Rüdiger Ziehl bleibt bis zum Saisonende Trainer des 1. FC Saarbrücken. Der Erfolg in den zurückliegenden Wochen war zu überzeugend und die Bürde wäre für einen neuen zu groß. Eine andere Wahl hatte der 1. FC Saarbrücken schlichtweg nicht.
Rüdiger Ziehl bleibt Trainer des 1. FC Saarbrücken – das entschied die Führungsspitze des Tabellenzweiten der 3. Liga, obwohl es nicht der Plan war. Präsident Hartmut Ostermann ordnete ein: „Wir hatten ursprünglich einen anderen Plan. Nämlich Rüdiger Ziehl wieder komplett zum Manager zu machen. Dieser Plan hat nicht geklappt. Aber auch, weil er vor allem einen sehr guten Job gemacht hat. Nach dem Sieg bei 1860 war mir klar, dass wir mit ihm weitermachen müssen.“ Die Verantwortlichen wollen Platz zwei verteidigen und zurück in die 2. Liga: „Wir stehen aktuell auf Platz zwei. Also muss unser Ziel natürlich der Aufstieg sein beziehungsweise diesen Platz im besten Fall zu halten“, so Ostermann. Dass der Präsident diese Aussagen überhaupt treffen kann, liegt eben auch zum großen Teil an Ziehl. Ursprünglich war der 45-Jährige Mitte September als Manager verpflichtet worden. Seit der Trennung von Uwe Koschinat im Oktober übernahm Ziehl interimsweise aber auch den Trainerposten – und das mit großem Erfolg. Aus sechs Spielen unter dem gebürtigen Zweibrücker holten die Saarländer 16 von 18 möglichen Punkten, haben zweimal souverän im Landespokal gewonnen und überwintern auf dem zweiten Tabellenplatz. Die logische Konsequenz: Ziehl bleibt Trainer. Wird Ziehl, der eigentlich keine Ambitionen auf den Trainerposten hatte und nicht mal interimsweise übernehmen wollte, nun zum Glücksfall für den FCS? Nach dem Koschinat-Aus sollte Mitte Oktober eigentlich ein neuer Trainer verpflichtet werden, doch die Verhandlungen scheiterten überraschend. Die Interimszeit Ziehls verlängerte sich.
Währenddessen wurden zwei Dinge klar. Erst mal war da der Wunsch, dass erst gar kein neuer Trainer gesucht werden und Ziehl stattdessen Verantwortlicher bleiben sollte. Auch die Spieler äußern sich auf Nachfrage öffentlich und machen kein Geheimnis daraus, gern mit dem gebürtigen Zweibrücker weiterzuarbeiten. „Das sind Themen, die wir auch auf dem Schirm haben, die wir intern besprechen“, sagte Ziehl dazu nach der Partie gegen den VfB Oldenburg. Auch wenn er anfangs betont hatte, nicht die große Lust zu verspüren, sich den Stress des Trainer-Daseins antun zu wollen, so weiß auch ein Fachmann wie Ziehl, dass er ein Opfer des Erfolgs ist und der momentane Lauf mit einem neuen Akteur an der Seitenlinie eventuell gestört würde. Würden die Ziele deshalb nicht erreicht, könnte dies auf Ziehl zurückfallen.
Der zweite Punkt: Jeder Fußballlehrer, der am Job beim FCS interessiert ist, weiß, dass der Erfolgsdruck auf ihn fortan mit jedem gewonnenen Spiel unter Ziehls Kommando größer wird. Schon vor dem ersten Spiel würde der Schatten des dann wieder nur Managers über ihm schweben. Ziehls Nachfolger hätte es extrem schwer. „Das haben wir durchgedacht. Klar ist das eine Konstellation, dass wir viel gewonnen haben und es für einen Nachfolger schwierig wird“, so der Ex-Profi.
Mit wenig Input viel verändern
Wie froh die Mannschaft ist, mit Ziehl arbeiten zu dürfen, wird an den Aussagen des Routiniers Tobias Jänicke deutlich. „Rüdiger Ziehl hat der Mannschaft so einen kleinen Push gegeben“, lobt der Offensivspieler in der „Bild“. Und weiter: „Er macht das sehr gut. In seiner unaufgeregten Art findet er trotzdem klare Worte und fordert Sachen ganz klar ein. Und er legt den Fokus wieder auf unsere Stärken, unseren Fußball.“ Ziehl habe dem Team gezeigt, dass man mit wenig Input viel verändern könne. „Er lässt uns wieder ein bisschen von der Leine.“ In der Tat tritt der FCS unter dem 45-Jährigen deutlich offensiver auf, als es unter Vorgänger Uwe Koschinat der Fall war. Wobei Jänicke die Taktik des Ex-Trainers keineswegs verurteilt: „Man will ihm nichts Böses. Das größte Problem für die Leute war, dass es nicht so ansehnlich war. Die Jahre davor hat Saarbrücken für viel Ballbesitz gestanden, eher ein 4:3 und Spektakel als ein 1:0.“ Das sei in den letzten eineinhalb Jahren ein bisschen auf der Strecke geblieben. „Dann war es ein 1:0. Ist ja auch komplett okay, aber jetzt ist es für viele schöner zu sehen, dass die Mannschaft mit allem, was sie hat, nach vorne spielt und auch mal ein Gegentor in Kauf nimmt, aber dafür was bietet. Dann wird man auch mal dafür belohnt.“ Der Mittelfeldspieler betont: „Wir können einen sehr, sehr guten Fußball spielen, wir haben eine richtig gute Mannschaft, die viel leisten kann, da sind wir wieder auf dem Weg dahin. Dass wir nicht nur immer kämpfen, machen, tun, sondern auch eine feine Klinge spielen können.“ Und daran ist Ziehl mehr als nur beteiligt.
Dass Fans dem Verein bei dieser Trainerentscheidung Kalkül vorwerfen, liegt eher in der Vergangenheit des FCS begründet, die durchaus die ein oder andere komische Entscheidung zu bieten hat. Doch in diesem Fall, war die Entscheidung alternativlos. Ziehl wurde als Manager verpflichtet, um die sportliche Kompetenz zu erhöhen. Viele unkten da schon, dass der wohl neuer Trainer werden würde. Viele kauften ihm die Aussagen, dass er nicht Trainer werden wolle, nicht ab – und sahen sich dann bestätigt.
Doch was wären die Möglichkeiten gewesen? Patrick Glöckner, mittlerweile bei Hansa Rostock, sprang kurzfristig ab, einen Plan B gab es nicht. Mit der Statistik, die Ziehl bis zur Winterpause hinlegte, dürfte der neue Trainer kein Spiel verlieren in seinen ersten sechs Spielen, ohne dass das ungeduldige Umfeld unruhig werden würde. Welcher Trainer nimmt das in Kauf? Zudem: Der Markt gab nicht wirklich viel her. Jens Härtel wurde in Rostock freigestellt, steht jetzt aber auch eher für Koschinat-Fußball, wenn auch für eine erfolgreichere Variante. Irgendwelche Experimente wollte der Verein nicht machen und bleibt deshalb bei Altbewährtem. Sicherlich bietet das Explosionsgefahr, wenn die Ergebnisse unter Ziehl nicht mehr stimmen sollten und er dann wieder ins zweite Glied rückt. Aber das ist Zukunftsmusik. Diese Entscheidung war alternativlos und bringt für den FCS die besten Erfolgsaussichten.