Wenn es durch die Ritzen zieht, die Wände auskühlen und die Wollsocken die Eisfüße nicht mehr retten – dann ist es Zeit, über eine Wärmedämmung nachzudenken. Ein gewaltiger Schritt, vor dem viele Angst haben – besonders wenn es um die Kosten geht.
Unter den Maßnahmepaketen für mehr CO2-Einsparung, die Wirtschaftsminister Robert Habeck für Ostern und den Sommer angekündigt hat, befindet sich auch eines, das nicht so im Vordergrund steht wie der Ausbau der Windkraft oder der Solartechnik: Es geht um das Gebäudeenergiegesetz. Die EU hat dazu einen brisanten Gesetzentwurf vorgelegt, der kurz zusammengefasst einen Sanierungszwang für alte Häuser und strenge Vorgaben für neue vorsieht. Ob der Entwurf wirklich Gesetz wird, ist noch eine andere Frage. Jedenfalls enthält es Vorgaben, an denen sich auch Habecks Ministerium orientieren muss.
Die EU-Kommission sieht in Gebäuden ein massives Einsparpotenzial. „Sie sind der größte Energieverbraucher in Europa; sie verbrauchen 40 Prozent unserer Energie und stehen für 36 Prozent unseres Treibhausgasausstoßes", ließ Energiekommissarin Kadri Simson wissen. In Deutschland verursachen Gebäude nach Angaben des Umweltbundesamts etwa 35 Prozent des Energieverbrauchs und sind für rund 30 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Damit die EU bis 2050 und die Deutschen ihre ehrgeizigen Klimaziele erreichen, müssen also Wohnungen und Büros, Schulen und Fabriken, Supermärkte und Lagerhäuser, Unis und Forschungseinrichtungen ökologischer werden.
EU-Gesetzentwurf „realitätsfern"
Der europäische Gesetzentwurf, der an das EU-Parlament und den Ministerrat weitergereicht wurde, sieht vor, dass von 2030 an sämtliche Neubauten klimaneutral sein müssen. Wenn bei der Umstellung Strom gebraucht wird, muss er aus erneuerbaren Quellen kommen, und der Energieverbrauch sollte minimal sein. Bei Bauten der öffentlichen Hand tritt diese Regelung schon 2027 in Kraft. Neubauten lassen sich entsprechend planen, aber – so die Kommission – das Problem ist der Bestand: 85 Prozent der Gebäude von heute werden auch 2050 noch stehen. Also geht es darum, sie entsprechend rundzuerneuern: Doppel- bis Dreifachfenster, wärmegedämmte Außenwände, abgedichtete Dächer, isolierte Böden zum Keller hin, Zugluftfallen. EU-weit sollen 30 Millionen Wohnungen und Häuser besonders schlecht gedämmt sein.
Wer das bezahlen soll, Mieter oder Vermieter, Hauseigentümer oder Investor – das wird in den kommenden Jahren zu harten Auseinandersetzungen führen. Die Brüsseler Behörde winkt zwar mit Förderprogrammen in Milliardenhöhe, doch allein für Deutschland schätzt der Immobilieneigentümerverband Haus und Grund mit „mindestens 500 Milliarden und im Extremfall bis zu 1,2 Billionen Euro" Kosten bis 2033. Fraglich ist auch, wie die Sanierungspflicht in strukturschwachen Gebieten, wo noch viel Altbestand vorhanden ist und die Mieten und Immobilienpreise niedrig sind, umgesetzt werden soll. Experten veranschlagen die Kosten für eine Komplettsanierung eines alten Hauses mit circa 400 bis 600 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Bleibt nur Abriss und Neubau als wirtschaftlichste Alternative? Das wäre für viele Menschen eine Zumutung, weil sie nicht mehr dort leben können, wo sie jahrelang gewohnt haben.
