Der Titel des Theaterstücks von William Shakespeare „Wie es Euch gefällt" lässt sich perfekt auf die schier unglaubliche Vielfalt der Damenmode-Kreationen übertragen.
Schon ziemlich erstaunlich, dass ein schlichtes und auch zeitloses Basic-Teil diesen Winter in den Rang eines Trends in der Damenmode erhoben wurde. Noch dazu ein Teil, das noch immer seine Herkunft aus der funktionalen Männergarderobe nicht verbergen kann. Es wäre jedoch fatal, aus der Tatsache, dass das weiße Tank-Top zu einem neuen Must-have aufsteigen konnte, den Schluss zu ziehen, dass die Damenmode in der Wintersaison in Richtung Minimalismus unterwegs sein könnte. Ganz im Gegenteil: Die Mode auf den Schauen von New York bis Paris hatte sich in einer geradezu opulenten Vielfalt präsentiert – von Ultra-Femininem wie selbstbewusster Transparenz und pfiffigen Korsett-Bustier-Kreationen bis hin zu kommod-weitgeschnittenen Business-Outfits. Außerdem gab es jede Menge Oversized-Teile wie Jacken, Blazer oder Mäntel mit Powerschultern zu sehen. Hier war zudem der weitere Vormarsch der Y2K-Ästhetik mit Inspirationen aus den Nullerjahren und des modernisierten Schulmädchen-Looks unübersehbar. Außerdem dominierten Knallfarben wie Violett oder Rot auf den Laufstegen. Darauf können sich die Damen freuen:
Kostüme: Die Rock-Anzüge erfreuen sich offenbar wieder größerer Beliebtheit, weil sie die allmorgendliche Kleiderwahl sehr erleichtern können. Für Inspirationen einfach mal bei Labels wie Prabal Gurung oder Óscar de la Renta vorbeischauen.
Micro-Röcke: Auch während der kalten Jahreszeit wollen viele Designer auf die ultraknappen Minis, von plissierten Modellen bis hin zu Leder-Versionen, nicht verzichten. Typische Beispiele: Miu Miu, Diesel, Roberto Cavalli oder Courrèges. Natürlich sind die ultrakurzen Modelle einer der Favoriten der Y2K-Fraktion beziehungsweise der Generation Z, die die XXS-Röcke zu bauchfreien Oberteilen nach dem Vorbild von Maddy und Cassie aus der HBO-Serie „Euphoria" zu tragen pflegt.
Ultraknappe Miniröcke
Y2K-Looks: Die Micro-Röcke finden in Kombination mit bauchfreien Oberteilen ihre Entsprechung in tiefsitzenden Hosen, vorzugsweise Jeans, wodurch die (gelegentlich auch nur als Trompe-l’œil auftretenden) Dessous bestens zur Geltung kommen können. Alles im Sinne von „verspielt sexy", wozu auch viel Transparenz beiträgt. Als Spezialisten für dieses Outfit haben sich Supriya Lele, 16Arlington oder Nensi Dojaka längst einen Namen gemacht.
Maxiröcke: Der Maxi ist im Sommer 2022 auf die Fashion-Bühne zurückgekehrt und bleibt auch in der aktuellen Wintersaison bei Marken wie Peter Do, Tod’s oder Altuzarra weiter angesagt. Wenn es nach Prada oder auch Chanel und Victoria Beckham geht, so könnten auch Midiröcke in Gestalt der Bleistiftröcke wieder ein Thema werden.
Biker-Look: Die im vergangenen Sommer zurückgekehrten Bikerjacken bleiben en vogue. Schöne Modelle gibt es von Miu Miu, Versace oder Loewe. Aber daneben tauchen auch andere Teile aus der Motocross-Garderobe wie Handschuhe oder ganze Leder-Ensembles auf –
zum Beispiel Alexander McQueen.
Weißes Tank-Top: Man nehme ein klassisches Basic-Teil und füge einfach das wohlbekannte Logo des Hauses bei. Fertig ist ein neuer Bestseller, wie es Prada bei seinem schlichten weißen Tank-Top vorgemacht hat. So clever waren die andere Labels (Givenchy, Brandon Maxwell oder Bottega Veneta) zwar nicht, aber auch ihre Logo-freien Versionen des simplen Oberteils wurden in den sozialen Medien gefeiert.
Smoking: Ein prominenter Abendmode-Trend. In klassischer Anzug-Variante bei Burberry, Dior oder Tommy Hilfiger. In femininer Umwandlung als Kostüm bei Alexander McQueen und als Smokingkleid bei Saint Laurent.
