Buckow, auch „die Perle der Märkischen Schweiz" genannt, ist immer einen Besuch wert. Für Wanderer empfiehlt sich ein Abstecher durchs Stobbertal.
Majestät, hier geht die Lunge auf Samt", meldete 1854 begeistert der Leibarzt dem auf der Brust etwas schwachen Friedrich Wilhelm IV. und rühmte zum Zwecke der Genesung die reine, heilsame Luft in Buckow und Umgebung. Dieses Zitat kennt inzwischen wahrscheinlich jeder Ausflügler ebenso wie Theodor Fontanes Adelung des Ortes als „Perle der Märkischen Schweiz". Doch der wackerste aller Wanderer durch die Mark Brandenburg trieb seine Begeisterung noch auf die Spitze und pries Buckow zudem als „eine ländliche Schönheit, die mit nacktem Fuß in den See tritt und unter Weidenzweigen ihr Haar flicht." Das Großartige ist, sämtliche Elogen entsprechen nach wie vor den Tatsachen. Das einstige Zentrum der Hopfenbauer und Rosenzüchter mit seinen sieben Seen ist auf das lieblichste in größere und kleinere Hügel eingebettet, weshalb diese schöne Landschaft in den Zeiten der Romantik wie über hundert weitere in Deutschland anerkennend den Beinamen Schweiz erhielt. Seit 1990 ist die Märkische sogar ein Naturpark, große Teile davon, nämlich 87,1 Prozent, obendrein Europäisches Vogelschutzgebiet, unter anderem weil dort Zugvögel auf ihrer langen Reise rasten und sich stärken.
Seit über 30 Jahren ist die Märkische Schweiz ein Naturschutzgebiet
Ein Ortsspaziergang führt über bucklige Straßen und winklige Seitengassen hügelan und -ab, vorbei an der natürlich auf einem Hügel stehenden Stadtkirche am Marktplatz, Restaurants mit einladenden Vorgärten, schönen, alten Villen, Hotels und Pensionen, fröhlichem Gewimmel an den Badestränden, stillen, saftigen Wiesen und Kureinrichtungen. Am Eingang zum weitläufigen Schlosspark, gleich hinter dem einstigen wunderschönen Warmbad, das seit Jahren die Touristeninformation beherbergt, gibt’s Wellness kostenlos. Der Kräutergarten betört mit seinen vielen üppigen Pflanzen die Sinne und die Wassertretstelle erfrischt die Füße für die vielen kurzen und langen Wanderstrecken, die dort ihren Ausgangspunkt nehmen. Sie gehören zur Kalorienpromenade, die den Fontaneweg einschließt und immer wieder auch entlang der Stobber führt, die dem dicht bewachsenen und bewaldeten Tal ihren Namen verlieh. Spaß macht es, die bis zu 140 Minuten währenden Spaziergänge mit einem kleinen Plan aus der Touristeninfo in der Hand abzutraben. Diesem zufolge sind zum Beispiel schon nach der zweiten Etappe, die den Eingang zum Stobbertal markiert, 90 Kalorien verbraucht, was bedeutet, man könnte sich jetzt einen gemischten Salat leisten. An der Pritzhagener Mühle angekommen, reichen die abgelaufenen Kalorien bereits für ein Eisbein und wenn man den ganzen Rundweg von elf Kilometern absolviert hat und leicht erschöpft wieder am Warmbad eintrifft, darf es locker ein Big Mac sein. Wer bereut, als Vorbereitung auf die Tour nicht gleich am Anfang die Füße ins kühle Nass gehalten zu haben: Keine Sorge, solche erfrischenden Fußbäder laden überall im Ort und an den Wanderwegen ein, denn Buckow ist der erste und einzige Kneipp-Kurort Brandenburgs. Und das liegt nicht nur an der samtigen Luft, von der auch nach dem Aufenthalt von Friedrich Wilhelm IV. noch immer reichlich vorhanden ist, sondern an überall verfügbaren Möglichkeiten zum Wassertreten und an den klimatischen und bioklimatischen Verhältnissen generell, die ein Gutachten des Deutschen Wetterdienstes als „sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Unterstützung der Kur" zusammenfasste.
Entschleunigung dient bekanntlich auch der Erholung. Ein vertrauensvoller Ansprechpartner dafür ist „Scherri". Die ist zwar schon ziemlich betagt, macht aber nach wie vor ihr Ding sehr gut. Zieht als Ausflugsdampfer ihre Bahnen durch den See und erzählt von ihrer beeindruckenden und wechselvollen Geschichte. Ihr Chef und Käpt’n ist mit seinen 78 Jahren zwar entschieden jünger, hat aber auch so Etliches erlebt: Wolfgang Katerbau, Inhaber der SeeTours Märkische Schweiz, seit 1945 in Buckow ansässig. Als gelernter Maurer brachte er es zum Bauingenieur und schließlich zum Bauleiter in Rüdersdorf. 1983 übernahm er den väterlichen Repassierbetrieb und widmete sich als selbstständiger Gewerbetreibender fortan dem Kampf gegen Laufmaschen. Die Wende kam und damit Strumpfhosen für eine D-Mark oder nur 99 Pfennig. Reparieren wäre teurer gewesen, also ging Wolfgang Katerbau pleite. Als altem Buckower mit nie versiegender Liebe zum Schermützelsee kam ihm die Idee, gemeinsam mit seiner Familie auf dem Wasser weiterzumachen. „Strümpe jingen ja nich mehr, aber wir hatten Aufbruchstimmung und Flausen im Kopp", erinnert er sich leicht kopfschüttelnd. Erst pachtete er ein Schiff, das wurde aber zu teuer, also kümmerte er sich um ein eigenes. Völlig unbeleckt, wie er bald selbstkritisch einsehen musste. Dennoch holte er sich eins aus Oldenburg, das aber zu dem schon nicht günstigen Kaufpreis noch für neue Bordwände und Fenster, Korrosionsschutz, drei Anstriche und neue Elektrik immer mehr verschlang. Es war atemberaubend, aber 1992 war es soweit. Fehlte nur noch ein neuer Name.
Bertolt Brecht und Helene Weigel wohnten am Schermützelsee
Wahrscheinlich hat Käpt’n Katerbau die Geschichte von dessen Findung schon tausendmal erzählt. Und immer unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Denn, wenn alle davon Kenntnis hätten, würden seine Gäste nicht mehr so neugierig sein und überhaupt das gewisse Geheimnisvolle vermissen. Aber uns hat er, natürlich zum allerersten Mal und nur ganz im Vertrauen gesagt, weshalb Scherri Scherri heißt. Die Geschichte ist voll plausibel: Wenn sich die Anrainer-Jugend vom Schermützelsee früher bei den Eltern zum gemeinschaftlichen Baden und Schwimmen abmeldete, ging sie nicht etwa ins Strandbad, sondern schlicht zum Scherri.
An dessen Ufer residierten seit 1952 auch Helene Weigel und Bertolt Brecht. Die dort geschriebenen sowohl politischen als auch melancholischen „Buckower Elegien" setzten der „Perle" weitere Denkmale. Allerdings war Brecht nicht so euphorisch wie sein Schriftstellerkollege Fontane und empfand Buckow eher als „friedlich und langweilig, genug für die Arbeit". Dennoch inspirierte ihn sein Aufenthalt zu Stücken und Songtexten und selbst aus den Elegien lässt sich nicht wirklich Langeweile herauslesen.