Ob namhafte Magazine wie „Grazia" und „Jolie", Models wie Caro Daur und Swantje Wördemann oder Brands wie Babor und Guerlain – Tobias Dick (31) ist gefragt, wenn es um erstklassige Beauty- und Fashion-Aufnahmen geht.
Lieber Tobias, zu Deinen Referenzen zählen renommierte Magazine, Brands und Models. Wie gestaltete sich Dein Weg dorthin, wie kamen die Kontakte zustande?
Voraussetzung für diese Art der Kontakte beziehungsweise Veröffentlichungen ist der Weg zu einem eigenen fotografischen Stil und einem guten Portfolio. Zu Beginn habe ich sehr viel Zeit investiert, um mit Modellen, Stylisten und Make-up-Artists zu arbeiten. Ich hatte viele Ideen, die wir als Team umgesetzt haben. Für mich waren die großen Magazine wie „Harpers Bazaar", „Elle" oder „Vogue" eine sehr gute Inspirationsquelle. Wiederum sollte man sich davon nicht zu sehr leiten lassen und vermeiden, diese Arbeiten und Bilder zu kopieren. Vielmehr trug es im Laufe der Zeit dazu bei, mein eigenes Auge für Ästhetik und meinen eigenen Stil zu entwickeln.
Vor allem am Anfang ist es wichtig, auf Social Media aktiv zu sein und regelmäßig neue Bilder zu posten. Nach einiger Zeit hat es sich ergeben, dass Marken auf mich aufmerksam wurden, ohne dass ich aktiv anfragte.
Welche Eigenschaften sind für Deinen Job unabdingbar?
Es ist eine Mischung aus dem Gefühl für das richtige Timing, einem Auge für das Besondere und Geduld bei Models. Ein gutes Timing sollte jeder Fotograf oder Fotografin haben. Im richtigen Moment den Auslöser zu drücken, um einen guten Ausdruck oder Pose zu erwischen, ist in der Tat entscheidend. Das gepaart mit dem Blick für Ästhetik ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Eigenschaften als Fotograf. Ich lege großen Wert darauf, Models hochwertig und zeitlos zu fotografieren. Meine Fotos sollen auch noch in ein paar Jahren modern wirken. Geduld ist auch eine wichtige Eigenschaft. Viele Models, mit denen ich arbeiten durfte, sind schon lange erfahren im Modelbusiness und brauchen daher kaum bis gar keine Anweisungen am Set. Trotzdem gebe ich gern immer kleine Hinweise zum Posing beziehungsweise Ausdruck, um dem Model mehr Sicherheit zu geben. Vor allem bei unerfahrenen Models trägt das zu deren Selbstbewusstsein am Set bei.
Wann ist eine Aufnahme Deiner Meinung nach gelungen?
Die Aufnahme ist in meinen Augen dann gelungen, wenn der Blick und die Pose des Models ausdrucksstark sind. Das ist das Erste, worauf ich achte. Sicherlich gehört noch mehr als Pose und Blick dazu, damit ein Bild perfekt wird. Das Licht, Styling und Hair & Make-up sind genauso wichtig für mein Team und mich. Vor allem bei Beauty-Bildern achte ich noch detaillierter auf die Schärfe.
Mit welchen Aufträgen warst Du in der letzten Zeit beschäftigt?
Meine letzten Aufträge waren unter anderem für die Jolie. Dort haben wir eine Beauty-Produktion umgesetzt, die im Frühling erscheinen wird. Gedruckt wirken die Bilder noch mal ganz anders und es ist einfach schön, seine Arbeit abgedruckt zu sehen und die Bilder anfassen zu können.
Wo findest Du deine Models für die Beauty-Aufnahmen?
In meinen ersten Jahren habe ich Models bei Instagram angeschrieben. Ich hatte das Glück, dass damals schon viele gute Models bereit waren, mit meinem Team und mir Ideen umzusetzen. Danach ging es immer mehr in die Richtung, dass ich Agenturen nach bestimmten Models angefragt habe, die ich für freie Projekte einsetzen wollte. Bei Produktionen werden die Models im Vorfeld bereits durch die Auftraggeber ausgewählt, um bestimmten Vorstellungen der Produktionen zu entsprechen.