Babydolls: Der Kleid-Klassiker mit weiten Silhouetten, Puffärmeln und Mini-Säumen konnte auf den Laufstegen wieder häufiger registriert werden, beispielsweise bei Cecilie Bahnsen oder Simone Rocha.
Staubmäntel: Mäntel in Überlänge, die gleichsam über den Boden streifen, zählen diesen Winter zu den absoluten Outerwear-Hits. In Leder von Altuzarra, in glänzendem Design von Khaite.
Schulmädchen-Chic: Die Collegejacken waren offenbar nur der Auftakt. Inzwischen haben die Designer den Schulmädchen-Look durch Zugabe von stilistisch dazu Passendem wie weißen Hemden, Krawatten, Peter-Pan-Krägen, plissiert-karierten Kilts, Loafern, Socken, Wollstrümpfen, blickdichten Strümpfen in bunten Farben, Röcken oder auch Blazern ergänzt.
Sport-Chic: Nachdem Athleisure eine Verschnaufpause eingelegt hat, läutete die gelungene Kooperation zwischen Gucci und Adidas diesen Winter ein Sport-Comeback in der Mode ein. Leder-Pieces mit Motorsport-Elementen bei Dior, Fußballerisches mit Schals bei David Koma und Trikots bei Off-White, gewohnt Pferdesportliches bei Hermès oder Inspirationen aus der Tenniswelt bei Miu Miu (beispielsweise weiße Minis oder Tennis-Leibchen). Besonders gelungen sind auch die Strickjacken im Trainingsanzug-Stil von Tory Burch.
Bomberjacken: Mit dem ursprünglichen Jet-Fighter-Blouson haben die neuen Modelle nur noch wenig gemein. Den Klassiker gibt es von Coach aus Shearling. Céline entschied sich für eine College-Variante. Versace verpasste der Jacke eine Umhang-ähnliche Armlösung. Loe- we brachte eine gepufferte Version ins Spiel. Für Longblousons dürften Dior und Isabel Marant die erste Wahl sein.
Motorsport-Elemente
Schwarzer BH als Top: Was für Mutige, die auf Hemd oder Bluse als Oberteile verzichten und stattdessen nichts weiter als einen schwarzen BH anziehen möchten, wie es Khaite, Coach oder Jonathan Simkhai bei ihren Models auf dem Catwalk vorgemacht haben.
New Sexiness: Passend zum BH-Chic setzen manche Labels wie Fendi, Miu Miu, Bottega Veneta oder Simone Rocha weiterhin auf hauchdünne und transparente (Abend-) Kleider, unter denen die Unterwäsche bestens präsentiert werden kann.
Bustiers/Korsetts: Bustier-Tops, die mit Jeans oder zum Rock kombiniert werden, sind diesen Winter fester Bestandteil der Ausgeh-Garderobe. Elegantere Varianten die, beispielsweise von Proenza Schouler oder Tibi, neben Bustiers auftauchen, haben durch Details wie Lederriemen oder Metallic-Ösen einen BSDM-Touch (Balmain oder Dior). Die Korsagen wurden als dekoratives Element auf den Laufstegen häufig über geradezu pompösen Ballkleidern getragen.
Catsuits: Sie waren einer der Eyecatcher bei einer ganzen Reihe von Schauen, weil sich das Material der häufig in Schwarz gehaltenen Catsuits wie eine zweite Haut über den Körper der Models gelegt hatte. Dior setzte auf Leder, Stella McCartney war mit einer Strickversion zur Stelle, andere Marken wie Schiaparelli oder Balmain boten eher futuristisch anmutende Kreationen, während Carolina Herrera ein floral gemustertes Exemplar vorgestellt hatte.
Leggings mit Schlagseite: Mal eine neue Variante der Schlaghosen: Einige Labels wie Nensi Dojaka, Poster Girl oder 16Arlington sind auf die Idee gekommen, ausgestellte Leggings zu entwerfen.
Leder: Kein anderes Material war bei den Labels offenbar beliebter als Leder. Ganzleder-Looks zeigten Saint Laurent, Tod’s, Bottega Veneta oder Khaite. Eine der meist fotografierten Kreationen war ein rosafarbener Leder-Trenchcoat von Prada.
Kunstpelz: Sie sind von Echtpelzen kaum mehr zu unterscheiden. Balmain und Coperni haben wunderschöne, bodenlange Mäntel entworfen, während sich Balenciaga für eine wadenlange Coat-Variante entschieden hat.
