Schwingende Pettycoats, herzförmige Korsetts, blutrote Kussmünder und hüpfende Pferdeschwänze. Rockabilly vereint sexy Looks und verspielte Details wie keine andere Moderichtung. Speziell und zeitlos zugleich ist das ein Trend, der noch ewig angesagt bleibt.
Angelehnt an die Musik der späten 50er-Jahre hat sich aus Einflüssen des Rock’n’Roll, Hillbilly („Hinterwäldler") und Country eine besondere Moderichtung herausgebildet: Rockabilly. Sie entstand in den Südstaaten der USA und fand ab den frühen 1980er-Jahren auch in Japan und Europa ihre begeisterten Anhänger. Die Fans liebten nicht nur den Look an sich und die vielen tollen Accessoires, sondern auch das komplette Lebensgefühl, die Unbeschwertheit des Augenblicks. Dazu gehörten auch Tattoos, die etwa zeitgleich in den 50ern groß herauskamen. Gestochen wurden kaum Tribals, dafür aber Nachahmungen von Totenköpfen, Gitarren, Würfeln, Blumen, Herzen, Seemannsmotiven, Spinnennetzen und Pin-up-Girls. Die klebten fortan nicht nur als Traumfrau in den „Lockers" (Arbeitsschränken und Schließfächern) der Männer, sie waren Teil von ihnen und gingen im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut. Wer etwas auf sich hielt, der beließ es nicht bei einem Tattoo, sondern strebte das Gesamtkörperkunstwerk an. Schön bunt und herausstechend, wie das, was darüberkommt. Und das sind neben Lederjacken, dunkelblauen Jeans und Tollen bei den Männern vor allem wunderschön verträumte Kleider und Jumpsuits bei den Damen. Figurbetont, sexy, verspielt und immer mit einem Hauch von Individualität.
Wer ein Rockybilly (männliche Version) oder eine Rockabella (weiblich) sein will, der braucht vor allem Zeit und Hingabe. Gepflegte Kleidung, alles aufeinander abgestimmt und dazu ein ordentliches Make-up und perfekt sitzende Frisuren, das muss schon sein und gehört zum Standard. Speziell bei den Rockabellas lohnt es sich, genauer auf klassische Stilelemente zu schauen. Vorherrschend sind die Farben Weiß, Schwarz, Rot und Marineblau. An Mustern finden sich neben Polkadots auch Karos und Streifen. Diese sind auf Faltenröcken und Petticoats ebenso zu sehen wie auf Korsetts mit herzförmigen Ausschnitten, engen Shirts und Stoffhosen. Hauptsache extravagant und mit Mustern lautet hier die Devise. Kirschen und Totenköpfe sind dankbare Prints, die sich auch auf Bleistiftröcken und Leggings wiederfinden. Hautenge Blue-jeans gehen im Zweifelsfall immer, wer dazu kein eigenes Oberteil im Schrank findet, der schaut sich beim Partner um und steckt kurzerhand das übergroße Männerhemd locker in den Hosenbund hinein. Die ersten Knöpfe bleiben offen, so entsteht ein extravagantes Outfit mit Verführfaktor.
Ketten, Ringe und Armbänder aufeinander abstimmen
Viele dieser typischen Rockabilly-Styles kommen zwar aus den heißen Südstaaten der USA, lassen sich dank gefütterter, etwas abgeranzt wirkender Lederjacken, Jeans- und kurzen Strickjacken aber problemlos in den Winter transferieren. Dazu blickdichte Strumpfhosen und fertig ist der Kalte-Tage-Look. Die Schuhauswahl reicht von Plateausandalen über Pin-up-Couture-Heels bis hin zu Converse All Star-Sneakern und Doc Martens. Letztere sind vor allem in den kalten Monaten deutlich den offenen Absatzschuhen vorzuziehen, wenngleich sie das Bein nicht so attraktiv in die Länge strecken und damit dünner erscheinen lassen.