Wie viel Zeit nimmt die Bearbeitung eines Fotos ungefähr in Anspruch?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich versuche es mal zu differenzieren. Ein Fashion-Bild geht in der Regel schneller, weil der Ausschnitt viel größer gewählt ist. Dadurch sieht man nicht die feinen Details der Haut und die Retusche fällt einfacher aus. Es geht dann eher um das Composing und die Farben. Da ich bei meinen Beauty-Bildern die Natürlichkeit der Hautstruktur erhalten möchte, dauert die Retusche in den meisten Fällen mehrere Stunden. Es kommt natürlich auch sehr stark auf die Haut des Models und die gewählten Make-up-Produkte an.
Grundsätzlich optimiere ich bei allen Fotos die Farben. Wenn man nicht den direkten Vergleich mit den Vorher-Fotos hat, fällt das den wenigsten auf. Es geht da eher um das Angleichen von Hauttönen oder Optimierungen, um einen bestimmten Look zu erzeugen. Viele Kunden möchten allerdings schon direkt am Set einen fertigen Farblook, um sich das Endergebnis vorstellen
zu können.
Welches Licht benötigt man für makellose Beauty-Aufnahmen?
Am liebsten nutze ich dafür eine Kombination aus Tageslicht und einem künstlichen Licht-Set-up. Tageslicht macht die Haut des Models schön weich und ausgeglichen und dadurch entsteht ein natürlicher Look. Bei vielen Produktionen habe ich leider kein natürliches Licht. Da greife ich dann auf ein indirektes Licht-Set-up zurück, wodurch die Haut ähnlich wie bei Tageslicht schön natürlich wirkt. Je nach Kunde sind davon Variationen möglich und werden dann entsprechend geändert.
Worauf muss man beim Make-up für Fotos achten?
Vor allem bei Beauty-Fotos ist es wichtig, einen erfahrenen Make-up-Artist im Team zu haben, der sehr gewissenhaft und präzise arbeitet. Da man so nah am Model dran ist und jede Pore sieht, wird jeder kleine Fehler des Make-up-Artists bestraft und bedeutet für mich mehr Nacharbeit in der Retusche.
Hast Du ein Faible für spezielle Model-Typen, Farben oder Details?
Nein, ich habe keinen speziellen Model-Typen. Ich habe in den letzten Jahren so viele unterschiedliche Models fotografieren dürfen und alle hatten etwas Besonderes an sich. Gerade im Beauty-Bereich achte ich auf natürliche, schöne Haut. Interessante Gesichter, wie zum Beispiel Gesichter mit Sommersprossen, sind immer sehr cool und eröffnen viele kreative Möglichkeiten.
Welche waren Deine aufwendigsten Shootings?
Meine Studio-Shootings sind generell recht übersichtlich. Ich möchte meinen Aufbau ähnlich wie meinen Stil einfach halten. Allerdings klappt das nicht immer. Die Konzepte der Kunden sind oft aufwendiger und somit bedarf es auch einem größeren Aufbau beziehungsweise einem größeren Team. Da fällt mir zum Beispiel eine Produktion im Ausland ein, bei der wir eine Schmuck-Kampagne am Strand fotografiert haben. Die Schwierigkeit dort lag darin, die richtige Lichtsetzung beziehungsweise das Abschatten der Models zu erzielen, um den Schmuck gut sichtbar fotografieren zu können.
Ist auch schon mal etwas richtig schiefgelaufen?
Tatsächlich ist da mal was vorgefallen. Vor ein paar Jahren. Ich lade die Akkus meiner Kamera immer am Abend vor einer Produktion. Damals habe ich das genauso gemacht. Im Studio angekommen, Set steht, Model fertig gestylt, alle im Team waren bereit loszulegen – außer meine Kamera. Akkus leer! So hatten alle eine etwas längere Frühstückspause …
Zum Glück haben mich meine Ladegeräte seitdem nicht mehr im Stich gelassen.
Gibt es ein Wunschmodel, das Du gern einmal fotografieren möchtest? Wie würdest Du sie/ihn in Szene setzen?