Lammfell: An Jacken (Prada) oder Mänteln (Chanel) aus diesem wärmenden Material führt diesen Winter kein Weg vorbei.
Comeback der Hobo-Tasche: Unter den Handtaschen feiert die beutel-förmige Hobo-Bag
mit dem charakteristischen Schulterriemen ein Revival und taucht daher bei großen Häusern wie Gucci, Miu Miu, Givenchy, Louis Vuitton, Bottega Veneta oder Emporio Armani in den neuen Kollektionen auf. Sie zeichnet sich durch den Knautscheffekt aus und fällt beim Abstellen leicht in sich zusammen.
Schuh-Trends: Schuhe aus Lackleder sind eine der Überraschungen der neuen Saison (Miu Miu bis Fendi). Und es wird wieder zunehmend auf Spitze geachtet, vor allem in der Gestaltung der neuen Stiefel. Hier bleiben die Overknees nach wie vor mega angesagt (von Balenciaga bis Isabel Marant). Ansonsten das Übliche – von derben Boots über wieder deutlich höhere Plateau-Schuhe bis hin zu Loafern, Wedges, Mary Janes, Cowboy-Stiefeletten oder Ballerinas.
Federn: Feder-Details verleihen jedem Look eine Zusatzportion an Glamour. Vor allem in Paris waren wieder mal gefiederte Details zu bewundern, wobei Balmain sogar ein Business-Outfit damit aufgehübscht hatte. Elie Saab schmückte extravagante Kleider mit Gefiedertem.
Schleifen: Als ultimatives, feminines Statement-Piece konnten Schleifen an Kleidern von Jason Wu, Valentino oder Schiaparelli gesichtet werden.
XXL-Fransen: Kleiner Fransenschmuck war gestern, stattdessen gehen Erdem, Stella McCartney oder Halpern mit XXL-Fransen in die Vollen.
Bling-Bling: Klamotten mit Paillettenschmuck oder Metallic-Glitter sind auch diesen Winter wieder ein fester Bestandteil aller Designer-Kollektionen. Schließlich ist wieder Party-Zeit.
Handschuhe: Lange Handschuhe waren früher fester Bestandteil eines Opernbesuchs, doch nun sollen sie bevorzugt in den Farben Pink und Schwarz nach dem Willen der Designer auch zu einem Party-Accessoire werden, wobei Leder-Teile (Schiaparelli oder Christian Serrano) besonders gefragt sein dürften. Allerdings gibt es daneben diesen Winter auch Ausgefallenes für die weiblichen Hände: Diors Lederhandschuhe erinnern an Schutzüberzüge von Falknern. Gucci hat in Zusammenarbeit mit Adidas eine sportive Variante entwickelt, die allerdings die Fingerkuppen freilässt.
Farbe des Jahres: Ultraviolett
Krawatten/Halstücher: Die Halsschnürer, die bei den Herren immer unbeliebter werden, haben sich inzwischen zu einem hippen Accessoire der Damenmode entwickelt. Auch die klassischen Halstücher, die in Hollywoods Glanzzeiten ein Must-have waren, haben wieder das Interesse der Designer gefunden (Chanel, Miu Miu oder Vivienne Westwood).
Hauben: Da wird frau natürlich sofort an die Sturmhauben namens Balaclava denken, die es tatsächlich nach wie vor in den Kollektionen gibt. Aber daneben haben die Designer kapuzenähnliche Hauben entwickelt, die direkt mit einem Oberbekleidungsstück verbunden sind und dabei den Kopf im Stile einer Sturmhaube umhüllen (Max Mara, Dolce & Gabbana).
Ultraviolett – die Farbe des Jahres: Da haben sich die Designer mal an die Vorgabe des Color-Spezialisten Pantone gehalten. Denn „Very Peri", Purpur oder „Ultra Violet", die Pantone-Farbe des Jahres 2022 (für 2023 ist „Digital Lavender" im Gespräch), wurde sehr häufig in den Kollektionen gesichtet (von Chanel über Stella McCartney bis hin zu Bottega Veneta).
Rot, Rot und Rot: Lange war die Farbe Rot nicht mehr so prominent auf den Laufstegen vertreten. Wobei Rot nicht nur bei den Kleidungsstücken (Loewe hatte als absolutes Highlight knallrote Riesenlippen als dekoratives Detail in eine Robe eingebaut) ins Auge sprang, sondern auch bei Schuhen oder weiteren Accessoires.