Keiner produziert in der EU so viel Verpackungsmüll wie Deutschland: 2019 lag der Schnitt bei rund 72 Kilogramm pro Kopf. Dazu verbraucht es die meisten Kunststoffe in der Union. Dabei ist es gar nicht so schwer, im Alltag auf Plastik zu verzichten.
Plastik, in Ostdeutschland „Plaste", ist der Sammelbegriff für Kunststoffe aus Erdöl, zumeist Polyethylen (PE), das giftige und schwer wiederverwertbare Polyvinylchlorid (PVC), Polystyrol (PS) oder Polyethylenterephtalat (PET), aus dem die meisten Getränkeflaschen gemacht sind. Allein Coca-Cola produziert unter anderem mit seinen Einwegflaschen jedes Jahr drei Millionen Tonnen Verpackungsmüll. Aneinandergereiht ergäben die jährlich 88 Milliarden Plastikflaschen aus dem Brause-Konzern 31-mal die Strecke zum Mond und zurück. Auf Platz zwei und drei der größten Plastikmüllproduzenten aus der Lebensmittelindustrie folgen Nestlé mit 1,7 Millionen und Danone mit 750.000 Tonnen.
Unser Plastik verteilt sich über die ganze Welt
2015 wurden in Deutschland 17 Milliarden Einweggetränkeverpackungen und zwei Milliarden Dosen verbraucht. Nestlé und andere Hersteller verkaufen außerdem immer mehr Kaffeekapseln, die den Müllberg vergrößern. Von 2016 bis 2018 stieg der Umsatz mit den Einwegkapseln nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) um acht Prozent auf 23.000 Tonnen. Hier kommen auf 6,5 Gramm Kaffee vier Gramm Verpackung. Auch angeblich oder tatsächlich „biologisch abbaubare" Kapseln lösen das Problem nicht. Sie verrotten nicht oder zu langsam. Deshalb sortieren sie die Kompostwerke aus. Sie landen dann in der Müllverbrennung.
Recycling heißt meist Downcycling: Obwohl die Müllabfuhr in Deutschland fleißig gelbe Säcke einsammelt und Verpackungsmülltonnen leert, wird wenig wiederverwertet. Offiziell sind es in Deutschland 45 Prozent aller Plastikabfälle. Schwarze Kunststoffflaschen erkennen die Scanner der Sortieranlagen nach Angaben der DUH nicht. Diese enden in der Müllverbrennung. Rechnet man dann noch heraus, was nicht bei den Müllverwertern ankommt, liegt die Recyclingquote nur noch bei 16 Prozent. Neues Plastik ist immer noch billiger und viele Mischkunststoffe lassen sich – wenn überhaupt – nur mit großem Aufwand wiederverwerten. Meist entstehen aus Recycling-Plastik nur einfache Produkte wie Parkbänke, Mülltonnen oder Granulat. Recycling bedeutet hier in aller Regel Downcycling.
Nur zehn Prozent der Kunststoffabfälle werden wiederverwertet: Im weltweiten Durchschnitt wird nur aus etwa zehn Prozent der gebrauchten Kunststoffe etwas Neues. Alles andere geht in die Müllverbrennung, auf Deponien, in die Landschaft oder ins Meer. Deutschland exportiert jedes Jahr rund eine Million Tonnen Plastikmüll. Nachdem China unsere Abfälle nicht mehr abnimmt, landen sie jetzt zum Beispiel in Vietnam und Malaysia. Weil die Kapazitäten zur Wiederverwertung oder zumindest zu einer geordneten Verbrennung dort nicht ausreichen, endet der Müll häufig auf Deponien. Der Wind weht Plastikfetzen dann in den nächsten Fluss und der trägt sie ins Meer. Forscherinnen und Forscher finden in vielen Meeresregionen inzwischen bis zu sechs Mal mehr Plastik als Plankton. Die Spuren unseres Plastikkonsums haben sie inzwischen im Hochgebirge, im schmelzenden arktischen Eis, in der Tiefsee und an anderen scheinbar entlegenen Orten der Welt nachgewiesen. 5,25 Billionen Plastikteilchen schwimmen in den Ozeanen. Das macht 770 Stück für jeden Menschen auf der Welt.
Fische, Vögel und andere Tiere verschlucken das Zeug und verhungern mit vollem Magen. 2013 fand man 17 Kilo Plastik im Magen eines toten Wals – darunter eine 30 Quadratmeter große Plastikplane, die der Wind in Andalusien von einer Gemüseplantage ins Meer geweht hatte.
