Die SV Elversberg hat es geschafft und ist verdientermaßen in die 3. Liga aufgestiegen. Dazu reichte ein 1:1 beim FSV Frankfurt – das höchst ungewöhnlich zustande kam und ein gewaltiges Medienecho auslöste.
Was war da eigentlich los? Nach dem so gut wie sicheren Aufstieg der SV Elversberg überschlugen sich regionale und überregionale Medien mit Schlagzeilen, in denen Wörter wie Skandal oder Schande auftauchten. Der Grund: Da beiden Mannschaften ein Unentschieden zum direkten Auf- beziehungsweise Nichtabstieg reichte, ließ Elversberg beim Stand von 1:1 den Ball zwischenzeitlich zwölf Minuten in den eigenen Reihen laufen. Dabei machten die Saarländer offenbar keine Anstalten, das Leder nach vorne zu spielen. Die Partie beim FSV Frankfurt endete letztlich auch 1:1, was beiden Teams in die Karten spielte. Am letzten Spieltag können Elversberg und Frankfurt nur noch theoretisch von ihren Positionen verdrängt werden.
Remis spielte beiden Teams in die Karten
Leidtragende sind der SSV Ulm und Sonnenhof Großaspach, die ironischerweise parallel ebenfalls direkt gegeneinander spielten. Die Ulmer müssten am letzten Spieltag nun einen 19-Tore-Rückstand aufholen, Großaspach steht mit 14 Toren Rückstand vor einer ähnlich unlösbaren Aufgabe.
Bei der WM 1982 in Spanien kam es zu einem ähnlichen Ereignis. Beim als „Schande von Gijón" bekannten Spiel „einigten" sich die deutsche Nationalmannschaft und Österreich auf dem Rasen auf einen knappen 1:0-Sieg der BRD. Durch das Ergebnis zogen beide Teams letztlich in die Zwischenrunde ein. Ähnliches dann am vergangenen Wochenende: Auch Frankfurt machte im Anschluss keinerlei Anstalten mehr, noch aktiv ins Spielgeschehen eingreifen zu wollen. Mit dem Remis war der Klassenerhalt in trockenen Tüchern. Die Mannschaft von Tim Görner schaute sich Elversbergs Trainingseinheit auf Regionalliga-Niveau gemütlich von der Mittellinie an und machte damit den Eklat perfekt. Trauriger Höhepunkt: Die Fans belohnten das unsportliche Verhalten beider Teams sogar mit stehenden Ovationen, die minutenlang von den Tribünen hallten. Auch die Social-Media-Abteilung der Frankfurter schien sich nicht darüber im Klaren zu sein, dass man gerade dabei war, für ein waschechtes Skandalspiel zu sorgen. „Wahnsinn! Da bei dem aktuellen Tabellenstand die Elversberger aufgestiegen wären und der FSV gerettet, lässt die SV Elversberg den Ball seit 7 Minuten in den eigenen Reihen laufen. Unfassbare Szene! Das Stadion honoriert das mit Applaus", so der FSV Frankfurt auf Twitter.
FSV-Coach Tim Görner bekam das, was er wollte: Ein Remis, das seine Mannschaft so sehr gebraucht hatte. Kritik am unsportlichen Verhalten beider Teams sei allerdings fehl am Platz, wie der 26-Jährige nach Abpfiff klarstellte: „Uns hat das Unentschieden gereicht. Warum sollten wir da attackieren?"
Auch Elversbergs Aufstiegs-Trainer Horst Steffen (53) war sich keiner Schuld bewusst. „Es war klar, dass wir bei Unentschieden so gut wie durch sind. Da ist das legitim." Ob es tatsächlich eine Absprache beider Teams gab, ist unklar. In Anbetracht der zugrunde liegenden Ereignisse allerdings mehr als denkbar. Nach Abpfiff der Partie lagen sich die Spieler beider Teams in den Armen. Beim gemeinsamen Feierabend-Bier ließ man einen traurigen Fußball-Nachmittag ausklingen.
„Das Stadion honoriert das mit Applaus"
Dennoch: Die SV Elversberg hat sich sportlich für die 3. Liga qualifiziert. Im Interview mit dem SR sagte der kommende Meister-Trainer über die eintrudelnden Glückwünsche: „Natürlich nehme ich die an, es ist dann doch sehr unwahrscheinlich, dass drei Punkte und 19 Tore an einem Spieltag aufgeholt werden. Deshalb nehme ich das gerne an. Wohlwissend, dass wir das Spiel am kommenden Wochenende noch spielen müssen." Steffen gab auch Einblicke in die Party nach dem Spiel: „Der Verein kam zusammen, wir haben mit dem Vorstand und vorher noch mit den Fans ein wenig gefeiert und es ging auch das ein oder andere alkoholische Getränk über die Theke. Deshalb hat es auch ein wenig gedauert bis ich im Bett war." Anschließend ließ Steffen die Saison ein wenig Revue passieren: „Wenn man nach dem dritten Spieltag 19. gewesen ist, dann ist klar, dass es eine enorme Aufholjagd gewesen sein muss. Danach haben wir dann schon im letzten Jahr richtig guten Fußball gespielt, und in diesem Jahr haben wir da nichts mehr anbrennen lassen, außer dreimal Unentschieden zu spielen. Das war von der Mannschaft eine charakterlich sehr starke Leistung. Immer im Hinterkopf zu haben, du bist sechs Punkte zurück, du bist sieben Punkte zurück und dann trotzdem am Ende ganz oben zu stehen. Diesen Druck auszuhalten, mit den ganzen Nachholspielen im Rücken, immer wieder performen zu müssen, war für meine Mannschaft nicht immer einfach, aber sie hat es mit Bravour getan. Ich würde sagen, wir waren konstant gut in diesem Jahr und ganz gut in der vergangenen Saison." Zu den Vorwürfen rund um das Spiel äußerte Steffen sich indirekt: „Ich habe vorher mit meinem Co-Trainer besprochen dass ich bis zur 75. Minute nichts aus Großaspach wissen will. Als ich dann den Jubel der Fans hörte, habe ich bei Rudi nachgefragt. Zu diesem Zeitpunkt stand es aber nur 1:0 für Großaspach. Als dann das 3:0 irgendwann zu mir durchgedrungen war, hat sich die Ausgangslage geändert. Dann wussten wir, wir sind mit einem Unentschieden Meister. Und deshalb wollten wir dann auch keinerlei Risiko mehr eingehen. Ich habe den Jungs schon gesagt, sie sollen kein Risiko mehr eingehen. Frankfurt hat aber auch nicht mehr angegriffen. Deshalb sah es dann nach diesem Ballgeschiebe aus." Auf die Schande von Gijón angesprochen entgegnet er: „Ich glaube, das ist eine andere Situation. Wir haben 35 Spieltage alles dafür gegeben, dieses Ziel zu erreichen – und wenn Frankfurt dann auch nicht angreift, warum sollen wir dann Risiko gehen?" Die Freude nach dem Spiel war dennoch riesengroß. Alles fällt laut Steffen zwar nicht ab, aber so einiges. Jetzt am Wochenende geht es dann eigentlich nur zum Schaulaufen gegen den FC 08 Homburg. Dieses Spiel ist so etwas wie die Generalprobe vor dem Saarlandpokalfinale in Saarbrücken. Dorthin darf die SVE dann auch im kommenden Jahr – in der 3. Liga.