Pflege-Influencer, etablierte Experten und rund 500 Gäste aus ganz Deutschland: Der erste Pflegekongress „Pflege meets Ruhpolding 2022" zeigte sich als ein voller Erfolg.
Schon in ihrer Kindheit war Franziska Böhler alias „The Fabulous Franzi" vom Berufsbild der Krankenschwester fasziniert. Mitunter auch, weil ihre Großmutter immer so respektvoll von Pflegekräften gesprochen hat, erzählte die 33-jährige Anästhesiepflegekraft, Influencerin und Buchautorin auf dem Pflegekongress „Pflege meets Ruhpolding 2022". Ihr Umfeld teilte damals noch die gleiche Faszination und Wertschätzung für diesen Berufsstand. „Als ich beispielsweise in der Disco nach meiner Tätigkeit gefragt wurde, zu diesem Zeitpunkt absolvierte ich bereits meine Ausbildung zur Krankenschwester, folgte dann meistens ein ‚Wow‘." Zehn Jahre später war davon kaum mehr etwas zu spüren. Schonungslos und ehrlich berichtete „The Fabulous Franzi" den Kongressbesuchern vom gravierenden Personalmangel, der Überarbeitung und der daraus resultierenden mentalen und körperlichen Erschöpfung. Seit dem Tag, als sie nach einer anstrengenden Schicht auf der Intensivstation – zu diesem Zeitpunkt arbeitet sie noch als Intensivpflegekraft – aus purer Verzweiflung zum Handy greift und ihr erstes Bild auf Instagram postet. Von dem ganzen Zuspruch seitens ihrer Follower und von den Drohungen, die die zweifache Mutter bekommen hatte, nachdem sie sich gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht wehrte, „weil die allgemeine Impfpflicht der bessere Weg gewesen wäre, falls es eine Pflicht gegeben hätte". Aber vor allem kam Franziska Böhler an diesem Tag auf das Selbstbild der Pflegekräfte zu sprechen. „Wir sind keine Helden. Wir sind Menschen mit besonderen Fähigkeiten, mit emotionaler Intelligenz, mit sozialem Instinkt, mit Fachwissen und praktischem Können, und wir brauchen, dass man genau das sieht."
„Menschen mit Fachwissen und sozialem Instinkt"
Ein Anliegen, dem sich auch Chantal Ostermann, Vorstandsvorsitzende des trägerübergreifenden Vereins „Proud to care" und Veranstalterin des Kongresses „Pflege meets Ruhpolding 2022" seit der Vereinsgründung verschrieben hat. Die Event-Idee entwickelte Ostermann zusammen mit dem Pflegemanager und Influencer Ugur Cetinkaya. Dabei ging es den beiden Initiatoren hauptsächlich darum, „eine Brücke zwischen Influencern, Politik und der Basis zu bauen" und damit die Pflege ein Stück weit sichtbarer und stärker zu machen. Um den Austausch so konstruktiv und gehaltvoll wie möglich zu gestalten, legte Ostermann besonderen Wert auf eine ausgewogene Mischung zwischen Pflege-Influencern wie „The Fabulous Franzi", Metin Levin Dogru, „Schwester Esther", „Blendina" oder Alexander Jorde und etablierten Experten. So stellte an diesem Tag Michael Wittmann, Geschäftsführer der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, das Thema „Pflegende und Politik" vor. Dr. Ramona Backhaus, promovierte Gesundheitswissenschaftlerin, sprach über den „Personaleinsatz in der Pflege" und die Expertin für pflegewissenschaftliche Beratung und Gründerin von „Supernurse" Judith Ebel gab den Gästen vier wertvolle Ankerpunkte, um selbstbewusst und fachlich erfolgreich durch die MDK-Prüfung zu kommen – um nur einige der Referenten und Themen zu nennen. Besonders viel Zeit nahm sich an diesem Tag Klaus Holetschek, Staatsminister für Gesundheit und Pflege. Er überzog beim Beantworten der zahlreichen Publikumsfragen in den Folgetermin. „Wir müssen Regulierung und Bürokratie zurückdrängen", betonte der CSU-Politiker.
Der erste „Proud to care"-Innovationspreis
Was die Verköstigung der Gäste anging, so setzte das Veranstalter-Duo auch hier auf mächtig viel Abwechslung. Gleich mehrere Foodtrucks boten eine köstliche Auswahl aus frisch gegrilltem Fleisch, knackfrischen asiatischen Spezialitäten, leckeren vegetarischen Snacks, süßen Crêpes, Eis und einem üppig ausgestatteten Cocktail-Truck. Eine kleine Foto-Ecke mit einer integrierten Foto-Box und vielen Verkleidungsvarianten sorgte nicht nur für unvergessliche Erinnerungen, sondern bot den Gästen auch die Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Das schönste Foto wurde mit einem iPhone belohnt.
Die wichtigste Preisverleihung des ersten Pflegekongresses war natürlich der erste „Proud to care"-Innovationspreis. Wie schon der Name verrät, werden mit diesem Preis neue Ansätze und innovative Ideen rund um das Thema Pflege geehrt. Diesen gewann Patrick Meier mit seinem Konzept „Dienstzimmer.com – das Bewertungsportal für Pflegekräfte". Der zweite Platz ging an Ina Warkentin mit ihrem Konzept „Proud to be healthy/ Proud to be helpful/Proud to contribute." Blendina Beqiri belegte mit ihrer Idee „Gewalt in der Pflege/Rassismus in der Pflege/Berufspolitik Azubis" den dritten Platz. Florence Harzheim erhielt für ihr Konzept „Einmal alles anders, bitte!" den Sonderpreis „Next Generation".
Mehr Personal und verlässliche Arbeitszeiten
Den wohl interaktivsten Programmpunkt des Pflegekongresses bildete die Podiumsdiskussion zum Thema „Proud to care: Mehr Stolz und Stärke für die Pflege der Zukunft" zwischen Nurs Kata, Schwester Esther, Metin Levin Dogru, Blendina, Elsa.Palliative.Care und Alexander Jorde, moderiert vom Pressesprecher der Victor’s Group Peter Müller. Neben der Forderung nach mehr Personal, verlässlichen Arbeitszeiten und besserer Bezahlung war für die jungen Menschen vor allem die generalistische Pflegeausbildung und ihre Abgrenzung zur klassischen Ausbildung ein großes Anliegen. In diesem Punkt wünschten sich die Diskutanten mehr Klarheit. Ein weiteres Thema war die Organisation von Pflegekammern in allen Bundesländern und auch auf Bundesebene, „um als Berufsgruppe im politischen Kontext ernstgenommen zu werden", so Alexander Jorde.