„Spieler des Monats" in der besten Handball-Liga der Welt – das ist schon was. Der Saarländer von der HSG Wetzlar gehört inzwischen zu den besten Rechtsaußen in Deutschland.
Lars Weissgerber ist sichtlich gut gelaunt: „Ich kann mich nicht beschweren, der Saisonstart ist für mich persönlich ganz gut gelaufen", sagt der Handballer und grinst schelmisch. Der 25-Jährige von Bundesligist HSG Wetzlar hat gut lachen: Er wurde vor Kurzem zum „Spieler des Monats September" gewählt. Dabei setzte sich der gebürtige Saarländer mit fast der Hälfte aller abgegebenen Stimmen (49,1 Prozent) gegen namhafte Konkurrenz durch und verwies Magnus Saugstrup vom Deutschen Meister SC Magdeburg (35,4 Prozent), Dominik Mappes (VfL Gummersbach, 5,4 Prozent), Tomas Mrkva (THW Kiel, 3,8 Prozent), Eric Johansson (THW Kiel, 3,4 Prozent), Mathias Gidsel (Füchse Berlin, 2,4 Prozent) und Marcel Schiller (Frisch Auf! Göppingen, 0,6 Prozent) auf die Folgeplätze. „Dass ich gewählt wurde, war auf jeden Fall eine coole Sache und ist eine tolle Auszeichnung", sagt Linkshänder Lars Weissgerber: „Man konnte sehen, dass meine Nominierung für die saarländische Handball-Familie etwas ganz Besonderes war. Es ist unfassbar, wie viele Saarländer für mich abgestimmt haben und dass ich mit einem so großen Vorsprung Erster geworden bin. Das hat mich stolz gemacht."
Grundlage der zur Fan-Wahl vorgeschlagenen besten Sieben ist der „Handball Performance Index" (HPI), der auf der Expertise einer hochkarätig besetzten Arbeitsgruppe basiert. Mit einem durchschnittlichen HPI von 76 wies Weissgerber im September den höchsten Wert seiner Position auf. Dieser Wert kam zum einen durch seine hohe Trefferanzahl (35 Tore in sechs Spielen) zustande, zum anderen aufgrund der durchschnittlichen Erfolgsquote, die mit 81,4 Prozent hervorragend ist. Der Rechtsaußen zeigte in allen Spielen im September eine überragende Leistung und überzeugte vor allem als Torschütze. Zweimal sogar mit einer 100-prozentigen Trefferquote. Vom Siebenmeter-Strich verfehlte von 19 Strafwürfen nur einer das Ziel.
„Im Moment läuft es halt ganz gut"
„Einen Durchbruch würde ich es nicht nennen, ich sehe es eher als Ergebnis des Prozesses, den ich in der Bundesliga bisher durchgemacht habe", sagt Weissgerber zur seiner starken Formkurve: „Ich habe mit der Zeit immer mehr Spielzeiten bekommen und im Moment läuft es halt ganz gut." 2018, im Alter von 21 Jahren, wechselte „Whity" von Zweitliga-Absteiger HG Saarlouis nach Wetzlar. Seine Rolle war klar: Als zweiter Mann auf der Rechtsaußen-Position sollte er behutsam zur perspektivischen Nummer eins aufgebaut werden. „Ich glaube, so hat es sich auch entwickelt", stellt der Saarländer zaghaft fest. Neben konstanter Weiterentwicklung hat er diesen Erfolg auch weitgehender Verletzungsfreiheit zu verdanken. Zu Beginn seiner Zeit beim Bundesligisten brach er sich zwar den Fuß und fiel drei Monate lang aus. Doch seit seiner Genesung blieb er von weiteren schweren Verletzungen verschont. Eine geplante Bilderbuch-Karriere, könnte man meinen. „Das würde ich so nicht sagen. Es war schon eine große Umstellung für mich", merkt Weissgerber an und erklärt: „Ich wusste anfangs, dass ich nach meinem Wechsel nicht so oft spielen werde. Aber wenn man aus einem familiären Umfeld wie dem der HG Saarlouis kommt und dort quasi gesetzt war, ist das schon schwierig und mental belastend, wenn man erst mal gar nicht spielt." Doch diese Belastung hat ihn nicht resignieren lassen, sondern stärker gemacht, wie er mittlerweile weiß: „Ich habe mich dem Niveau Stück für Stück angepasst und jetzt fühlt es sich für mich normal an." Das Umfeld machte es ihm leicht, menschlich hatte er sich in Hessen von Anfang an wohlgefühlt. Die vollzogenen Entwicklungsschritte kamen auch durch einen steten und engen Austausch mit dem Verein zustande und machten aus dem Talent einen gestandenen Erstligaspieler, der noch 2024 bei der HSG unter Vertrag steht.
