Wenn sich Schauspieler als Musiker ausprobieren, ist das oft zum Scheitern verurteilt. Manchmal wirkt es erzwungen, manchmal einfach viel zu aufgesetzt. Nicht so bei Tom Schilling. Der aus vielen Filmen und Serien bekannte Schauspieler zeigt mit der Band Die Andere Seite, dass es auch authentisch gehen kann.
„Epithymia", so der Titel des Albums, heißt übersetzt so viel wie Begierde, Sehnsucht, Wunsch, Verlangen oder Leidenschaft. Gerade also diese Sehnsucht ist ein Hauptmotiv in den zehn Songs, die sich musikalisch zwischen Dark Wave, klassischen Elementen und düsteren Balladen bewegen. Oft werden Nick Cave, Velvet Underground oder Einstürzende Neubauten als Vergleiche herangezogen. Das beschreibt die Musik auf „Epithymia" jedoch nicht ausreichend. Im Vordergrund stehen die deutschen Texte, die Tom Schilling mit seiner melancholisch hellen Stimme intoniert, die sich auch zu verzweifelten Schreien steigern kann, wie zum Beispiel in der „Ballade vom Eisenofen".
Trotz der dunklen Grundstimmung, die alle Songs eint, gleicht kein Titel dem anderen. Lyrischer Höhepunkt ist sicherlich die wundervolle meditative Hymne „Die Weide", in der Tom Schilling die Sehnsüchte und Ängste des Lebens besingt.
Klassische Singer-Songwriter-Stimmung kommt in „Aljoscha" auf, ein Lied über einen Jungen, der herausfindet, dass er nicht gewollt war.
Dass Tom Schilling nicht auf oberflächliche Mainstreamtauglichkeit setzt, beweist schon der dunkle und schwermütige Opener „Das Lied vom Ich".
Auf neuen Promofotos für Die Andere Seite, ist der Schauspieler übrigens mit einem Shirt der norwegischen Black Metal-Band Mayhem zu sehen. Zufall oder bewusste Abgrenzung vom musikalischen Pop-Einerlei? Vielleicht ein Randaspekt, aber durchaus ein Statement, das den Gefühlsmenschen Schilling noch individueller erscheinen lässt.
„Epithymia" ist ein ernsthaftes und tiefgründiges Werk, das es in dieser Konsequenz in Deutschland lange nicht gegeben hat. Es passt in unsere Zeit, die sich im Wandel befindet und in der jeder mit großen Unsicherheiten in die Zukunft blickt.