Ob „Santa Claus Is Back in Town“ oder „Santa Baby“ oder „Jingle Bells“, diese amerikanischen Songs sind sehr beliebt in der Weihnachtszeit. Ihre Entstehungsgeschichten sind höchst amüsant ...
Elvis Presley – Santa Claus Is Back in Town
Gerade erst hat Elvis Presley den Film „Jailhouse Rock“ abgedreht, da steht er mit seinem Manager Tom „Colonel“ Parker im September 1957 schon wieder im Tonstudio, um ein Weihnachtsalbum aufzunehmen. Dabei muss sich der „King“ eigentlich von einer OP an der Lunge erholen, denn er hatte bei den Aufnahmen zum Titelsong eine locker sitzende Zahnkrone verschluckt. Trotz dieser schmerzhaften Erfahrung sind die Urheber des Songs, Texter Jerry Leiber und der Komponist Mike Stoller, enge Freunde geworden und Elvis ist heilfroh, als die beiden spontan im Studio auftauchen. „Ihr seid meine Glücksbringer“ ruft er ihnen entgegen, während der strenge Manager über diese Ablenkung gar nicht „amused“ ist. Vorerst, denn wenig später klingelt das Telefon und der Verlag verlangt nach einem weiteren Song für das Album. Colonel Parker, der weder Colonel war noch Parker heißt – er stammt aus den Niederlanden und jobbte als Andreas Cornelis van Kuijk in einem Zirkus – sperrt die beiden Songschreiber kurzerhand in eine Abstellkammer und befiehlt ihnen, schnell etwas Weihnachtliches zu komponieren. Nichts leichter als das für die Hit-Lieferanten, nach fünfzehn Minuten kommen sie mit „Santa Claus is Back in Town“ wieder heraus. Parker bellt: „Warum hat das so lange gedauert?“, und das Songwriting-Team antwortet mit breitem Grinsen: „Schreibblockade!“ Der humorlose Parker verzieht keine Miene. Auch die Doppeldeutigkeit des Songs entgeht ihm, denn Elvis’ Santa Claus hat weder ein Rentier noch einen Schlitten dabei und auch keinen Sack auf dem Rücken ... Eine schöne junge Lady möge ihre hübschesten Strümpfe aufhängen und das Licht löschen, dann käme er in seinem schwarzen Cadillac durch ihren Schornstein gerauscht. Den Fans gefällt das etwas schlüpfrige Szenario und sie machen das Album von Elvis Presley zum meistverkauften Weihnachtsalbum aller Zeiten.
Frank Sinatra – Jingle Bells
Gleich zwei amerikanische Städte beanspruchen für sich die Entstehung von „Jingle Bells“, das wir als Weihnachtslied kennen und das eigentlich gar keines war. Irgendwann zwischen 1850 und 1857 beschreibt James Lord Pierpont ein lustiges Pferdeschlittenrennen von einer Horde Jugendlicher im winterlichen Medford. Er nennt es „One-Horse Open Sleigh“, was so viel heißt wie offener, einspänniger Pferdeschlitten. Aber wo hat er diese übermütige, winterliche Szene geschrieben? In Medford/Massachusetts, wo er häufig zu Besuch ist? Oder in Savannah/Georgia, wo er als Organist und Chorleiter in der Kirche arbeitet und die Bürgermeistertochter heiratet?
In beiden Städten gibt es historische Aufzeichnungen über das Lied, einig ist man sich, dass die Uraufführung jeweils zu Thanksgiving stattfand und aufgrund der begeisterten Zustimmung der Bürger erneut zur Weihnachtsmesse aufgeführt wurde. Vor der Neuaufführung ist Pierpont ziemlich unzufrieden mit dem sperrigen Titel „One-Horse Open Sleigh“, der nicht so recht passen will zu dem lebensfrohen Song. Das Klingeln der Glöckchen an den Pferden ist da schon besser geeignet, fortan haben wir es in der Weihnachtszeit mit den „Jingle Bells“ zu tun.
