Ressourcen schonen durch Weiterverwendung. Gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen und ein Angebot für Menschen mit begrenzten Mitteln. Der Soziale Kaufladen Köllerbach zeigt, wie sich unterschiedliche Ziele nachhaltig ergänzen.
Freitag kurz vor der Mittagszeit herrscht einiges Gedränge an der Kasse. Kunden stehen mit vollgepackten Taschen in einer kleinen Schlange. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist allerdings der Ort: der Soziale Kaufladen Köllerbach.
Regale, Tische und Auslagen sind vollgepackt mit so ziemlich allem, was im Haushalt benötigt wird. „Damenbekleidung geht sehr gut, auch Kinderkleidung", erläutert Bärbel Weber. Die Leiterin dieses besonderen Kaufhauses zeigt auf die große Abteilung mit Klamotten aller Art, von Babystrümpfen und Pullis über Hemden und Regenjacken bis hin zu Schuhen. Die Abteilung ist gut sortiert. Alles tipptopp. Alles aus zweiter Hand. Nur kein klassischer Secondhandladen. Was sich leicht an den Preisen ablesen lässt. Was hier an Kleidung angeboten wird und so begehrt ist, wäre unter anderen Umständen mit großer Wahrscheinlichkeit in der Tonne und auf dem Müll gelandet. „Die ganzen Artikel, die uns als Spende angeboten werden, veräußern wir zu geringen Preisen weiter", betont Bernd Eichmann, Betriebsleiter der Erwerbslosenselbsthilfe Püttlingen (ESH), zu der das Sozialkaufhaus gehört. Die ESH ist ein gemeinnütziger Bildungsträger, der Qualifizierung, Weiterbildung und Beschäftigung für Menschen anbietet, die andernfalls kaum Chance auf eine festangestellte Beschäftigung hätten, gefördert vom Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit, dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und unterstützt von der Stadt Püttlingen.
Die Konstruktion zeigt, dass hier viele Aspekte in einem Projekt zusammenkommen, die unter verschiedenen Aspekten ineinandergreifen.
Ökologisch und sozial nachhaltig
Was im Sozialen Kaufladen angeboten wird, ist zunächst einmal dem Schicksal entgangen, unnötigerweise auf dem Müll zu landen. Die viel gefragte Kleiderabteilung wird von Spenden gefüllt. „Sehr viele bringen ordentliche Sachen, wenn jemand verstorben ist, manche Leute bringen die Kleider auf dem Bügel, andere stopfen sie in Tüten. Dann hat unsere Hauswirtschaftsabteilung noch was zu tun. Die Sachen werden bei uns geflickt und gewaschen", erläutert Bärbel Weber. Vieles ist kaum getragen, nicht unbedingt für den Laufsteg geeignet, aber allemal vorzeigbar alttagstauglich.
Im Möbellager stehen die aufbereiteten Tische, Stühle, Sofas, überprüfte Haushaltsgeräte. Im Kaufhaus allerlei Küchengeschirr, auch ein großes Bücherregal, das erstaunlich großes Interesse findet, eine Abteilung für Kinder mit einer riesigen Plüschtierkiste, einer Spielecke –
wenn sich Mama oder Papa in Ruhe umsehen wollen – und einer Regalwand voller Spiele. Alle sorgfältig aufbereitet und kontrolliert. Bei Puzzles werden die Teile auf Vollständigkeit kontrolliert, betont Weber beim kurzen Rundgang.
Natürlich werden durch diese Art von Weiterverwendung Ressourcen geschont, was unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten an sich bereits ein Wert ist. Es ist aber nicht der einzige. Dahinter stehen auch soziale Aspekte und das gleich unter verschiedenen Gesichtspunkten.
Dort finden Menschen eine Beschäftigung, die auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum eine Chance hätten. Und die Kundschaft kann dort notwendige Dinge einkaufen, die sie sich in normalen Geschäften nur schwerlich leisten können. „Es kommen sehr viele alleinerziehende Mütter. Familien, wo man merkt, dass das Geld nicht so dicke da ist. Das sind nicht nur Sozialhilfeempfänger, sondern auch normale Familien, die finanziell nicht so stark sind", weiß Bärbel Weber zu berichten. Und gerade letztgenannte Gruppe nimmt in der Kundschaft offenbar erkennbar zu. Ebenso die Kundschaft im Seniorenalter. Das sichtbare Ergebnis einer Entwicklung, die aus einschlägigen Statistiken zur Armutsentwicklung bekannt ist. Parallel dazu steigt auch die Zahl der Flüchtlinge, die sich hier mit dem Nötigsten günstig eindecken können.
Ein Ort der Begegnung
Eine weitere aktuelle Entwicklung zeigt sich hier wie ein Frühwarnsystem: „In diesem Jahr merkt man: Die Leute geben weniger Kleidung ab als früher. Wir könnten beispielsweise noch Winterbekleidung gebrauchen", sagt die Leiterin. Grund dafür dürfte vermutlich nicht sein, dass die Spendenbereitschaft gesunken ist, sondern Menschen angesichts der Unsicherheiten Dinge möglicherweise selbst länger in Gebrauch haben.
Die gewachsene Kundschaft zieht noch eine weitere Folge als Nebeneffekt nach sich. Das Sozialkaufhaus hat sich, auch teilweise mit einer Art Stammkundschaft, zu einem Ort der Kommunikation entwickelt. Man kennt sich, tauscht sich aus. Der Soziale Kaufladen sei „mittlerweile schon eine kleine Institution, es ist ja auch in gewisser Weise sozialer Treffpunkt", bestätigen Bärbel Weber und Bernd Eichmann. In Zeiten, in denen immer mehr kleine Geschäfte verschwinden und damit auch die Gelegenheiten zu solchen Begegnungen, ist das ein vielleicht nicht zu unterschätzender Aspekt.
Möglich ist ein solches Projekt eben nur durch entsprechende Förderungen der Jobagentur, durch europäische Fördergelder und die Unterstützung der Kommune. Förderprogramme stehen immer mal wieder zur Diskussion, werden neu zugeschnitten, bekommen andere Namen, am Ende geht es aber wieder um gleiche Ziele. Von den sozialen und Nachhaltigkeitseffekten profitieren am Ende aber alle: Beschäftigte, Kundschaft, die Kommune und nicht zuletzt eben auch die Umwelt durch ressourcenschonende Weiterverwendung von Möbeln oder Textilien.