Obwohl die DDR den meisten ein Begriff ist, wissen vor allem die jüngeren Generationen immer weniger über ihre Bedeutung und Geschichte. Deswegen ist es wichtig, Wege zu finden, um eine Verbindung zwischen jener Episode und der Gegenwart zu schaffen. Dies kann beispielsweise durch Literatur geschehen. Dorit Linke, die in der DDR aufwuchs, lässt mit ihrer historischen Fiktion „Jenseits der blauen Grenze" eine solche Relation entstehen. Die Protagonistin und Ich-Erzählerin ihres Romans ist die 17-jährige Hanna. Sie und ihr bester Freund Andreas verbrachten ihr bisheriges Leben in der DDR. Während Hanna eine gute Schülerin und Leistungsschwimmerin ist, fällt Andreas oftmals negativ mit seinem rebellischen Charakter auf. Als beiden 1989 zu Unrecht nicht-systemkonformes Verhalten unterstellt wird, ist die Umsetzung ihrer Zukunftspläne nicht mehr möglich. Stattdessen werden sie in ein Dieselmotorenwerk strafversetzt und unterliegen der Willkür der Staatsmacht. Damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können, entscheiden sie sich, das Risiko einzugehen, eine 50 Kilometer lange Strecke durch die Ostsee zu schwimmen, um nach Westdeutschland zu gelangen. Hierbei treffen sie auf einige Herausforderungen und nur ein dünnes Seil um ihre Handgelenke verhindert, dass sie sich verlieren. Während der Flucht erinnert sich Hanna an Erlebnisse mit Andreas und ihrem gemeinsamen Freund Jens, an ihre Familie und an ihren Alltag in der DDR. Durch diese Rückblicke erhält man eine realistische Vorstellung vom damaligen Leben in Ostdeutschland, und auch das Vokabular beinhaltet viele Wörter aus jener Zeit. Mithilfe von Linkes Schreibstil ergreifen die Emotionen, Ängste sowie die körperlichen Schmerzen der Charaktere den Leser. Doch trotz des ernsten Themas findet man immer wieder lustige Situationen in der Handlung. Diese Aspekte machen das Buch lesenswert und bewirkten eine Nominierung des Romans für den Deutschen Literaturpreis 2015.
KULT[UR]
Foto: Magellan Verlag
Buch-Tipp: 50 Kilometer in die Freiheit
Dorit Linke: Jenseits der blauen Grenze. Magellan Verlag. ISBN 978-3734856020
Kult[ur] - Buch-Tipp
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