Die Diplomdesignerin Stefanie Weber ist erste Vorsitzende des Berufsverbands Handwerk Kunst Design Saar e. V. Demnächst stellt sie mit den Mitgliedern in einer Gemeinschaftsausstellung aus und zeigt ihre fantasievollen Figuren.
Frau Weber, Sie sind sowohl Mitglied im Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler, Landesverband Saarland e. V., als auch Mitglied im Berufsverband Handwerk Kunst Design Saar e. V. Unterscheiden Sie Kunst von Kunsthandwerk?
Ja und nein. Es gibt Schnittmengen – persönlich würde ich mich auch im Bereich dieser Schnittmenge einordnen. Es gibt durchaus Künstler, die ich „nur" als Künstler bezeichne, und Kunsthandwerker, die ich „nur" als Kunsthandwerker bezeichne – ohne dass diese Bezeichnung wertend gemeint ist. Ein Keramiker, der eine Vase töpfert, kann sein Werk als kunsthandwerkliches Produkt sehen, kann aber auch sagen, dass damit so viel Eigenkreation verbunden ist, dass das Werk über den reinen Nutzen einer Vase hinausgeht.
Sie sind seit einem Jahr erste Vorsitzende des Berufsverbands Handwerk Kunst Design Saar e. V. Welche Ziele verfolgen Sie?
Ich möchte den Verband, beziehungsweise seine Mitglieder, mehr in die Öffentlichkeit bringen. Die einzelnen Mitglieder waren durch die Beschränkungen wegen Corona doch sehr gebeutelt, weil vieles nicht mehr stattfinden konnte, wie das bislang der Fall war. Ich möchte dabei unterstützen, dass sie wieder Fuß fassen. Und ich möchte natürlich den Menschen, die sich für Kunst und Kunsthandwerk interessieren, die Möglichkeit geben, dass sie sich damit beschäftigen können – das geht nur, wenn wir uns auch zeigen.
Sie sind Diplomdesignerin und bezeichnen sich selbst als „Kleisterfee" und „Bildermalerin". Wie sind Sie darauf gekommen?
Ich mag es, Begriffe zu wählen, an denen man hängen bleibt. Künstlerin, das liest man und hakt den Begriff ab. Bei „Kleisterfee" bleibt man hängen und schaut vielleicht genauer hin.
Ja, ich schaue genauer hin und frage: Sie kreieren Figuren, die Sie als Ihre Kinder betrachten und mit Namen ausstatten …
Genau! (Interviewte und Interviewerin lachen)
Woher nehmen Sie die Inspiration für diese Charaktere?
Ich nehme sie nicht irgendwoher, die wird mir geschenkt. Wenn ich anfange, eine Figur zu machen, dann weiß ich, dass ich eine Figur von einer bestimmten Größe machen möchte, die entweder steht, sitzt oder liegt – dann fange ich an. Der Rest ergibt sich während des Tuns. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das ein viel beglückenderes Arbeiten ist, als im Vorfeld zu bestimmen: Das wird ein Schornsteinfeger oder was auch immer. Wenn ich zu Ihnen sage, die Figur sagt zu mir: Ich brauche eine rote Mütze, oder was auch immer, dann sagen Sie vielleicht: Die Frau Weber hat einen an der Klatsche. (Interviewte und Interviewerin lachen)
Einem Ihrer Wesen haben Sie ja sogar ein Buch, ein „Märchen für Erwachsene" gewidmet: „Raoul – Eine philosophisch-dadaistische Reise in das geheime Universum eines Kleistertopfes". Wer ist dieser Raoul?
Eine dieser Pappmaché-Figuren, die aus dem Kleister-Universum in unser Universum kommt. Raoul weiß zunächst nicht, wer er ist, ist mit sich unzufrieden und beginnt nachzufragen. Ich sehe das als Metapher. Es geht vielen Menschen so, zumindest in bestimmten Phasen ihres Lebens, dass sie sich selbst und alles hinterfragen. Raoul wird von verschiedenen Pappmaché-Figuren unterstützt, belehrt und mit sogenannten Kalenderblattweisheiten auf den vermeintlich richtigen Weg geführt. Zu lesen ist dies meist mit einem Augenzwinkern. Wobei auch der ein oder andere nachdenkenswerte Aspekt mit einfließt. Am Ende –
soviel sei schon hier verraten – findet Raoul aber sein Glück.
Ich weiß sogar, dass Menschen, die Ihre Figuren zu Hause platziert haben, diese wie Mitbewohner behandeln.
Ja, das weiß ich auch. (lacht) Ich habe sogar schon mal ein Foto von einer Figur, die gerade ein Geschenk bekommen hatte, zugesandt bekommen. Und ein anderes Mal hat jemand eine Figur, die er bei einer früheren Ausstellung erworben hatte, zur Vernissage mitgebracht und gemeint: „Ich habe den Paul mitgebracht, damit er seine Freunde wiedersehen kann." (Interviewte und Interviewerin lachen) Aber für mich ist es tatsächlich so, dass diese Figuren einen Charakter haben. Vielleicht, weil ich nicht mechanisch daran gehe, sondern genau schaue, was diese Figur braucht, um genau diesen Ausdruck zu bekommen. Vielleicht ist es die Seele – sage ich jetzt mal, um bewusst nicht das Wort Kunst zu benutzen –, die der Macher in seine Arbeit hineinsteckt. Ob das dann Kunst ist oder nicht, mögen bitte andere entscheiden. Ich finde, wenn jemand etwas mit dem Herzen macht, fließt das in die Arbeit ein. Das kann auch ein Kuchen sein. Und derjenige, der in den Genuss davon kommt, ob Kuchen oder Figur oder Bild, der bekommt davon etwas zurück. Ich glaube, die Menschen spüren das.
Der Berufsverband Handwerk Kunst Design Saar e. V. präsentiert demnächst eine Gemeinschaftsausstellung in Saarbrücken. Wie viele Ihrer 40 Mitglieder beteiligen sich, und ist diese Ausstellung eine Verkaufsausstellung?
Es beteiligen sich insgesamt 17 Künstler und Kunsthandwerker, und natürlich ist das auch eine Verkaufsausstellung. Wir zeigen ein breites Spektrum – das macht es ja auch so interessant, dass man so unterschiedliche Dinge sehen kann.
Sie beteiligen sich auch. Welches neue Wesen stellen Sie dort vor?
Das weiß ich noch nicht genau. Ich denke über ein neues Buchprojekt nach, ein Paradies-Projekt. Dazu gehört ein Engel – bewusst ohne Engelsflügel, aber mit zwei Radioröhren auf dem Kopf, die, wer weiß, vielleicht als kosmische Verbindung dienen. Er heißt Eloy – hat mir seinen Namen also schon verraten. (Interviewte und Interviewerin lachen) Aber ich weiß nicht, ob er mitkommt: Wer weiß, wer bis dahin noch geboren wird!