Lange gab es Gerüchte um einen Abschied von Maodo Lô, doch der Leistungsträger bleibt Alba Berlin erhalten. Der Point Guard glaubt, dass er sich beim Meister noch weiterentwickeln kann.
Kurz vor dem Startschuss der Heim-Europameisterschaften in Köln und Berlin räumten auch die deutschen Medien dem Basketball etwas mehr Platz ein. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" zum Beispiel widmete einem Spieler ein großes Porträt, und dieser Spieler hieß nicht Dennis Schröder. Von dem NBA-Profi ist allseits bekannt, dass er schnell auf den Beinen ist, auf Bling-Bling steht und in den sozialen Medien gern protzt. „Der Spiegel" verabredete sich mit einem anderen Nationalspieler zum ausführlichen Gespräch. Mit jemandem, der das DBB-Team ebenfalls als Anführer möglichst zum Titel führen sollte und von dem die breite Öffentlichkeit bislang relativ wenig weiß: Maodo Lô.
Mediale Wahrnehmung steigt
Er sei der aktuell „wohl beste deutsche Basketballspieler außerhalb der NBA", heißt es in dem Artikel – und das ist sicher nicht komplett übertrieben. Der Profi von Meister Alba Berlin hat eine herausragende Saison hinter sich, vor allem in der Euro League trumpfte der gebürtige Berliner auf. Am Kräftemessen mit den Topstars in Europa schien Lô zu wachsen, in fast allen wichtigen Statistiken taucht sein Name vorne auf. Seine Dreipunktewurf-Quote von 44,4 Prozent war sogar phänomenal. Und auch in der Vorbereitung auf die EM glänzte der Point Guard mit Übersicht und Treffsicherheit. Lô sei in den vergangenen Jahren ein „eindeutig besserer Spieler geworden", Lobte Bundestrainer Gordon Herbert. Bei Alba haben sie das natürlich auch registriert. „Man ist froh, ihn im eigenen Team und nicht als Gegenspieler zu haben", sagte Teamkollege Louis Olinde, und Kapitän Luke Sikma ergänzte: „Maodo macht manchmal Dinge, da stockt einem der Atem."
So wie beim ersten Finalspiel 2021 gegen Erzrivale Bayern München. Beim Stand von 80:82 verlor Kapitän Sikma kurzzeitig die Nerven, er wusste keinen Ausweg. „Ich war in Panik", wie er dem „Spiegel" verriet. Seine Lösung des Problems? Maodo Lô. Er rief ihm in derber Sportlersprache zu: „It’s your fucking time now!" (Jetzt bist du dran). Nach neun Punkten in Folge für Lô gewinnen die Berliner doch noch das hart umkämpfte Final-Auftaktmatch und küren sich später zum Meister.
Lô nehme bei Alba mittlerweile „eine Schlüsselposition" ein, erklärte Sportdirektor Himar Ojeda: „Maodo kann jetzt Spiele dominieren." Und zwar nicht auf die egoistische Art, sondern auf die effektive. Der Instinkt-Basketballer will nicht nur persönlich glänzen, sondern vor allem das Beste für das Team herausholen. „Das ist die Art Spieler, die er sein kann", meinte Ojeda, „wir wollen, dass er dies hier in Berlin weiterentwickelt." Gerüchte über einen Abgang gibt es in jedem Sommer, seit Lô 2020 aus München in seine Heimstadt zurückgekehrt war. So auch in diesem Jahr, als vor allem aus Spanien Gerüchte über starkes Interesse der Topclubs für Nervosität bei Alba gesorgt haben. Auch den NBA-Scouts sind die starken Leistungen des einstigen US-College-Spielers, der im Eins-gegen-eins mit seinen Crossover-Dribblings so stark aufdrehen kann und im Face-up-Spiel so nervenstark ist, nicht verborgen geblieben.
