Als tollpatschiger Housesitter kämpft Rowan Atkinson in bester Mr.-Bean-Tradition gegen eine Biene, die Tücken der Technik und sich selbst. Die neunteilige Comedy-Serie „Man vs. Bee" läuft auf Netflix.
Mr. Bean ist zurück. Er heißt jetzt allerdings Trevor. Ansonsten ist alles wie immer: Rowan Atkinson zieht alle Register seiner komischen Kunst. Er macht Verrenkungen, lässt seine Gesichtszüge auf Wanderschaft gehen und erfüllt die Erwartungen der Fans. Ein perfekter Angriff auf die Lachmuskulatur. Rowan Atkinson demonstriert in neun zehn- bis zwanzigminütigen Folgen, dass er nach wie vor ein Meister seines Fachs ist.
Trevor, die Figur, die Atkinson zusammen mit William Davies entwickelt hat, ist dagegen ein Versager – als Familienvater, als Hunde-Aufpasser und als Housesitter sowieso. Das spürt man als Zuschauerin oder Zuschauer von der ersten Sekunde an. In dem Moment, in dem Trevor an der Haustür des hypermodernen Anwesens eines erfolgreichen jungen Paares klingelt, ist klar: Aus einem „Schöner Wohnen"-Musterhaus wird am Ende eine Ruine.
Wundervolle Sommer-Serie
Die Geschichte, die Atkinson und Davies geschrieben haben, erinnert an einen Film von Gore Verbinski und Adam Rifkin aus dem Jahr 1997: Zwei Brüder erben darin eine Garnfabrik. Und mit der Fabrik eine Maus, die sich dort sehr wohlfühlt. Die Brüder finden heraus, dass das Gebäude sehr wertvoll ist, weil es von einem Star-Architekten erbaut wurde. Die Maus nervt. Sie soll weg. Bei der Mäusejagd (so heißt der Film auf Deutsch) geht so ziemlich alles schief, was schiefgehen kann. Die Brüder und der zu Hilfe gerufene Kammerjäger erlegen die Maus nicht, weil sie irgendwie immer etwas cleverer ist als die aggressiven Menschen. Die Maus bleibt am Leben und im Haus – na ja: in dem, was am Ende von dem einst stolzen Gebäude noch übrig ist.
Rowan Atkinson hat aus der Maus – nein, keinen Elefanten – eine Biene gemacht. Das kleine vor sich hin summende Lebewesen tanzt dem Tollpatsch Trevor auf der Nase herum, provoziert ihn und, wenn der Schaden maximiert werden soll, auch den an Erdnussallergie leidenden Hund Cupcake, den die Hausbesitzer dem Sitter ebenso anvertraut haben wie ihr edles Zuhause. „Rettet die Bienen" ist in dieser Serie jedenfalls keine Forderung, die Rowan Atkinson freiwillig unterschreiben würde. Einen einzigen Moment der Schwäche und des Mitleids mit der kleinen Kreatur gönnt er seinem Protagonisten – einen Moment, den Trevor noch bitter bereuen soll. Was eine Biene aus einem Menschen machen kann, sprengt dann aber selbst die Vorstellungskraft von Mr.-Bean-Fans. Denn Trevor stellt Mr. Bean bei dieser Bienenjagd in Tempo und Ausmaß der Zerstörung mühelos in den Schatten. Eine ganze Spielfilmlänge hat Mr. Bean zum Beispiel 1997, also im Jahr der Mäusejagd, gebraucht, um „Whistlers Mutter" zu zerstören und die Folgen der Vernichtung dieses meisterlichen Gemäldes zu übertünchen. Dieser Ausflug Mr. Beans in die Kunstwelt lief in deutschen Kinos unter dem Titel „Bean – Der ultimative Katastrophenfilm". Ganz so ultimativ war diese Katastrophe nicht, denn Trevor zerstört in „Man vs. Bee" („Mann gegen Biene") Kunstwerke im Minutentakt. Und nicht nur die.
Als Zuschauerin oder Zuschauer möchte man ihn davon abhalten, ihm zurufen: „Nein, nicht den Hammer!" Oder: „Nein, nicht das Haustechnik-Handbuch auf den Gasherd legen!" Dem Mann ist aber nicht zu helfen. Und selbst wenn man denkt: „Was kann da jetzt noch kommen?", legt Rowan Atkinson immer noch eine Schippe drauf. Ihm ist eine wundervolle Sommer-Serie gelungen und eine Satire aufs Wohnen in Häusern, in denen kaum noch etwas geht ohne Sprachsteuerung und technischen Schnickschnack.
Weil sie so wunderbar kurz sind, kann man die Serienteile auch ganz entspannt auf dem Tablet am Pool genießen – wenn man nicht gerade selbst seine Luxushütte daheim einem Housesitter anvertraut hat.