Elektroautos gibt es aktuell vor allem im SUV-Format. Die in Deutschland äußerst beliebten Kombis sucht man vergeblich. Der Skoda Enyaq iV ist derzeit das einzige Modell, das zumindest in diese Richtung geht.
Die Deutschen lieben Kombis. Kinder rein, Hund rein, Gepäck rein, Klappe zu und los: Der große Stauraum ist der Hauptgrund, warum hierzulande so viele langgezogene Auto-Modelle durch die Gegend fahren. Ob dieser Kundenwunsch aber auch in Zukunft bedient wird, ist fraglich: Im Elektro-Segment sind bislang noch keine „Kombinationskraftwagen" erhältlich.
Zum einen geht der Trend insgesamt zu großen SUVs, mit denen die Autokonzerne deutlich mehr Geld verdienen als mit kleinen Modellen. Zum anderen haben sich Kombis im Weltmarkt nie wirklich durchgesetzt – die Absatzmärkte der Zukunft liegen aber vor allem in Asien. Vor diesem Hintergrund können und wollen die deutschen Autobauer auf die heimische Kundschaft nur wenig Rücksicht nehmen. Außerdem sind E-Autos aufgrund ihrer Batterien deutlich schwerer, wodurch sich die Nutzlast verringert. Ein Auto mit riesiger Ladefläche wäre schnell überladen.
Die gute Nachricht für alle Kombi-Fans: Auch unter den E-Autos gibt es ein Fahrzeug, das der Kategorie zumindest nahe kommt. Die Rede ist vom Skoda Enyaq iV. Unter der Haube steckt die gleiche Technik wie beim Schwestermodell, dem ID.4 von VW. Beide Fahrzeuge werden als SUV vermarktet. Wer aber genau hinsieht, erkennt beim Enyaq deutliche Kombi-Elemente: eine große Heckklappe, ein markanter Dachkanten-Spoiler, tiefsitzende Nummernschilder. Die langgezogene „Hotdog-Form" fehlt trotzdem: Der Enyaq ist eben nur ein halber Kombi.
Rückfahrkamera hilft bei 4,70 Meter Länge
Was zählt, sind aber vor allem die inneren Werte, zum Beispiel im Kofferraum. Hier passen ganze 585 Liter hinein. Wenn man die Sitze umklappt, sind es sogar 1.710 Liter. Ob Kinderwagen, Hunde-Box oder Fahrrad: Alles passt hinein. Darüber hinaus gibt es einige Skoda-typische Gimmicks. So ist in der Fahrertür ein Regenschirm versteckt, der sich bei Bedarf herausziehen lässt. Gleiches gilt für einen Eiskratzer, der in der Heckklappe steckt.
Einen Frunk (Stau-Raum unter der Motorhaube) gibt es nicht; dafür ein Stau-Fach für Ladekabel unter dem Kofferraumboden. Die Heckklappe schließt bequem per Knopfdruck. Wer richtig viel transportieren möchte, kann für 890 Euro Aufpreis eine Anhängerkupplung dazu bestellen. Auch das gibt es im Elektrosegment bisher nur selten.
Für die Insassen ist ebenfalls reichlich Platz; sogar groß gewachsene Menschen sitzen hinten bequem. Eine passende Parklücke zu finden, ist mit dem 4,7 Meter langen Enyaq allerdings nicht so einfach. Die Rückfahrkamera, die bei diesem Unterfangen hilft, entpuppt sich als Enttäuschung: Schon bei Tag wirkt die Bildqualität überraschend körnig. Sobald es dunkel wird, ist kaum noch etwas zu erkennen. Auch der 13 Zoll große Touchscreen verschenkt sein Potenzial. Die Bildfläche ist riesig, aber die Landkarte ruckelt und wirkt rudimentär. Auch Sprachbefehle werden nur selten verstanden. „Navigiere nach Köln" sollte eigentlich nicht so schwer sein, aber nach drei erfolglosen Versuchen tippt man es dann doch lieber per Hand ein. Das geht schneller. All das ist sicherlich Meckern auf hohem Niveau. Angesichts der Tatsache, dass das Navi-Paket zwischen 740 und 1.050 Euro Aufpreis kostet, sollte es aber schon anständig funktionieren.
