Die Abschaffung kostenloser Antigen-Schnelltest sorgt für Kritik, aber auch für harten Preiswettkampf. Einige Teststationen haben schon aufgegeben, andere bieten teilweise Schnäppchenpreise an. Wer einen Test braucht, wird aber auch im Netz fündig.
Mitte Oktober, Berliner Straße in Berlin-Pankow. Ein Mitarbeiter eines kleinen Testzentrums gleich neben dem südlichen Ausgang vom U-Bahnhof Pankow reißt die Schilder ab. Er hat sie erst vor wenigen Tagen dort angebracht. „Test für unter 18-Jährige kostenlos", stand da unter anderem. „Wir machen zu, das lohnt sich mehr", sagt der junge Mann und schraubt die weißen Paravantwände ab. Auf Nachfrage warnt er auch gleich eindringlich vor dem ehemaligen Konkurrenten, der wenige Hundert Meter weiter am nördlichen U-Bahnhof-Ausgang seine Zelte aufgeschlagen hat. „Gehen Sie bloß nicht zu dem, der ist zu teuer. 18 Euro! Hab gehört, dass es in der Nähe vom U-Bahnhof Schönleinstraße ist viel billiger." Gut 40 Minuten später, Kottbusser Damm, nahe der genannten Bahnstation. Das hiesige Antigen-Schnelltest-Center an der Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln verlangt mit 8,50 Euro tatsächlich weniger als jenes im gutbürgerlichen Pankow. Und etwa einen halben Kilometer weiter gen Süden gerät die Suche nach einem kostengünstigeren Schnelltest zur ultimativen Schnäppchenjagd: An der Sonnenallee, direkt am Hermannplatz kostet der „PoC-Antigen-Test auf Sars-CoV-2" nur noch vier Euro. Von 8 bis 13 Uhr ist man sogar für nur drei Euro dabei. Fährt man dann wieder weitere 30 Minuten nach Charlottenburg, beispielsweise zur Teststation im Bikini-Haus, sollte man doch schon einen Zwanziger im Portemonnaie haben. Dafür belohnt einen dann der Blick über den Dächern West-Berlins beim Warten auf das Testergebnis.
Preisspanne zwischen drei und fast 20 Euro
Seit wenigen Wochen erst wird bundesweit nicht mehr kostenlos getestet – und dementsprechend auch in der Hauptstadt. Zwar gibt es Ausnahmen, wie in Berlin etwa für Schwangere, für Kinder, für Bewohnerinnen von Frauenhäusern oder für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Wie viele Testzentren es bundes- oder berlinweit noch gibt, ist unklar. Auf Anfrage von FORUM hieß es vom Berliner Senat lediglich, dass zurzeit noch eine Abfrage laufe, welche „gewerblichen Teststellen noch aktiv" testeten. Demnach bleibt das Ergebnis abzuwarten. Außer den kommerziellen Teststellen verfügt Berlin auch über zwölf senatseigene Testzentren. Was die Preisgestaltung anbelangt, so regiert der freie Markt. Als Richtwert für eine „faire Preisfindung" können jedoch „die in der Testverordnung des Bundes vorgesehenen Preise" herangezogen werden. Sprich 11,50 Euro. Wer nicht geimpft oder genesen ist und sich nicht auf den Weg zu einer Teststation machen will, kann auch einen videoüberwachten Test vom heimischen Sofa aus machen, etwa mit den Angeboten von Covidtestonline oder Freetogo. Das Prinzip ist einfach: Man besorgt sich einen zugelassenen Selbsttest und zeigt ihn vor der Handy-Kamera vor. Mitarbeiter der Anbieter schauen dabei zu, überprüfen es und mailen einem das aktuelle Testzertifikat zu. Allerdings liegt hier die Preisspanne zwischen 15 und 20 Euro. Hinzu kommen Kosten für den Kauf des Selbsttests.
Hat sich das Impfverhalten der Hauptstadtbewohner durch Abschaffung kostenfreier Tests verändert? Auch das konnte die Berliner Senatsverwaltung auf Anfrage von FORUM nicht oder noch nicht sagen. Es gebe dazu zurzeit keine „evidenzbasierten Erkenntnisse", so eine Senatssprecherin. Im Großen und Ganzen scheint die Zahl der Testzentren mit der Impfkampagne schon seit Sommer bundesweit tendenziell eher rückläufig zu sein. Die „Welt am Sonntag" hat Anfang Oktober eine Umfrage bei den Gesundheitsministerien der Länder gemacht. In der Kapitale ging die Zahl der Testzentren der Zeitung zufolge seit dem Höchststand im Mai mit über 1.600 Stationen auf gut 1.200 im September zurück.
In Oberbayern steigen wieder Corona-Partys
Kritik an kostenpflichtigen Schnelltests üben Sozialverbände sowie Sahra Wagenknecht (Die Linke). Obwohl die Ansteckungsraten derzeit wieder in die Höhe schnellen, sei die Zahl der Menschen, die sich testen lassen, massiv eingebrochen, seit man für die Tests bezahlen müsse, moniert die Abgeordnete. Auch wer geimpft sei, könne andere Menschen anstecken. „Statt Ungeimpfte auszugrenzen und an den Pranger zu stellen, sollte die Regierung lieber dafür sorgen, dass Geimpfte wie Ungeimpfte sich wieder einfach und kostenlos testen lassen können", sagt die 52-Jährige. Kostenlose Antigen-Schnelltests bietet jetzt wieder die Stadt Koblenz an. Das Angebot für Einwohner der Stadt gelte bis Ende des Jahres an drei Teststationen, sagte ein Sprecher der Stadt vor Kurzem. Der Haken an der Sache: Die kostenlosen Corona-Schnelltests sind lediglich für Geimpfte bestimmt.
Dass der Schuss am Ende möglicherweise nach hinten losgehen kann, zeigt sich gerade am oberbayerischen Landkreis Miesbach, wo die Infektionszahlen wieder angestiegen sind. Dem Nachrichtenportal infranken.de zufolge soll sich dort ein „gefährlicher Trend" verbreiten, wonach sich Jugendliche absichtlich mit Covid-19 anstecken. Das soll der ärztliche Pandemie-Koordinator und Mediziner Florian Meier beobachtet haben. Zweck der Übung: Die Jugendlichen wollen nach ‚erfolgreicher‘ Ansteckung für sechs Monate als genesen gelten, um keine Corona-Tests mehr vorweisen zu müssen. „Früher gab es Röteln-Partys, bei denen sich Kleinkinder mit Röteln anstecken sollten", sagt der Mediziner dem „Merkur". „Heute veranstalten einige Partys bei Corona-Positiven, um sich zu infizieren."
In der Hauptstadt hat man von Corona-Partys der neuen Art noch nichts gehört oder gelesen. Im Testcenter an der Sonnenallee zumindest ist immer etwas los. Meist stehen zwei, drei Menschen an. Sie sind dem ersten Anschein nach zwischen 18 und 40 Jahren. „Sind Sie schon registriert?", hört man die Mitarbeiterinnen etwa im Drei-Minuten-Takt fragen. Hier scheint das Geschäftsmodell zurzeit noch aufzugehen.