Zieht man einige Nebenprojekte (unter anderem mit Iron & Wine und eine Weihnachts-CD) ab, ist dies das zehnte Album von Calexico – einer Combo, die bereits mit ihren Alben Nummer drei („Hot Rail", 2000) und vier („Feast Of Wire", 2002) zu ureigener Meisterschaft gefunden hatte. Soll heißen: Calexicos Trademark-Sound stand schon früh in voller Blüte. Wüsten-Noir, Americana, Mexicana, Cumbia Deluxe, Latin Surf, Country/Folk im Walzertakt sind nur einige Zuschreibungen, die den Sound von Calexico beschreiben. Der Stil von Calexico beflügelt – wie ansonsten eher selten im sogenannten Americana-Genre – die Fantasie, das musikalisch Dargebotene halbwegs stimmig zu bezeichnen. „El Mirador" beginnt mit einem Bläser-Tusch. Dann setzt ein lässiger Rumba-Rhythmus ein, der den Titel-Track für jede Tanzschule zu qualifizieren scheint. Indes: Es sind Joey Burns’ scharf angeschnittene elektrische Saiten, die das zu verhindern wissen … Was typisch ist für die einmalige Calexico-Art, nämlich einem verführerisch anmutenden, süßen Flow bisweilen unversehens in den Rücken zu fallen. In einem frühen Interview beschrieb Burns das folgendermaßen: Es ginge darum, die Musik frei atmen zu lassen und das Herz am richtigen Fleck sitzen zu haben. Man müsse sich genügend Spielraum für musikalische Raffinessen und dynamische Prozesse bewahren. Das ist wunderbar formuliert und wird hier so maximal glaubwürdig und beglückend umgesetzt wie lange nicht mehr. Besonders am Herzen liegt den drei Masterminds von Calexico – neben Burns sind das John Convertino (Schlagzeug und mehr) und Sergio Mendoza (Keyboard und mehr) – „Harness the Wind", ein sanft schillerndes Juwel von immens positiver Ausstrahlung und melodischer Pracht. Zwei folgende, unwiderstehlich vollmundige Cumbias zielen explizit auf die Beine. „El Paso" torkelt und schlingert köstlich, Trompeten würzen den coolen Twang. „The El Burro Song" klingt wie eine vertonte Peperoni, „Liberada" ist pure Zeitlupen-Magie und „Rancho Azul" ein grandioser Parforce-Ritt. So könnte „El Mirador" am Ende durchaus als Calexicos Opus Magnum durchs Ziel gehen.
KULT[UR]
Foto: City Slang
CD-Tipp: Magische Wüstenmomente
Calexico: El Mirador. Label: City Slang. Laufzeit: 41 Minuten
Kult[ur] - CD-Tipp
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