Über die Nahrungskette landet vor allem Mikroplastik auch in unseren Körpern. Spuren von winzigen Plastikteilchen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler inzwischen an verschiedenen Orten in Kot und Urin der Menschen nachgewiesen. Die Probanden hatten zuvor in Plastik verpackte Lebensmittel verspeist oder getrunken. „Wir essen jede Woche eine Kreditkarte", so überschrieb die Naturschutzorganisation WWF einen ihrer Berichte über die Plastikverseuchung unserer Nahrung.
Essen in eigenen Boxen holen: Wer sich Essen aus dem Restaurant nach Hause holt, kann dazu eigene Mehrweg-Boxen mitbringen. Der Lebensmittelverband Deutschland hat zum Wiederbefüllen der mitgebrachten Boxen einen Hygieneleitfaden veröffentlicht. In den Großstädten gibt es inzwischen Pfandsysteme für Essensboxen zum Beispiel von „Recircle". Auch an den Frischtheken der Supermärkte kann man sich die Ware in mitgebrachte Schalen und Dosen abfüllen lassen. Die Hygieneregeln schreiben nur vor, dass die Boxen nicht hinter die Theke gereicht werden dürfen.
Der Begriff „regional" ist nicht geschützt
Auch Zahnpasta, Deo, Rasierschaum, Shampoos und Duschgel aus Einweg-Plastikflaschen oder -tuben lassen sich leicht ersetzen. Es gibt sie in zahlreichen Bio- und Unverpackt-Läden im Glas – Deo als Creme, Haar- und Körperseife ohne Verpackung am Stück und Rasierseife in wiederverwendbaren Metall-Döschen. Diese Alternativen erscheinen nur teurer als die Konkurrenz. Denn ein Glas Zahnpasta für sieben oder neun Euro reicht zum Beispiel für eine Person mehr als fünf Monate lang.
Unverpackt nur scheinbar teurer: Unverpackt-Läden, die solche Produkte und Lebensmittel ganz ohne Verpackung verkaufen, sollten diese Erkenntnisse viele neue Kunden bescheren. Auch in Supermärkten findet sich Unverpacktes zum Beispiel in der Obst- und Gemüseabteilung. Getränke und Joghurts gibt es in Pfand-Glasflaschen. Die weisen eine bessere Umweltbilanz auf, wenn sie aus der jeweiligen Region stammen. Niemand müsste in Norddeutschland Joghurt oder Bier aus dem Süden kaufen, wenn im Regal gleich daneben die gleiche Ware aus der eigenen Umgebung steht.
Wasser aus dem Hahn statt Mineralwasser aus der Plastikflasche: Verpackungsfreies Leitungswasser aus dem Hahn ist deutlich preiswerter und dank aufwendiger Kontrollen in Deutschland mindestens so gut wie importiertes oder heimisches Quellwasser, das auch nur aus dem Boden gepumpt wird. Wer Kohlensäure im Wasser mag, nimmt einen Sprudler mit wiederbefüllbaren Kartuschen.
Deutschlandweit steigt die Nachfrage nach Lebensmitteln aus der Nachbarschaft. Der Begriff „regional" ist nicht geschützt. Daher sind die Grenzen fließend. Niemand kann sagen, ob die „Region" nach 50, 100, 150 oder mehr Kilometern endet. Wer es wissen will, fragt beim Händler nach oder schaut auf den Ursprungsort der Ware. Viele Märkte geben diesen inzwischen freiwillig an.
Entscheidender ist jedoch, was wir kaufen. Eine Studie der US-amerikanischen Carnegie Mellon University verglich 2008 die Klimabilanzen unterschiedlicher Lebensmittel: Der Ressourcenverbrauch der Fleischproduktion ist so viel höher als der des Getreide- und Gemüseanbaus, dass Transportaufwände kaum ins Gewicht fallen. Für regionales Obst und Gemüse ermittelten die Forscher einen CO2-Ausstoß von 530 Gramm pro Kilo Ware. Fleisch aus der jeweiligen Region kommt auf 6.900 Gramm CO2 pro Kilogramm. Per Schiff aus Übersee importierte Früchte verursachen je Kilo 870 Gramm CO2-Emissionen und eingeflogenes Obst und Gemüse 11.300 Gramm CO2. Fazit: Pflanzliche Nahrung ist die beste – für die Gesundheit, die Umwelt und das Klima.