Sie verkörpern den Traum von Freiheit. Doch Cabrios als Elektroautos sind bisher so gut wie nie erhältlich. Erst in einigen Jahren könnte sich das ändern.
Wer ein elektrisches Cabrio sucht, wird am schnellsten im Himmel fündig – im Weltall, um genau zu sein. Dorthin hat Elon Musk am 6. Februar 2018 einen „Tesla Roadster" geschossen. Musk, dem nicht nur der Autokonzern Tesla gehört, sondern auch die Raketenfirma SpaceX, hatte mit der Aktion einmal mehr für Aufmerksamkeit gesorgt. War das nun visionär? Oder doch nur ein Beitrag zur Vermüllung der Galaxie? Auf jeden Fall zeigt die Website „Whereisroadster.com" bis heute an, wo genau sich das Auto befindet.
Unten auf der Erde ist es ungleich schwieriger, ein elektrisches Cabrio zu finden. Teslas Roadster, der 2008 als erstes Elektroauto in Serie produziert wurde, wird nicht mehr gebaut. Während im Sommer regelmäßig Verbrenner mit offenem Verdeck umherfahren, sucht man elektrische Modelle vergeblich. Einzig die Kleinwagen Fiat 500 und Smart EQ Fortwo gibt es „oben ohne". Haben Cabriolets, die wie kaum ein anderes Autosegment das Gefühl von Freiheit und Sportlichkeit verkörpern, den Sprung ins abgasfreie Zeitalter nicht geschafft?
Rückgang bei Neuzulassungen
Ein Blick in die Zulassungsstatistik beim Kraftfahrtbundesamt gibt zunächst wenig Aufschluss. Dort sind „Pkw mit offenem Aufbau" nämlich nicht in Verbrenner- und Elektromodelle untergliedert. Es fällt jedoch auf, dass sich die Gesamtzahl der Cabrios gar nicht so schlecht entwickelt: Waren im Jahr 2013 noch 1,9 Millionen derartige Fahrzeuge zugelassen, waren es Anfang 2022 bereits 2,2 Millionen. Allerdings: Bei den Neuzulassungen zeichnet sich ein starker Rückgang ab. 2013 kamen 80.770 neue Cabrios hinzu, 2020 aber nur noch 53.806 Fahrzeuge. Wobei sich natürlich die Frage stellt, ob es am mangelnden Interesse der Käufer liegt – oder am fehlenden Angebot.
Anruf bei Porsche: Warum hat der Hersteller, der seit Jahrzehnten Autos mit offenem Verdeck anbietet, keine E-Cabrios im Portfolio? Die Antwort kommt prompt. „Nur in ganz wenigen Regionen der Welt funktioniert dieses Segment noch", sagt Mayk Wienkötter, Pressesprecher für Elektro-Modelle bei Porsche. Vor allem in Deutschland, Großbritannien und an den Küsten der USA interessierten sich die Menschen für Cabrios. „Noch ist das genug, damit es sich für uns lohnt", sagt Wienkötter, bezogen auf die Verbrenner-Modelle.
In anderen Wachstumsmärkten, die auf E-Autos setzen, gehe die Nachfrage aber gegen Null. „In China ist die Luftverschmutzung zu stark, und in Australien ist es viel zu heiß", erläutert Wienkötter. Das sei der Grund, warum Porsche bisher kein derartiges E-Auto im Angebot habe. Doch ganz aufgeben müssen Frischluft-Fans noch nicht: „Bis Mitte des Jahrzehnts wird es wieder ein Cabrio bei uns geben", verspricht Wienkötter. Konkret geht es um den „Boxster" und den „Cayman", die in einigen Jahren als E-Cabrio auf den Markt kommen.
Andere Hersteller bleiben vage oder schließen neue Modelle gleich ganz aus. Audi spricht von einem „kontinuierlichen Rückgang der Nachfrage" in den ehemals wichtigen Cabrio-Märkten. Man wolle sich daher in den nächsten Jahren vor allem auf Limousinen und SUV konzentrieren.
Zurückhaltung auch bei VW: Zwar hatte das Unternehmen im vergangenen Jahr selbst das Bild eines dachlosen ID.3 ins Internet gestellt. Gebaut wird dieser aber nicht. „Wir wollten zeigen, dass unsere Plattform dazu in der Lage ist", sagt VW-Sprecher Jochen Tekotte. „Die Reaktionen waren auch durchweg positiv. Aber nur weil bei Instagram die Daumen nach oben gehen, gibt die Vertriebsabteilung noch kein Okay." Das Volumen müsse stimmen. Die Zulassungszahlen ließen aktuell aber nur einen Schluss zu: „Das ist eine Nische."
Ganz ähnlich verhält es sich bei der Volvo-Tochter Polestar. Anfang des Jahres stellte die Firma mehrere Videos und Fotos ins Netz, die einen Flitzer mit Klappdach und eingebauter Drohne zeigen. Der „O2" solle Nachhaltigkeit und Spaß verbinden, heißt es auf der Webseite. Polestar-Chef Thomas Ingenlath äußert sich sogar persönlich zu der vorgestellten Studie: „Die Zukunft der Sportwagen ist elektrisch." Diesen Sommer nun die Bestätigung: „Aufgrund der überwältigenden Resonanz […] haben wir uns entschlossen, die O2-Studie als Serienfahrzeug zu produzieren", frohlockt der Autobauer. 2026 soll das Hardtop-Cabrio unter dem Namen Polestar 6 auf den Markt kommen. Eines verrät der Hersteller schon mal: Der Flitzer schafft es in 3,2 Sekunden von null auf 100 km/h.
Cabrios cruisen auf der Landstraße
Die Zurückhaltung aus der Auto-Industrie könnte noch mit einem weiteren Grund zu tun haben: dem Luftwiderstand. „Dieser hat Auswirkungen auf die Reichweite", erklärt Andreas Wagner, Inhaber des Lehrstuhls für Kraftfahrwesen an der Uni Stuttgart. Bei offenem Verdeck erhöhe sich der Luftwiderstand um zehn bis 15 Prozent. „Allerdings fahren Cabrios in der Regel nicht so schnell", schränkt Wagner ein. „Die cruisen eher auf der Landstraße und verbrauchen dadurch weniger." Deshalb sei er skeptisch, ob es sich beim Luftwiderstand um das einzige Kriterium handle. „Vielleicht ist es tatsächlich eine Sache von Angebot und Nachfrage."
Wer dringend ein E-Cabrio sucht, hat aktuell also nur zwei Möglichkeiten: Entweder einen der beiden Kleinwagen kaufen, die mit offenem Verdeck erhältlich sind (Fiat, Smart). Oder Gebrauchtwagen-Börsen durchstöbern. Mit etwas Glück findet man dort noch einen Citroën e-Méhari. Der elektrische Buggy wurde von 2016 bis 2019 gebaut, kostet um die 20.000 Euro (plus Batterie-Miete) und kommt mit einer Ladung zwischen 100 und 200 Kilometer weit. Deutlich mehr Angebote gibt es für den Tesla Roadster. Er kostet gebraucht zwischen 100.000 und 250.000 Euro und dient wohl eher als Sammlerstück.
Oder doch lieber auf den Nachfolger warten? Dieser soll 2023 auf den Markt kommen und kann jetzt schon reserviert werden – solange man eine Anzahlung von 43.000 Euro leistet.