Die geografische Herkunft ist damit aber noch nicht geklärt … Stattdessen düsen die „Jingle Bells“ in den Weltraum. Am 16. Dezember 1965 erlauben sich die Astronauten der „Gemini-6“ einen Scherz mit der Bodenstation: „Wir haben ein Objekt, das aussieht wie ein Satellit, der von Norden nach Süden wandert, wahrscheinlich im polaren Orbit … Ich sehe ein Kommando-Modul und acht kleinere Module davor. Der Pilot des Kommandomoduls trägt einen roten Anzug.“ Daraufhin spielten die Astronauten „Jingle Bells“ auf ihren heimlich eingeschmuggelten Instrumenten. Die Mundharmonika und das Schellenband waren die ersten Musikinstrumente im Weltraum und sie befinden sich heute im „National Air und Space Museum“. Zurück auf die Erde nach Savannah. 20 Jahre später erklärt der Bürgermeister John Rousakis das weltberühmte Lied kurzerhand zu einem Savannah-Song und lässt eine Gedenktafel gegenüber der Kirche aufstellen, in der seiner Meinung nach das Lied geschrieben und uraufgeführt wurde. Daraufhin entbrennt ein wütender Briefwechsel zwischen den Bürgermeistern von Savannah und Medford, wo wenig später ebenfalls eine Gedenktafel über den Ursprung von „Jingle Bells“ steht.
Eartha Kitt – Santa Baby
Eartha Kitt kommt 1927 als uneheliches Kind auf einer Baumwollplantage in South Carolina zur Welt. Der weiße Sohn des Besitzers hat ihre afrikanische Mutter geschwängert, sich aber der Verantwortung entzogen. Das Kind wird in der Verwandtschaft herumgereicht, ihren deutschstämmigen Vater lernt sie nie kennen. Das musikalische Mädchen lernt schnell, dass es sich nur auf sich selbst verlassen kann. Eartha jobbt in einer Fabrik, um ihre Gesangsstunden zu finanzieren. Mit 15 Jahren wird sie entdeckt, Orson Welles frisst einen Narren an ihr, sie spielt die Rolle der Helena in seiner Theaterproduktion „Doktor Faustus“. Er nennt sie die aufregendste Frau der Welt. Das heimatlose Mädchen ist plötzlich in der ganzen Welt zu Hause, spielt die Catwoman in „Batman“. Catwoman wird auch ihr Spitzname, denn Eartha kann fauchen und schnurren wie eine Katze. Die Presse applaudiert: „Sie ist eine Brandbombe, sie kann einen Song in Flammen aufgehen lassen.“ Warum nicht auch an Weihnachten? Die Nichte des jüdischen Senators Jacob K. Javits ist Songwriterin bei einem großen Verlag, bei ihr bestellt man 1953 einen etwas anderen Weihnachtssong. Joan Javits stellt sich vor, was sich die Femme fatale wohl zu Weihnachten wünschen würde: Einen Zobel, ein schickes Cabrio in Hellblau, eine Jacht, eine Platin-Mine, Juwelen von Tiffany als Weihnachtsbaumschmuck. „Santa Baby“ ist wohl der sexieste und kostspieligste Weihnachtssong aller Zeiten, und Eartha Kitt ist nun auch in allen Hitparaden zu Hause. Bis sie 1968 der Einladung der First Lady ins Weiße Haus folgt. Das Damenkränzchen regt sich über die aufmüpfige Jugend auf. Kitt, eine erklärte Gegnerin des Vietnam-Krieges, geht das scheinheilige Gehabe der Ladys mächtig auf die Nerven. „Lady Bird, sie haben doch selbst Kinder“, wendet sie sich an die First Lady mit dem niedlichen Spitznamen „Marienkäfer“. „Wie können wir unsere Jungs zu braven Männern erziehen, um sie dann in den Krieg zu schicken? Lady Bird Johnson bricht in Tränen aus – das war es mit Eartha Kitts Karriere in Amerika. Der Präsident setzt sie auf die schwarze Liste, sie bekommt weder Auftrittsmöglichkeiten noch Einladungen, die Presse fällt über sie her, die CIA bezeichnet sie als sadistische Nymphomanin. Und auch ihr Weihnachtssong „Santa Baby“ kommt auf den Index. Erst zehn Jahre später rehabilitiert sie Jimmy Carter, indem er die explosive Lady erneut ins Weiße Haus einlädt, und nun läuft auch „Santa Baby“ wieder in der Weihnachtszeit in den amerikanischen Radiosendern.