Entweder geht es um den Aufstieg oder gegen den Abstieg. Die 2. Bundesliga macht ihrem Ruf als Tabelle ohne Niemandsland mal wieder alle Ehre.
Aufstiegs-Hoffnungen bis Platz acht, fünf Punkte Abstand zwischen Rang neun und dem Tabellenletzten – quasi keiner der 18 Zweitligisten weiß, in welcher Liga er in der kommenden Saison spielen wird. Die Prognosen sind entsprechend schwierig. Wir versuchen dennoch eine:
Darmstadt 98: Die Enttäuschung des knapp verpassten Aufstiegs wurde nicht zum Trauma, die Lilien sind schon wieder ganz oben dabei – und gingen als Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung auf Rang vier in die Pause. Kurios: Die Saison begann mit einem 0:2 in Regensburg, es blieb die einzige Niederlage der Hinrunde. Die Chancen auf den Aufstieg stehen sicher noch besser als im Vorjahr, als Darmstadt als Zweiter überwinterte. Noch größer ist aber auch die Gefahr, dass große Vereine den Darmstädter Leistungsträgern den Kopf verdrehen und sie so ablenken.
Hamburger SV: Viermal dachte man schon, dass es der HSV in diesem Jahr schon hinbekommen werde. Viermal scheiterte das Projekt Aufstieg beim einstigen Bundesliga-Dino, im Vorjahr erst in der Relegation. Trotz drei Niederlagen in den sechs Spielen vor der Winterpause scheint das Team diesmal gefestigt wie nie. Die wichtigsten Personalien im Umfeld wurden im Winter geklärt, Trainer Tim Walter und Sportvorstand Jonas Boldt verlängerten. Der HSV hat den vielleicht besten Torhüter und besten Stürmer der Liga, der Kader hat Breite – diesmal sollte es wirklich klappen.
Schafft Darmstadt die Sensation?
1. FC Heidenheim: Die Mannschaft von Dauer-Trainer Frank Schmidt ist immer oben dran, aber noch nie aufgestiegen. Auch in die Rückrunde geht das Team von der Ostalb nicht als Aufstiegsfavorit. Doch unter anderem der zweitbeste Sturm und die beste Heimbilanz sind echte Trümpfe. Der geringe Druck im Umfeld ebenso.
1. FC Kaiserslautern: In der Pfalz träumen viele vom Durchmarsch. Wahrscheinlich ist das nicht. Utopisch aber auch nicht. Eine gute Saison ist es aber quasi jetzt schon. Nur zwei Niederlagen, auswärts noch ungeschlagen – das war schon eine bärenstarke Hinrunde des Aufsteigers, bei dem Trainer Dirk Schuster offenbar ideal passt und das Aufstiegsteam mit erfahrenen Kräften sinnvoll verstärkt wurde.
Hannover 96: Wie von nahezu allen Fachleuten vermutet, hat sich 96 mit den klugen Transfers von Sportchef Marcus Mann und dem tatsächlich eingeschlagenen Trainer Stefan Leitl wieder nach oben katapultiert. Trotz viel Unruhe im Umfeld ist Hannover nach Hamburg und Darmstadt wohl auch der größte Aufstiegsfavorit. Denn die Defensive ist stabil und viele junge Wilde halten die etatmäßigen Kräfte im breiten Kader in Schwung.
SC Paderborn: Wie im Sommer an dieser Stelle prognostiziert, erwies sich Paderborn im ersten Saisondrittel mit furiosem Offensiv-Fußball als absoluter Geheimtipp. In das Topspiel gegen den HSV am 14. Spieltag ging Paderborn als Tabellenzweiter. Nach vier Niederlagen zum Abschluss sind die Ostwestfalen nur noch Sechster. Ein Geheimtipp bleibt das Team von Trainer Lukas Kwasniok dennoch.
Paderborn in Lauerstellung
Fortuna Düsseldorf: Manager Klaus Allofs hat seinen Vertrag gerade um drei Jahre verlängert. Und er hat einen großen Traum: Mit seinem Heimatverein, bei dem er auch Stürmer und Trainer war, will der 66-Jährige noch mal in die Bundesliga. Und zwar möglichst bald. Das kann noch in diesem Jahr passieren, denn der Kader ist nicht schlecht. Wahrscheinlich ist es aber nicht, denn er ist nicht so überragend, dass er sieben Punkte Rückstand ohne Weiteres wettmacht.
Holstein Kiel: Wenn es so etwas wie ein Mittelklasse-Team in der Liga gibt, dann die Kieler Störche. Acht Punkte Abstand auf Rang drei, acht Punkte auf Platz 17, so ist der Stand im Winter. Deshalb fahren die Kieler auch zweigleisig. Nach unten absichern und dann schauen, was nach oben geht, ist das Motto. Wahrscheinlich ist aber, dass sie am Ende in etwa da landen, wo sie jetzt stehen.