In Deutschland läuft der ehrgeizige Plan der EU darauf hinaus, dass die Sanierungsrate für Gebäude, die jetzt bei einem Prozent pro Jahr liegt, sich auf zwei Prozent erhöhen muss. Das aber hält Axel Gedaschko, der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, für „realitätsfern" angesichts knapper Handwerkskapazitäten sowie dem Materialmangel und der Verteuerung der Energiekosten. „Für eine wirtschaftliche und sozialverträgliche Energiewende beim Wohnen gilt: Es muss gefördert werden, was gefordert wird. Wenn man Mindesteffizienzstandards einführt, muss es deshalb gleichzeitig einen Rechtsanspruch auf Förderung geben", sagt Gedaschko. Eigentümern, die kein Eigenkapital besitzen, muss der Staat zudem eine Lösung anbieten, damit sie sanieren können, ohne ihr Eigentum zu verlieren. Noch die alte Bundesregierung hat darauf hingewiesen, dass sowohl der energieeffiziente Neubau als auch die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden über Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bezuschusst werden können. Einzelzuschüsse bis zu 5.000 Euro sollen Hausbesitzer anregen, Gebäude besser zu dämmen. Diese Förderung hätten seit dem Jahr 2000 rund fünf Millionen Eigentümer in Anspruch genommen. Nach dem, was die EU jetzt veröffentlicht hat und dem, was in Habecks Klimapaket vorgesehen ist, wirken allerdings 5.000 Euro wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Erneuerbare Energien durch Wärmepumpen
Dafür ist noch nicht einmal eine Wärmepumpe zu bekommen. Sie sind der neueste Hit am Bau und dabei, den fossilen Heizungen zumindest in den Neubauten den Rang abzulaufen. Speziell für die Installation von Heizungen hat die Ampelkoalition vorgegeben, dass von 2025 an nur noch solche installiert sein dürfen, die zu 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Das ist eine Vorgabe, die Wärmepumpen problemlos erfüllen.
Wärmepumpen entziehen der Umgebung des Hauses Wärme und geben sie ins Innere ab. Es ist das umgekehrte Kühlschrankprinzip. Zwei Arten solcher Pumpen sind verbreitet: Die Luft-Wasser-Wärmepumpe, die Wärme aus der Außenluft holt, und die Sole-Wärmepumpe, die über Kollektoren in zwei bis drei Meter Tiefe Wärme sammelt. Die Temperatur draußen ist allerdings viel zu gering, gerade im Winter, um damit heizen zu können. Also braucht man ein Kältemittel und einen Kompressor, um die gewünschten Wärmegrade zu erreichen. Dafür ist Strom nötig, der aber sehr effizient eingesetzt werden kann. Kältemittel sollten nicht klimaschädlich sein, falls Teile in die Atmosphäre gelangen. Ammoniak oder Propan eignen sich am besten.
Diese Anlagen verwerten Wärmeenergie aus Luft und Boden, also aus erneuerbaren Energiequellen. Das Netz, aus dem der Strom kommt, hat heute schon eine Quote von Erneuerbaren – Wind, Wasser, Photovoltaik – von mehr als 45 Prozent. Eine Gas- oder Ölheizung kann dagegen nur schlechter abschneiden.
Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe inklusive Installation schlagen für einen Haushalt auf etwa 12.000 bis 16.000 Euro zu Buche, eine Sole-Wärmepumpe mit rund 20.000 bis 25.000 Euro. Mittlerweile gibt es Fördermodelle vom Bund, bei denen bis zu 40 Prozent der Kosten erstattet werden können, eingeschlossen die Demontage aller alten Anlagen. Bei Neubauten richtet sich die Förderung nach Effizienzstandards. Dagegen werden Heizöl und Erdgas in den kommenden Jahren durch die von Jahr zu Jahr steigende CO2-Abgabe immer teurer.
Doch eignen sich Wärmepumpen auch für unsanierte Bestandsbauten, also den alten Gebäudebestand? Sie lohnen sich dann, wenn es um große Flächen geht, etwa eine Fußboden- oder flächige Wandheizung. Das Fraunhofer Institut ISE hat über fünf Jahre Wärmepumpen im Altbau untersucht in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie mit acht Herstellern und drei Energieversorgern. Sie konnten im Ergebnis einen erfolgreichen Betrieb sowie den Einsatz als ernsthafte Sanierungsmaßnahme bestätigen. Die untersuchten Häuser waren zwischen 15 und 170 Jahre alt. Alle wurden vor 1979 gebaut und wiesen unterschiedliche Sanierungsniveaus auf. Oft lohnt sich auch eine hybride Lösung, das heißt, wenn eine Wärmepumpe eine konventionelle Gasheizung ergänzt. Die fossile Heizung übernimmt dann an besonders kalten Tagen, wenn die Wärmepumpe an Effizienz verliert.