Es gibt aber auch Lichtblicke. Zum Beispiel die integrierte Ladestopp-Planung. Gibt man ein Ziel ein, das jenseits der Akku-Reichweite liegt, schlägt das Navi automatisch Ladestopps vor. Eine solche Funktion haben aktuell noch nicht viele Elektroautos. Zuverlässig funktioniert sie ebenfalls. Während unseres 14-tägigen Testzeitraums fahren wir an die Ostsee und anschließend nach Süddeutschland – immer zeigt das Navi passende Ladestellen an.
Verbesserungspotenzial gibt es aber auch hier. So kann unser Testfahrzeug an Schnellladestationen mit bis zu 125 Kilowatt laden. Das Navi plant aber oft Ladestationen ein, die eine weit geringere Leistung haben. Das Stromtanken würde dort also deutlich länger dauern. Ein Beispiel: Auf der A20 schlägt das Navi eine 50-kW-Ladestation in Grevesmühlen vor, obwohl nur wenige Kilometer weiter am Kreuz Wismar ein 150-Kilowatt-Lader steht.
In 35 Minuten von zehn auf 80 Prozent
Apropos Ladestopps: Unser Testfahrzeug, der Enyaq iV 80, ist mit dem großen Akku bestückt, der eine Normreichweite von 536 Kilometern bieten soll. In der Realität erreicht er diesen Wert nicht einmal ansatzweise. Bei kühleren Temperaturen – in unserem Fall um die zehn Grad – ist nach 350 bis maximal 390 Kilometern Schluss. Zumindest auf der Autobahn. Bei Stadt- und Landstraßen-Fahrten kommt der Enyaq deutlich weiter. An der Schnelllade-Station hält er die versprochene Ladezeit ein: Innerhalb von 35 Minuten ist der Akku von zehn auf 80 Prozent aufgeladen. Ein Snack an der Raststätte, schon kann’s weitergehen. Diese Schnelligkeit hat allerdings ihren Preis, denn serienmäßig ist nur ein 50-Kilowatt-Lader verbaut. Die 125-Kilowatt-Funktion kostet 500 Euro Aufpreis – ein Luxus, den man sich gönnen sollte, wenn man regelmäßig Autobahn fährt. Schade nur, dass er im Grundpreis nicht enthalten ist. Überhaupt glänzt der Enyaq auf längeren Strecken. Er liegt ruhig auf der Straße, bietet bequeme Sitze und blendet den Außenlärm zuverlässig aus. Der große Stauraum und die Anhängerkupplung machen ihn zu einem guten Familien- und Urlaubsfahrzeug.
Was die Software angeht, muss man – wie im VW-Konzern derzeit üblich – Abstriche in Kauf nehmen. Beim Rückwärtseinparken stoppt der Enyaq manchmal abrupt, weil er ein Hindernis vermutet – obwohl keines da ist. Auch schimpft der Bordcomputer, wenn angeblich keine Hände am Lenkrad sind, obwohl es sehr wohl so ist. Einmal geht sogar die Alarmanlage los, weil angeblich der Schlüssel fehlt, obwohl der Fahrer am Steuer sitzt und ihn in der Hand hält.
Solche Dinge sind bei einem Auto, das auch nach Abzug der Förderprämie noch deutlich über 30.000 Euro kostet, natürlich unnötig. Die gute Nachricht: Das meiste wird sich per Software-Update beheben lassen. Die gute Straßenlage und der große Kofferraum bleiben sowieso. Wer Kombis liebt und auf Elektro umsteigen möchte, kann dem Enyaq also durchaus eine Chance geben.