Der geneigte Hörer möge sich zurücklehnen, den Play-Button drücken, seine Augen schließen und sich von verspielt-warmen Klängen und ohrenschmeichelndem Gesang der Vier-Mann-Band Animal Collective treiben lassen. Die Experimental-Popper aus Baltimore, die sich laut „Rolling Stone" im Grundschulalter auf einer Waldorfschule angefreundet haben, haben nach sechs Jahren Kreativpause „Time Skiffs" rausgebracht, neun Songs, die sich jedweder Einordnung in gängige Genres entziehen. In einigen Songs fühlt man sich an die Beach Boys („Strung with Everything") oder an die frühen Pink Floyd („Passer-by") erinnert. Die im Oktober ausgekoppelte Single „Prester John" steigerte bereits die Vorfreude auf das komplette Werk. In dem Song über den Priesterkönig Johannes, der im Mittelalter ein mythischer Regent gewesen sein soll, sind über eineinhalb Minuten nur ein leiser Schlagzeugbeat, eine Basslinie und Orgeltöne zu hören. Wie so oft fasziniert in diesem Song der choralhafte Gesang von David Portner, Noah Lennox, Brian Weitz und Josh Dibb, die allesamt unter Pseudonymen auftreten. In der Mitte schwenkt der Song unerwartet um, zum groovigen Basslauf stimmen die Bandmitglieder „Prester John is breaking down" an.
In „Walker" huldigen sie dem 2019 verstorbenen Scott Walker, der Mitte der 60er-Jahre seinen Durchbruch mit den Walker Brothers feierte und in seinen letzten Lebensjahren unter anderem Instrumentalstücke für Kammerorchester schrieb und mit den Doom-Drone-Experten von Sunn O))) kollaborierte. Denkt man zweieinhalb Minuten noch, dass der Psychedelic-Pop-Song es als einzige Nummer auf die Playlist einer Radiostation schaffen könnte, lässt das Quartett „Walker" zu verträumten Marimbaphon-Klängen ausklingen. Ein Lehrstück in entspannter Leichtigkeit stellt das fast achtminütige „Cherokee" dar. Wie es Animal Collective immer wieder gelingt, harmonische Gesangslinien, helle Melodienbögen und komplexe Schlagzeugbeats ineinander fließen zu lassen, ist schlicht faszinierend. Und nicht weniger bewundernswert ist, dass mehr als 20 Jahre nach Bandgründung die vier Musiker offenbar kein bisschen müde sind, sich neu zu erfinden.