Hansa Rostock: Als Neunter zählt Hansa nominell zur oberen Tabellenhälfte, doch angesichts von fünf Zählern Vorsprung auf den letzten Platz ist das trügerisch. Rostock führt lediglich das Feld der Abstiegskandidaten an. Der zweitschwächste Sturm und die zweitschwächste Heimbilanz deuten darauf hin, dass das so bleiben könnte. Und der Auftakt in Heidenheim und Bielefeld sowie gegen den HSV und Darmstadt hat es in sich.
SpVgg Greuther Fürth: Der Start des Absteigers war eine Katastrophe. Erst am 10. Spieltag gelang dem Kleeblatt der erste Sieg. Unter dem neuen Trainer Alexander Zorniger holte Fürth aber in vier Spielen zehn Punkte – so viel wie zuvor in 13. Können die Franken diese Form halbwegs behalten, können sie sich zumindest bald aller Sorgen entledigen.
1. FC Nürnberg: Auch der zweite fränkische Verein spielt nicht wie erhofft oben mit. Nach dem vorletzten Hinrunden-Spieltag war der Club Vorletzter, das 2:1 zum Abschluss gegen Paderborn und der Sprung von 17 auf Platz elf beschönigt die Bilanz. Dennoch weiß Sportchef Dieter Hecking, wie brenzlig die Lage ist. Und da auch die Verletzungsnot groß ist, holte er im Winter fünf Neue, drei davon aus der Bundesliga. Das sollte zum Klassenerhalt reichen.
Jahn Regensburg: Nach starker Vorrunde stellte der Jahn in der vergangenen Rückrunde das schwächste Team. Auch diesmal startete er mit sieben Punkten aus drei Spielen, doch der Einbruch kam schneller. Zwei Siege in Folge im Oktober retteten die Bilanz überm Strich, doch Regensburg bleibt klarer Abstiegskandidat.
Karlsruher SC: Es schien alles auf eine weitere ruhige Saison hinauszulaufen. Doch in den letzten sechs Spielen 2022 verlor der KSC erst fünfmal in Folge und verspielte dann beim 4:4 gegen St. Pauli vier Führungen. Normal ist die Klasse für den Ligaverbleib absolut da, doch die Badener müssen schnell die Kurve bekommen.
Eintracht Braunschweig: Nach einem Punkt aus sechs Spielen schrieben viele schon Abgesänge. Diese Mannschaft sei nicht zweitligareif. Doch mit Aufstiegstrainer Michael Schiele, an dem der Verein festhielt, schafften sich die Löwen mit acht Spielen ohne Niederlage nach oben. Die Situation bleibt weiter brenzlig und mit den Top Drei der Tabelle als Gegner in den ersten drei Spielen droht ein erneuter Fehlstart. Doch Braunschweig ist zäh und hat mit Immanuël Pherai einen starken Spielmacher. Es bleibt abzuwarten, ob das reicht.
FC St. Pauli: Mit der Entscheidung taten sich die Verantwortlichen sichtlich schwer: Erst fast einen Monat nach dem letzten Spiel wurde der beliebte Ur-Paulianer Timo Schultz als Trainer beurlaubt. Dessen Assistent Fabian Hürzeler, erst 29, wurde überraschend zum Nachfolger. Und er steht bei der Mission Klassenerhalt vor einer Mammutaufgabe. Denn der Aderlass im Sommer war groß, und die drei Winter-Zugänge sind echte Wundertüten.
Arminia Bielefeld: Mit großen Zielen trat der Südtiroler Uli Forte im Sommer seinen ersten Trainerjob in Deutschland an – nach vier Niederlagen in vier Spielen war das Abenteuer schon wieder vorbei. Richtig aus dem Keller befreit hat sich der Absteiger aber auch unter Nachfolger Daniel Scherning nicht. Zwei Siege zum Abschluss waren immerhin ein Brustlöser. Eng dürfte es dennoch werden für die Arminia, aber für den erneuten Abstieg ist der unausgewogene Kader trotzdem zu gut.
Magdeburg muss seinen Stil ändern
1. FC Magdeburg: 15 Punkte mehr als Kaiserslautern holte Magdeburg im überragenden Aufstiegsjahr. Doch die Akklimatisierung an die 2. Liga klappte nicht annähernd so reibungslos wie beim FCK. Zehn Niederlagen in 17 Spielen sowie die meisten Gegentore und die schwächste Heimbilanz aller Teams zeigen, dass der Kampf gegen den direkten Wiederabstieg für den früheren Europacupsieger ein ganz schwerer werden wird.
SV Sandhausen: Sie sind es ja schon gewohnt. Auch im Vorjahr überwinterten die Sandhäuser auf einem Abstiegsplatz. Mit der fünftbesten Rückrunden-Bilanz gelang der Klassenerhalt dennoch. Diesmal ist das Team von Trainer Alois Schwartz sogar Letzter, doch die Abstände nach oben sind geringer. Die Erfahrung im Abstiegskampf ist das große Plus. Doch dass auf der Zielgeraden 2022 die Stabilität in der Defensive verloren ging, macht Sorge. Die bundesligaerfahrenen Außenverteidiger Raphael Framberger und Kerim Calhanoglu, im Winter aus Augsburg und Schalke geholt, sollen gegenwirken.