Das ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Mein nächstes, größeres Ziel ist es, große Beauty- und Fashion-Kampagnen zu fotografieren. Dort bekommt man die Möglichkeit, mit internationalen Models wie beispielsweise Toni Garn arbeiten zu dürfen. Das wäre eine große Ehre für mich. Die Art der Inszenierung hängt aber natürlich von dem jeweiligen Konzept des Kunden ab.
Würdest Du sagen, dass sich deine Beauty- und Fashionfotos von anderen abheben?
Ich vergleiche mich nicht gern mit anderen. Ich mache einfach das, was mir gefällt. Ich versuche, meinem Stil treu zu bleiben und wenn meine Bilder bei anderen gut ankommen, freue ich mich natürlich sehr!
Was findest Du auf Fotos ästhetisch, was unästhetisch?
Ich finde Einfachheit macht die Ästhetik aus. Wenn ich zu viel Ablenkung in einem Bild habe, wirkt das auf mich unästhetisch. Ich versuche, alles so clean und einfach wie möglich zu halten. Das klappt nicht immer. Kunden haben ihre eigenen Vorstellungen und das ist auch gut so. Wenn ich schon in den konzeptionellen Teil der Planung für das Shooting mit eingebunden werde, lege ich großen Wert darauf, den Fokus auf das Model zu legen und nicht zu viel Ablenkung in das Set zu bringen.
Wie schafft man eine besondere Bildstimmung?
Durch Einfachheit. Ich könnte den Punkt jetzt weiter ausführen, aber es würde immer wieder auf die Einfachheit zurückführen. Um ein gutes Foto zu machen, braucht es nicht viel. Nur ein gutes Team, das weiß, was es macht. Und eine Vision. In meiner Fotografie ist es eben die Einfachheit, kein übertriebenes Posing, kein lasziver Blick des Models. Wenig Make-up, schönes Licht und ein schöner Ausdruck des Models, das ist es.
Die meisten möchten ansprechende Fotos von sich, sind aber nicht posingsicher. Welche Posen sehen denn immer gut aus?
Die schönsten Posen sind die, die nicht wie Posen wirken. Es braucht gar nicht viel Posing, um ein gutes Foto zu machen. Es reicht auch aus, wenn man einfach nur gerade dasteht und der Gesichtsausdruck gut ist.
Was hältst du von Selfies?
Selfies sind schön. Nur sehe ich mich nicht gern darauf. (lacht)
Wie gelingen Selfies Deiner Meinung nach am besten?
Gutes Licht ist da der Schlüssel zum Erfolg. Am besten sucht man sich ein Fenster, bei dem genügend Tageslicht reinkommt und dann einfach ausprobieren.
Hast Du Tipps für tolle Locations im Sommer?
Grundsätzlich würde ich das Licht frühmorgens zum Sonnenaufgang beziehungsweise zum Sonnenuntergang empfehlen. Man spricht hier auch von der „Golden Hour". Dann ist das Licht superschön weich und die Farben sehen toll aus. Wer die Möglichkeit hat nach Holland zu fahren, hat dort schöne Optionen, direkt in den Dünen oder am Strand zu fotografieren. Wenn es regional sein soll, ist die Lüneburger Heide auch absolut empfehlenswert. Ich habe dort erst vor Kurzem ein Fashion Editorial fotografiert. Grundsätzlich kann man aber in jedem Park oder Wald schöne Fotos machen, wenn man mit den Perspektiven spielt. Gern auch kleine Objekte wie zum Beispiel Grashalme vor das Objektiv halten. Das verleiht dem Bild eine räumliche Tiefe.
Kannst Du angehenden Fotografen ein paar Tipps geben?
Wie anfangs erwähnt, halte ich es für das Wichtigste, seinen eigenen Stil zu finden. Vor allem zu Beginn sollte man verschiedene Richtungen ausprobieren und seiner Kreativität Freiraum lassen. Was aus meiner Sicht sehr, sehr wichtig ist: Viel zu fotografieren und dranzubleiben! Ich habe in den ersten Jahren etliche freie Shootings – unter anderem im Esszimmer meiner Eltern – organisiert und rückblickend kann ich sagen, dass ich nur dadurch so viel Erfahrung sammeln konnte.