Als er vor vier Jahren in Wetzlar anheuerte, war Weissgerber noch Student. Seit einem Jahr hat er den Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften (Schwerpunkt: Finance Accounting) in der Tasche und kann sich als Vollprofi auf seine Handballkarriere konzentrieren. Die Corona-Pandemie hat ihm dabei in die Karten gespielt. Dadurch, dass viele Veranstaltungen online durchgeführt wurden, fiel ihm die Kombination mit dem Leistungssport etwas leichter als im „Normalbetrieb". Doch die Pandemie hat auch anderweitig Spuren hinterlassen. „Auf die Spiele in leeren Hallen hätte ich auch verzichten können. Man hat auf dem Feld von jedem jedes Wort verstanden und das war nicht gerade cool", blickt er zurück und ergänzt: „Umso schöner, dass die Hallen seit einiger Zeit wieder voller werden und dass auch die Stimmung zurückgekehrt ist."
Weissgerber will seine beste Bundesliga-Saison spielen
Apropos zurückkehren: Auf Heimatbesuch ist der 25-Jährige immer mal wieder. Alle ein bis zwei Monate ergibt sich durch Spielpausen die Gelegenheit, in der alten Heimat vorbeizuschauen und Familie und Freunde zu besuchen. Natürlich schaut er bei Gelegenheit auch mal bei seinem früheren Verein in Saarlouis vorbei. Vor allem mit Tom Paetow und Wladimir Kurotschkin, mit denen er schon in der Jugend zusammengespielt hat, tauscht er sich regelmäßig aus. „Natürlich bleibt das Saarland meine erste Heimat, mit der ich ja auch immer noch verbunden bin", stellt er klar, gibt aber auch zu: „Aber Hessen ist für mich schon so etwas wie eine zweite Heimat geworden. Ich bin ja schon seit über vier Jahren hier – das ist schon eine lange und prägende Zeit."
Eine Zeit, in der er sich nicht nur zum Stammspieler, sondern auch auf den Zettel von Bundestrainer Alfred Gislason gespielt hat. „Ich fokussiere mich nicht auf die Nationalmannschaft, sondern will weiter mit dem Verein Punkte holen und meine Leistung bringen. Alles andere kommt dann ganz automatisch", sagt Weissgerber. Der frühere Jugend-Nationalspieler weiß, woran er noch arbeiten muss: „An der Konstanz. Wenn ich mal einen schlechten Tag erwischt habe, dann muss ich das Spiel okay über die Bühne bringen und nicht komplett abreißen lassen", erklärt er selbstkritisch, „darauf konzentriere ich mich derzeit am meisten. In Absprache mit dem Trainer arbeite ich aber auch an Details, um mein Abwehrspiel zu verbessen und meine Flexibilität zu erhöhen."
Darüber hinaus hat sich der 25-jährige Saarländer klare persönlichen Ziele gesetzt: mehr Tore als in den Vorjahren erzielen und die Trefferquoten weiter verbessern. „Ich will einfach meine beste Bundesliga-Saison spielen", sagt er. Clever, denn diese Zielsetzung kann er jährlich aufs Neue verwenden. Gelingt ihm dies, werden die Argumente für die Berufung zu einem A-Länderspiel immer stärker.