Worte liegen uns auf der Zunge, bisweilen gehen sie uns verloren, und in manchen Augenblicken fehlen uns schlichtweg die Worte. In Gedanken jongliert man mit Worten, bevor man sie ausspricht, während manch einer zuerst die Worte spricht, bevor er sich darüber Gedanken macht. Der Schweizer Philosoph und Schriftsteller Peter Bieri, besser bekannt als Bestsellerautor Pascal Mercier, schickt seinen Protagonisten Simon Leyland auf eine Reise, in deren Zentrum ein ärztlicher Irrtum steht, die einen bedeutenden Wendepunkt in dessen weiterem Leben darstellt. Als Übersetzer kennt Leyland das Gewicht der Worte nur allzu gut. Ebenso seine Frau Livia, die einen Buchverlag in Triest geerbt hat. Nachdem er einen großen Schicksalsschlag verarbeiten muss, wird Simon Leyland selbst zum Leiter des Verlags und richtet sein Leben danach aus. Seine Leidenschaft bleibt das Übersetzen, aber jetzt muss er sich auch mit der geschäftlichen Seite auseinandersetzen. Mercier ist ein besonnener Erzähler. Seine Romane sind keine überbordenden Dramen, sondern beeindrucken immer auch durch ihr philosophisches Gespür, so auch „Das Gewicht der Worte", ein Roman, der erst zwischen Gegenwart und Vergangenheit des Protagonisten springt, um sich später mit dessen neu gewonnenen Freundschaften zu befassen. Das Leben läuft nicht immer in vorhergesehenen Bahnen. Bei Simon Leyland sind es die Worte eines Arztes, die ihn aus der Bahn werfen. Mit der Zeit eröffnen sich jedoch neue Wege zu neuer Lebensenergie. In den Gesprächen mit seinen Kindern Sydney und Sophia, dem anfangs etwas kauzigen Kenneth Burke oder Andrej, den er während eines Gefängnisbesuchs kennenlernt, erfährt Leyland viel über sich selbst. „Das Gewicht der Worte" ist ein Roman für alle, die an Wendepunkten ihres Lebens stehen beziehungsweise schon einmal gestanden haben. Ein philosophisches Alterswerk eines Autors, der mit „Nachtzug nach Lissabon" Leser auf der ganzen Welt begeisterte.
KULT[UR]
Foto: Hanser Verlag
Buch-Tipp: Wie viel wiegen Worte?
Pascal Mercier: Das Gewicht der Worte. Carl Hanser Verlag. ISBN 978-3-446-26569-1
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