Lô haderte lange mit sich, ob er in Berlin bleiben und dem vierten Meistertitel in Folge nachjagen soll. Oder ob er lieber ein neues Abenteuer starten und für eine mögliche Weiterentwicklung – sportlich wie menschlich – seine Komfortzone in Berlin verlassen möchte. Im Urlaub in Südfrankreich fiel dann die Entscheidung für Berlin, wie er im „Spiegel"-Porträt verriet. Der Club reagierte darauf auf Twitter mit einer Nachricht: „Wir freuen uns auch sehr, dass Maodo Lô weiter in Berlin bleibt." Sein Vertrag beim Hauptstadtverein läuft im kommenden Sommer aus, dann kann der weltoffene Profi immer noch einen neuen Lebensabschnitt starten. Noch aber hält ihn zu viel in Berlin. „Es ist sehr schön für mich, in meiner Heimatstadt, bei meiner Familie und Freunden zu sein", sagte der 29-Jährige.
Seine Mutter ist eine bekannte Malerin
Vor allem die Nähe zu seiner Mutter Elvira Bach ist ihm wichtig. Bach ist eine bekannte Malerin. „Hundertprozentig gibt es mehr Menschen, die meine Mutter kennen, als mich", sagte Lô einmal. Seine Mutter hat kaum Ahnung vom Sport, aber dass ihr Sohn einmal Basketball spielen wird, das konnte sie nur schwer übersehen. Als Kind jagte der kleine Maodo dem Basketball in der Wohnung stets hinterher. „Wenn ich nur an den Lärm in der Wohnung denke", sagte Bach einmal rückblickend. „Er hat auf dem Parkett in der Wohnung gedribbelt, er konnte vom Basketball nicht lassen." Seine Leidenschaft für das Spiel war sogar so groß, dass Lô seine Karriere quasi von alleine und ohne große Hilfe aufgezogen hat.
Der Sohn von Bach und dem senegalesischen Vater Alioune Lô begann erst spät, im Verein Basketball zu trainieren. Gelernt hatte er das Spiel da bereits auf der Straße, im Käfig, und später auf dem College in den USA. Das prägte ihn – und diese Art des Basketballs versperrte ihm damals den Weg in die Junioren-Nationalmannschaften. „Mein Spielstil wurde früher nicht so anerkannt in Deutschland", sagte Lô. Das sei einer der Gründe gewesen, „warum ich damals nie so die Anerkennung bekommen habe". Doch Lô wollte es allen beweisen – ohne mit dem Strom mitzuschwimmen. „Man muss eine gewisse Leidenschaft haben und darf sich nicht vom Weg abbringen lassen", sagte er, „dann hat man eine Chance". Natürlich habe es ihm „wehgetan", dass er als Jugendlicher von den Auswahlmannschaften übersehen worden war. Aber Aufgeben war keine Option für ihn. „Die Leidenschaft war größer."
Diese Leidenschaft zeigt Lô auch in fast jedem Match. Seine Spielfreude wirkt auf die Kollegen im Verein und in der Nationalmannschaft ansteckend. Vor allem das System in Berlin, wo Trainer Israel Gonzàlez einen flexiblen Basketball mit individueller Freiheit für jeden Einzelnen spielen lässt, passt perfekt zum Instinkt-Basketballer Lô. Auch deshalb schlug er Angebote anderer Clubs aus – auch wenn ihm diese mehr Geld gebracht hätten. „Geld ist schon wichtig, aber nicht das Wichtigste", sagte er der „Berliner Morgenpost". „Ich habe schon mehrere Male Angebote abgelehnt, die um einiges lukrativer waren. Auch in diesem Sommer." Wenn andere Spieler dem Lockruf des Geldes folgen – wie es auch in Berlin in den vergangenen Jahren immer wieder geschehen ist – verurteilt Lô das nicht. „Jeder Spieler muss seinen eigenen Kontext, sein eigenes Umfeld in die Entscheidung einbeziehen." Lô ist trotz aller Individualität ein Teamspieler durch und durch, das bestätigt Albas Geschäftsführer Marco Baldi: „Maodo trägt Freundlichkeit, Respekt und Höflichkeit in sich." Auf dem Parkett aber, betonte Teamkollege Sikma, sei Lô „ein Killer". Kaltschnäuzig, gnadenlos im Abschluss, erfolgsbesessen. „Sich weiterhin zu verbessern, ist immer eine Priorität", sagte der Nationalspieler: „Ich will meine Leistung steigern, immer besser spielen." Und noch könne er das in Berlin. „Ich habe gesehen: Hier kann ich einen Leistungsschub hinbekommen." Auch in der kommenden Saison wolle er mit Alba „einen weiteren Schritt" nach vorne machen.