungsverträgen geführt hat, war zum Ende der Ferien noch nicht zu sagen. Für manchen Teilnehmer war es auch eine erste Orientierung, die eigentliche Entscheidung steht erst später an.
Insgesamt klafft auch in diesem Jahr immer noch eine große Lücke auf dem Ausbildungsmarkt. Das Lehrstellenangebot ist deutlich geringer als im letzten Jahr vor der Pandemie; gleichzeitig gibt es einen Rückgang bei den Bewerbern. Ende Juli gab es noch knapp 2.300 unbesetzte Lehrstellen, demgegenüber standen rund 1.350 Jugendliche, die auf der Suche nach einem Arbeitsplatz waren. Durch die Lockdown-Phasen fielen betriebliche Praktika und Berufsorientierungsangebote weg, die Vernetzung von Schule und Betrieben im Vorfeld eines neuen Ausbildungsjahres litt entsprechend, was offensichtlich auch zu einem veränderten Verhalten geführt hat. Somit wurde es zur Option, länger im schulischen Bereich zu bleiben, auch um Zeit für eine berufliche Orientierung zu gewinnen. Das Experiment mit der „Praktikumswoche Saarland" setzt genau an dieser Stelle an und bietet nach den Worten von Wirtschaftsministerin Rehlinger „die ideale Möglichkeit, das nachzuholen, was die Pandemie letzten Jahr verhindert hat. Die jungen Leute lernen so ihre zukünftigen Arbeitgeber kennen und die Unternehmen ihre zukünftigen Fachkräfte".