Mit dem sicheren Einzug in die Play-offs um die Deutsche Meisterschaft haben die Köllerbacher Bundesliga-Ringer ihre Pflicht vorzeitig erfüllt. Das nächste Ziel lautet: Tabellenführung verteidigen. Dann: Meisterschaft?
Die Teilnahme an den Play-offs ist den Bundesliga-Ringern des KSV Köllerbach nicht mehr zu nehmen. Mit dem 24:6-Erfolg am vergangenen Samstag im Heimkampf gegen das punktlose Tabellenschlusslicht RKG Freiburg ist der KSV nicht mehr von einem der drei obersten Tabellenplätze in der Gruppe West zu verdrängen. Mehr noch: Durch das 14:14 des ASV Mainz 88 gegen den TuS Adelhausen haben die Köllerbacher sogar die Tabellenführung in der Bundesliga West übernommen. Die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft beginnt am 7. Januar. Mit drei Siegen aus den verbleibenden drei Kämpfen kann der KSV als Gruppenprimus einsteigen: Am kommenden Samstag sind die Köllerbacher Ringer bei den Red Devils Heilbronn zu Gast und eine Woche später beim ASV Urloffen. Zum Rundenfinale kommt am 17. Dezember Verfolger ASV Mainz 88 in die Kyllberghalle. Die Finalkämpfe um die Deutsche Meisterschaft finden am 4. und 11. Februar statt.
„Wir haben bisher nichts zu beanstanden“, sagt Thomas Geid, Teamleiter Aktive beim KSV Köllerbach, zum bisherigen Saisonverlauf. Die einzige Niederlage aus elf von insgesamt 14 Kämpfen handelte sich der sechsmalige Deutsche Mannschaftsmeister beim Dauerrivalen und Vizemeister ASV Mainz 88 ein, an dem Köllerbach im Viertelfinale der Vorsaison knapp gescheitert war. Im letzten Hinrunden-Kampf Ende Oktober unterlag der KSV in Mainz mit 9:16. „Da sind wir auf eine sehr starke Mainzer Mannschaft getroffen. Wir haben gut gekämpft, aber letztlich hatten wir keine Chance und verdientermaßen verloren“, gibt Geid rückblickend zu. Mainz, das über einen auch in der Breite topbesetzten Kader verfügt, war nahezu in Bestbesetzung angetreten. Trotzdem: Die neun Punkte hatten sich die Köllerbacher in einer Partie auf hohem Niveau verdient. Eine Revanche im Rückkampf ist also durchaus im Bereich des Möglichen und hätte wohl auch eine entscheidende Auswirkung auf die Platzierung im Viertelfinal-Feld: Dadurch, dass Mainz nur einen Punkt hinter Köllerbach liegt, kommt es am letzten Wettkampftag in der Kyllberghalle wohl zum Showdown um den Spitzenplatz.
„Natürlich wäre es ein psychologischer Vorteil, als Tabellenführer in die Play-offs einzuziehen“, sagt Thomas Geid. Der Teamleiter warnt aber auch: „Freiburg war für uns ein Pflichtsieg. Die sind aber bei Weitem nicht selbstverständlich. Das haben wir in Nackenheim gesehen: Plötzlich tauchte dort in der 54 Kilo-Klasse ein Weltmeister auf, der vorher noch keinen Kampf bestritten hatte und wir haben letztlich nur knapp gewonnen“, erinnert Geid an den 18:17-Erfolg beim SV Alemannia Nackenheim. Vorsicht ist also geboten: Der kommende Gegner Heilbronn befindet sich in Topform. Und die „Roten Teufel“ hegen als Tabellendritter selbst noch berechtigte Ambitionen auf die Teilnahme an den Play-offs.
Das Pendel schlägt zwischen Weltklasse und Verletzungspech
Wie bei den bisherigen Ergebnissen hat der KSV auch in Sachen Verletzungspech während der laufenden Saison nur einen Rückschlag erlitten. Den aber gleich am ersten Wettkampftag der Liga: Gegen den KSV Witten in der heimischen Kyllberghalle kugelte sich Ahmed Bataev (bis 98 Kilo Freistil) bei einem unglücklichen Sturz auf den Unterarm den Ellenbogen aus. Der Notarzt konnte das Gelenk nach der Gabe entsprechender Medikamente noch vor Ort wieder richten. Später wurde Bataev erfolgreich operiert und nimmt inzwischen wieder am leichten Mattentraining teil. Schon im Jahr davor mussten die Köllerbacher früh in der Runde eine schwere Verletzung hinnehmen: Topathlet Peter Öhler (bis 130 Kilo griechisch-römisch) brach sich das Bein und fiel für den Rest der Saison aus. Öhler feierte am Tag von Bataevs Verletzung sein Comeback auf der Matte.
Timo Badusch wurde im Frühjahr schon zum zweiten Mal an der Schulter operiert, „kommt aber langsam wieder in die Gänge“, berichtet Thomas Geid, der sogar „guter Dinge ist“, dass Badusch in den Play-offs in der Klasse bis 75 Kilo griechisch-römisch antreten können wird. Zwischenzeitlich wurde diese Position von Marc-Antonio von Tugginer (eigentlich 71 Kilo) abgedeckt, wofür Olympiateilnehmer Etienne Kinsinger, der international in der Klasse bis 61 Kilo startet, von der 66 in die 71 Kilo-Klasse aufgerückt war. „Das war aller Ehren wert“, lobt Geid die beiden Aushelfer und ergänzt: „Etienne stellt sich bei uns Woche für Woche in den Dienst der Mannschaft.“
Eine Art unverhofftes Comeback durfte auch ein anderer Köllerbacher Topmann feiern: Aleksander, genannt „Sascha“, Khotsianivski (bis 130 Kilo Freistil). Der Ukrainer ringt seit fünf Jahren für die Saarländer, aber nach dem kriegerischen Überfall Russlands auf sein Heimatland stand sein Einsatz auf der Kippe. Nur, weil es den Verantwortlichen gelang, auch seiner Ehefrau und seiner siebenjährigen Tochter eine Bleibe zu organisieren, kam Khotsianivski in Saarland zurück. Und zwar mit dem Auto. 3.500 Kilometer aus Kiew. Zusammen mit Frau und Kind wohnt der 32-Jährige an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken. „Wir sind sehr froh, dass das geklappt hat und er nicht hin- und herpendeln muss. Das würde im Moment sowieso nicht funktionieren“, sagt Thomas Geid. Normalerweise hätte sich Khotsianivski vor und nach jedem Kampf in den Flieger gesetzt, um nach etwa drei Stunden Flugzeit wieder bei seiner Familie sein zu können. Doch aufgrund des durch den Krieg stark beeinträchtigten Flugverkehrs in der Ukraine ist dies nicht möglich. „Ohne seine Familie wäre er nicht gekommen“, weiß Geid.
Dass mit Khotsianivski nun ein Weltklasse-Athlet an der Landessportschule trainiert, bringt noch einen weiteren großen Vorteil mit sich: Seither hat Olympia-Teilnehmer Gennadij Cudinovic vom Zweitligisten AC Heusweiler einen Trainingspartner auf Augenhöhe. In seiner Gewichtsklasse einen geeigneten Trainingspartner zu finden, ist im wahrsten Wortsinn extrem schwer. So können sich nun beide Ringer ideal auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris vorbereiten.