Viele Männer leben ungesünder und risikoreicher als Frauen. Von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs sind sie häufiger betroffen. Um Arztpraxen machen sie oft einen Bogen. Die junge Generation tickt etwas anders.
Männer sind von einigen ernsthaften Erkrankungen häufiger betroffen als Frauen. Ihr Leben fällt im Durchschnitt in Deutschland um rund fünf Jahre kürzer aus. Sie verhalten sich nach Experten-Einschätzung oft weniger gesundheitsbewusst und deutlich risikoreicher. Mehreren Studien zufolge suchen Männer seltener einen Arzt auf als Frauen, machen um Vorsorgeuntersuchungen gern einen Bogen. Experten sehen hier erheblichen Handlungsbedarf. Immerhin offenbart ein Blick speziell auf die junge Generation einige Bewegung.
Untersuchungen der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG) zeigen, dass gut 59 Prozent aller Frauen, aber nur 22 Prozent aller Männer eine Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen. Wie DGMG-Präsident Frank Sommer sagt: „Männer sind immer noch Vorsorgemuffel.“ Langzeitstudien deuteten aber darauf hin, dass allmählich mehr Männer zur Vorsorge gehen. Das sei ein langsamer, aber stetiger Trend.
„Männer sind Vorsorgemuffel“
Um Gründe für die Zurückhaltung bei Arztbesuchen zu ermitteln, habe man rund 970 Männer befragt. Ergebnis: 78 Prozent gaben an, lange Wartezeiten schreckten sie ab, schildert der Professor für Männergesundheit am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Etwa jeder Vierte befürchte eine unangenehme oder schlechte Mitteilung. Jeder Fünfte zeigte sich besorgt, eine Untersuchung könne schmerzhaft sein. Viele Männer seien auch unzureichend über ihre Risikofaktoren informiert, etwa Blutzucker- oder Blutfettwerte.
Grund für medizinische Checks gebe es definitiv: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Männer vor allem in der Gruppe der 40- bis 60-Jährigen signifikant häufiger betroffen als Frauen, wie der Urologe berichtet. „Teilweise fünfmal so viele Männer wie Frauen haben in dieser Altersgruppe einen plötzlichen Herztod.“ Auch Krebserkrankungen treffen Männer in der Regel häufiger. Burn-out komme vielfach vor.
Prävention sei wichtig, betont Sommer. Ein Beispiel: Kläre man die Ursache von Erektionsstörungen ab, könne man auf eine Gefäßproblematik stoßen, die dem manchmal zugrunde liege. Das wiederum könne hinweisen auf eine generalisierte Gefäßerkrankung und ein drohendes Auftreten eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls mehrere Jahre später. Decke man hier also frühzeitig auf, habe man die Möglichkeit zur gezielten Prävention vor Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Männer sollten motiviert werden, mehr Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen und das Bewusstsein für spezifische Risiken und einen achtsamen Lebensstil zu schärfen, mahnt die Stiftung Männergesundheit. Eine repräsentative Befragung im Auftrag der Stiftung unter 16- bis 28-Jährigen sieht Zeichen eines Wandels: Nur noch knapp jeder Vierte unter den 2.115 jungen Befragten hänge dem „alten, eingefrorenen Muster“ eines dominant-maskulinen Rollenbildes an, erläutert Gesundheits- und Sozialforscher Klaus Hurrelmann. Diese Männer müssen laut Analyse am ehesten mit starken Gesundheitsbelastungen rechnen, da sie wenig auf ihren Körper und ihre psychische Belastungen achteten.
Jeder dritte junge Mann trinkt regelmäßig Alkohol, bei ebenfalls jedem dritten stuft die Studie den Medienkonsum als problematisch ein. „Eine gewisse Verachtung gegenüber der eigenen körperlichen Verletzlichkeit“ sei bei fast der Hälfte der Befragten festgestellt worden. Aber es gehe in die richtige Richtung. Ein wachsender Anteil lasse eine „sensible Wahrnehmung“ gesundheitlicher Probleme und eine tiefere Auseinandersetzung damit zu, sagt eine Stiftungssprecherin zu der jungen Generation.
Das schwächere Geschlecht
Beim Blick auf die gesamte männliche Bevölkerung bemängelt die Stiftung allerdings, dass Gesundheit für viele noch immer eine untergeordnete Rolle spiele. Dabei kämen etwa doppelt so viele Männer wie Frauen durch Lungenkrebs ums Leben. Und es sei davon auszugehen, dass Deutschland den europaweit höchsten Anteil an depressiven Männern habe. Etwa 62 Prozent aller Männer seien übergewichtig. Alkohol- und Drogenkonsum komme bei Männern erheblich häufiger vor als bei Frauen. Zudem falle ihr Verhalten im Straßenverkehr riskanter aus – bei rund 75 Prozent aller Sterbefälle durch Verkehrsunfälle handele es sich um Männer.
Und warum haben Männer eine geringere Lebenserwartung? Es gebe dazu eine Fülle von Theorien, die sich oft auf die Genetik und äußere Einflussfaktoren bezögen, erläutert Experte Sommer. Zur Genetik: Auf dem Y-Chromosom des Mannes (Frauen besitzen zwei X-Chromosomen, Männer hingegen X und Y) sind deutlich weniger genetische Informationen kodiert als auf dem X-Chromosom. Wenn das X-Chromosom des Mannes einen Schaden habe, könne das Y-Chromosom daher nicht alle Funktionen übernehmen. Im Gegensatz zum viel itierten Klischee, Männer seien das stärkere Geschlecht, betont Sommer: „Wir Männer sind aus gesundheitlicher Sicht wirklich das schwächere Geschlecht.“