Mit Taktik und Technik lässt sich die Zeitenwende bei Energie und Wärme schaffen. Einige Beispiele, wie sich dies konkret bewerkstelligen lässt.

Alle Chancen nutzen für die Energie- und Wärmewende: Nie war das notwendiger als jetzt. Die geeignete Technik und hilfreiche Technologien gibt es. Je schneller wir auf Sonne und Wind als Quellen für Strom und Wärme umsteigen, desto unabhängiger werden wir von fossilen Ressourcen als Druckmitteln. Und desto billiger wird Energie und Wärme für jeden von uns. Doch womit könnten wir, nach Ansicht verschiedener Experten, Energie – ob fossile oder erneuerbare – sparen?
Ein bisschen Wärme runterdrehen: Ein wenig Kälte sind vor allem Schüler nach zwei Corona-Jahren mit viel Fenster-Aufreißen in den Klassenzimmern gewöhnt. Auch für den Rest der Familie ist „Schick in Strick" kein Problem, um damit Gutes zu bewirken. Ansonsten gilt: „Ein Grad Absenkung der Heiztemperatur bringt sechs Prozent Energieeinsparung. Das heißt, das sind wirklich die ersten Maßnahmen", sagt Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu). Ihm gefallen die simplen Slogans, die auf Plakaten aktueller Friedensdemos zu sehen sind und zum eigenverantwortlichen Energiesparen motivieren: „Freeze for Peace" oder „Pulli gegen Putin". Wärmenetze und Wärmepumpen sollen auf Dauer Kohle, Öl und Gas beim Heizen ersetzen.
Mit Strom und Abwärme heizen
Längerfristig mit Strom und Abwärme heizen: Was einst nach teurem Umweg klang, wird in den 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts zur Straße in die Freiheit. Diese Route sollte jeder jetzt so schnell wie möglich einschlagen, spätestens wenn sowieso eine neue Heizung ansteht. Wärmepumpen, die normalerweise im Garten stehen, sind das Mittel der Wahl, wenn wir das häusliche Heizen auf Dauer bezahlbar, zuverlässig und klimafreundlich gestalten wollen. Sie funktionieren ähnlich wie ein Kühlschrank, der Wärme gegen Kälte „tauscht" und ungenutzt in die Umgebung abführt. Bei der Wärmepumpe hingegen wird Wärme entzogen – aus der Erde (bislang höchster Wirkungsgrad), der Luft (immer bessere Modelle und Wirkungsgrade) oder dem Grundwasser –, um ein sogenanntes Arbeitsmedium aufzuheizen.

Will man auf diese Weise mithilfe der Wärmepumpe und natürlicher Abwärme Räume heizen, muss deutlich weniger Energie zugeführt werden als bei klassischen Heizsystemen. Klimaanlagen und Wärmepumpen stehen sich nahe: Denn Luft-Luft-Wärmepumpen haben im Sommer nicht zwangsläufig frei, sondern kühlen Innenräume. Luft-Wasser-Wärmepumpen kümmern sich um die Raumluft und das Brauchwasser im Wasserkreislauf beim Heizen beziehungsweise Kühlen.
Ihre Installation als Ersatz von alten Einzelöfen in „Problemgebäuden" ist aufwendig, dauert Pehnt zufolge doppelt so lang wie der Einbau einer Gasheizung. Viel mehr Fachleute, die das können, müssen aus- und fortgebildet werden, da Öl- und Gasheizungen mittelfristig Auslaufmodelle sind. Diese Herausforderung bringt aber auch viele Jobs, die zudem zu einer lebenswerten Zukunft beitragen.
Wärme und Energie selbst machen: Photovoltaikanlagen sollen idealerweise auf dem eigenen Haus oder der Mietwohnanlage direkt nutzbaren Strom aus Sonne generieren. Auch für Wärmepumpen, die selbst keine Energiequellen sind und etwas Strom brauchen, aber einen sehr hohen Wirkungsgrad haben. Fördermaßnahmen für Photovoltaik und Wärmepumpen gibt es auf staatlicher und teils auf kommunaler Ebene. Neue Pakete werden gerade aufgesetzt. Energieberater unterstützen im Einzelfall auf der Suche nach der passenden Energie- und Wärmewende im eigenen Haus oder auch in der Wohnung. Sogar Mieter können mit einem privaten Balkonkraftwerk unmittelbar an der kosten- und kohlendioxidsparenden Sonnenseite des Lebens teilhaben.
Abwärme bleibt meist ungenutzt