Was noch fehlt zum Glück sind die passenden Accessoires und davon tragen Rockabellas eine ganze Menge. Haarbänder oder Spangen, um daraus akkurat sitzende Frisuren zu zaubern gehören ebenso zum Standard-Programm wie Ohrstecker aus Metall oder Holz mit unterschiedlichen Motiven, verspielte Ketten und Armbänder. Hauptsache auffallen, lautet die Devise. Silberketten mit großen Anhängern versehen, Halskettchen mit Perlen oder enge Halsbänder im Lederlook sind nur einige der vielen Möglichkeiten. Dazu kombinieren erfahrene Rockabellas zierliche Armbänder im gleichen Stil. Verpönt ist, unpassende Accessoires miteinander zu tragen. Deshalb Ketten und Armbänder sowie Ringe im Stil immer aufeinander abstimmen. Wer mag, der wählt Motivringe. Diese orientieren sich an den typischen Rockabilly-Symbolen wie Totenköpfen, verspielten Schleifen, Herzen, Würfeln und vielem mehr. Neben Silber sind auch Edelstahl und Holz sehr gefragte Materialien. Fehlt noch die Tasche. Vintage ist hier, genau wie bei der Kleidung, das Maß aller Dinge. Verspielte Henkeltaschen aus Leder mit Polkadots versehen und kleinen Schleifchen bestückt (Banned, Rumble59) sind ebenso zu finden wie große Shopper mit aufgemalten Totenköpfen oder typischen Seemannsstreifen darauf, wie sie unter anderem bei Sugarshock oder DancingDays im Sortiment sind. Wer es knallbunt mag, für den sind Stofftaschen mit allerlei Buttons drauf vielleicht genau die richtige Wahl? Die Möglichkeiten sind vielfältig und richten sich natürlich immer danach, wie das restliche Outfit farblich ausfällt. Schließlich gilt auch bei der Handtasche stets der Grundsatz: Sie muss zur Kleidung und den Accessoires passen. Bei starkem Sonnenschein darf auch eine Sonnenbrille nicht fehlen. Sogenannte Cat-Eye-Brillen (Vogue, Kate Spade, Zeelool) sind hier eine gute Wahl. Sie haben schmale Gläser und Gestelle, die tatsächlich ein wenig an Katzenaugen erinnern. Das macht sie zum Hingucker und sorgt gleichzeitig für einen absolut stylishen Durchblick. Darunter verschwinden fast unsichtbar die Katzenaugen. Schwarzer exakt geschminkter Lidstrich zu getuschten Wimpern sind ein ebensolches Muss wie der perfekt gemalte rote Kussmund. Dazu ein ebenmäßig heller Teint und leichtes Rouge auf den Wangen. Schon stimmt das Make-up.
Secondhandläden und Flohmärkte
Dazu passen neben dem einfach zu bindenden Pferdeschwanz auch aufwendigere Pompadour-Spiralen. Die haben ihren Namen von Madame Pompadour und zeichnen sich durch ihre kunstvolle Drapierung aus. Ausgangspunkt dafür sind mittellange bis lange Haare. Diese werden zunächst mit einem Zopfgummi am oberen Hinterkopf zusammengebunden. Den daraus entstehenden Pferdeschwanz anschließend mit einem Lockenstab zu einer Spirale drehen. Fehlt noch der Ponyteil. Diesen in eine Art „Tolle" legen und in Zopfhöhe am Hinterkopf mit Haarnadeln feststecken. Anschließend das Gesamtkunstwerk mit Haarspangen, Kunstblumen oder Schleifen verzieren. Alternativ dazu darf der Pony hängenbleiben, er sollte aber streng über den Augenbrauen in einer Linie enden. Übrigens sind Pompadour-Tollen auch etwas für das männliche Geschlecht. Hier nennt man sie Elvis-Tollen, da sie angelehnt sind an den King of Rock’n’Roll, Elvis Presley. Um den Look perfekt hinzubekommen, braucht es eine Menge Haargel und Haarspray. Dafür muss sich Mann keine großen Gedanken um sein Make-up machen. Es reicht, sich einen verruchten Drei-Tage-Bart stehenzulassen. Dazu dürfen dann schwarze Ohrstecker mit Motiv sowie Ketten aus Silber oder Edelstahl kombiniert werden. Während berühmte Vorbilder wie Schauspieler John Travolta in „Grease" dazu ständig eine Kippe lässig im Mundwinkel stecken hatten, dürfen moderne Rockybillys davon Abstand nehmen. Inzwischen ist es einfach geworden, sich im Wunsch-Stil der späten 50er-Jahre einzukleiden. Entsprechende Onlineshops wie rockabilly-rules.com, killerkirsche.de und emp.de machen es möglich. Auch in vielen großen Städten gibt es Läden, die sich auf den Verkauf von Vintage-Mode spezialisiert haben. Gerade für Neulinge ist das ein guter Anlaufpunkt um zu gucken was einem gefällt und vor allem passt. Korsetts können in den ersten Anläufen etwas „tricky" sein beim Einschnüren. Die Preise hier starten bei 50 Euro für einfache Oberteile und Röcke, aufwendige Korsagen und Kleider können deutlich mehr kosten. Wer es günstiger haben mag, der schaut sich auf Flohmärkten oder Secondhandläden um. Hier lassen sich leicht schöne Schnäppchen machen. Alternativ dazu finden sich Schnittvorlagen für wenige Euro online für all jene kreativen Geister, die selbst zur Nähmaschine greifen und sich dadurch ein wirklich individuelles Outfit zusammenstellen möchten. Der Aufwand lohnt sich, denn Rockabilly ist auch, rund 70 Jahre später, nach wie vor ein großes Thema und sieht einfach fantastisch aus!