Kühler Keller statt kalter Dusche: Seltener und mit weniger warmem Wasser duschen, ist eine Empfehlung, die Energieökonomen wie Pehnt dieser Tage aussprechen. Energieeffizienz durch Sparen ist das Prinzip dahinter. Spezielle Brauchwasser-Wärmepumpen, die im Keller stehen, sind ziemlich genial, wenn ein Mensch eher zu den Warmduschern gehört. Was sich besonders rechnet: Außerhalb der Heizperiode kann der Hauptwärmeerzeuger im Haus abgeschaltet werden, Energie und Kohlendioxid damit eingespart werden. Trotzdem ist warmes Wasser für die Hygiene weiter abrufbereit.
Mit der Wärme des Waschtrockners: Eine technologische Möglichkeit, um in Ein- oder Zweifamilienhäusern aus dem Bestand ohne schlechtes Gewissen mäßig heißes Wasser über Kopf und Körper rieseln zu lassen, ist eine solche Warmwasser-Pumpe, die von der Geschäftigkeit in (Haus-)Wirtschaftsräumen profitiert und so nur wenig Stromzufuhr benötigt. Die soll beispielsweise bei Geräten von Stiebel Eltron bis zu 70 Prozent der Energie, die sie benötigt, um Brauchwasser auf bis zu 65 Grad zu erhitzen, aus der ganzjährig mindestens zehn Grad warmen Umgebungsluft holen. All die Wärme, die in Kellerräumen sonst weitgehend ungenutzt von Waschmaschinen, Trocknern, Gefrierschränken oder Heizkesseln abstrahlt, entziehen auch Wärmepumpen von AEG, Elco, Wolf, Ochsner und anderen Herstellern mit Ventilatoren aus der Raumluft.
Notfall-Option: Die Kellerluft kühlt durch den Wärmeentzug um zwei bis vier Grad ab. Das Ergebnis: Kartoffeln, Äpfel und Wein können auch in modernen Kellerräumen endlich kühl gelagert werden. Statt für deren Kühlung zusätzliche Energie in weitere – Wärme absondernde – Kühlgeräte zu stecken, wird einfach die vorhandene Haustechnik-Wärme dorthin gebracht, wo sie dem Wohlgefühl und der Hygiene dient: ins Dusch- oder auch mal ins Badewasser. Über einen kleinen technischen Umweg: Die den Kellerräumen entzogene Wärme wird an das Kühlmittel in der Wärmepumpe abgegeben. Dort verdichtet ein Kompressor mit (Öko-/Solar-)Strom das Kühlmittel. Über einen Wärmetauscher wird das Warmwasser erhitzt. Eine Notfall-Option gibt es auch: Wird besonders viel oder besonders heißes Wasser gebraucht oder sinkt die Umgebungstemperatur unter sieben Grad, schaltet sich eine elektrische Zusatzheizung ein.
Noch geschieht viel zu wenig

Verstärkt Emissionen beim Bauen, Sanieren und im Verkehr sparen: Die Befreiung von teuren Energieabhängigkeiten ist das eine, die Prävention weiterer Klimakrisen-Katastrophen das andere. Noch geschieht hier viel zu wenig: Nach neuesten Berechnungen des Umweltbundesamtes emittierten der Verkehrs- und der Gebäudesektor im Jahr 2021 deutlich mehr Treibhausgase als nach Klimaschutzgesetz vorgegeben. Insgesamt nahmen klimaschädliche Emissionen um knapp fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr zu und sanken damit im Vergleich zu 1990 nur um 39 Prozent. Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen deshalb nun pro Jahr sechs Prozent Emissionen gemindert werden. Seit 2010 waren es dem Bundesverband Erneuerbare Energie zufolge im Schnitt nicht einmal zwei Prozent.
„Die Nach-Corona-Welt setzt die Negativspirale beim Klimaschutz, die wir vor Corona erlebten, weiter ungebremst fort. Das ist klimapolitisch verantwortungslos angesichts der aktuellen massiven Warnungen des Weltklimarats IPCC und sicherheitspolitisch fatal angesichts der weiterhin bestehenden Abhängigkeiten von fossilen Energien, die den Ausstoß der Treibhausgase in Deutschland ebenso beflügeln wie die Kosten für Strom, Wärme und Mobilität. Die politisch proklamierte ‚Zeitenwende‘ ist umgehend in eine Handlungswende in der Energiepolitik zu überführen", sagt die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, Dr. Simone Peter.