Im Sommer ist die „Undine“ wegen ihres großen Biergartens ein beliebtes Ausflugsziel. Doch auch in der kalten Jahreszeit haben Britta Bruch und ihr Team so einiges zu bieten. Auch ein Blick auf die Weinkarte lohnt.
Es ist ein schöner, ruhiger Spaziergang von der Alten Brücke zur „Undine“ im Saarbrücker Osten. Februarwetter. Vorbei an der verwelkten Natur und an leeren Kinderspielplätzen. Von weitem schon sehe ich den großen Biergarten. Im Sommer ist er meistens voll besetzt. Das Restaurant liegt idyllisch an einem Altarm der Saar. Das Haus hat einen riesigen Vorteil, denn es liegt direkt am Wasser. Die vorgelagerte Halbinsel ist ein Vogelparadies, zahlreiche Sperlinge essen hier zu Mittag. Hier wird Entspannung am Wasser gelebt.
Bei den Saarländern ist das Haus sehr beliebt. Ein Klassiker, der schon viele Jahre eine treue Stammkundschaft hat. Seit Ende April 2010 betreibt Britta Bruch das Traditionshaus. Damals lief der Biervertrag der Bitburger Brauerei aus und Thomas Bruch zögerte keine Sekunde, um hier in Zukunft Bruch-Bier zu verkaufen. Anfangs wurde seine Frau Britta noch von Tochter Charlotte unterstützt, doch diese leitet mittlerweile das Restaurant am Tabaksweiher. Die beiden Frauen erneuerten damals die gesamte Küche, setzten neue Akzente mit bunten Farben und neuen Möbeln, um ihre Gäste für diesen wunderbaren Standort wieder zu begeistern und kulinarisch zu verwöhnen.
Wer in Saarbrücken in idyllischer Lage speisen möchte, wenige Meter abseits des Trubels der Innenstadt mit direktem Blick auf die Saar und die ruhige, grüne Stadenanlage, der findet sicherlich seinen Platz. Die Gäste sind hier bunt gemischt. Das Haus lockt Radfahrer, Spaziergänger, die Mitglieder des gleichnamigen Ruderclubs, Studierende und Geschäftsleute der Großregion an. Als sich unsere frühere Schulklasse nach Jahrzehnten vor ein paar Jahren zum ersten Mal wieder traf, fand die Zusammenkunft natürlich in der „Undine“ statt. Zwei Mitschüler hatten das organisiert. In den Banketträumen im ersten Stock mit Balkon und dem Traumblick finden nämlich bis zu 90 Personen Platz, um ungestört zu feiern. Das Ganze lässt sich auch so organisieren, dass drei Gruppen von etwa 30 Personen feiern können. Neben dem Restaurant mit 70 Plätzen stehen in den Sommermonaten im Biergarten weitere 120 Plätze – teils unter schattigen Platanen – zur Verfügung.
Vegetarisches wird stark nachgefragt
Manche Gäste kommen von weiter her, weil in diesem östlichen Gewerbegebiet der Landeshauptstadt fast immer ein Parkplatz zu finden ist. Das Publikum ist nicht unbedingt homogen, was der Betreiberfamilie aber großen Spaß macht. Von den Gästen, die das tägliche Stammessen genießen, über Geschäftsessen von Gruppen, die immer wieder reinschauen bis hin zu Familien, die ihre ganz privaten Feste hier feiern. Natürlich tagen auch die Ruderer hier – vom monatlichen Stammtisch bis zu Veranstaltungen der Rudergesellschaft. Es herrscht wirklich ein abwechslungsreiches Treiben.
Als wir das Restaurant betreten, werden wir bereits von Britta Bruch und ihrem Team erwartet. Ich werfe einen Blick in die Speise- und die Weinkarte und entdecke auf beiden viel Neues. Küchenchef in der „Undine“ ist seit vier Jahren Philipp Blau, Betriebsleiter und Chef im Service seit dem ersten Tag Nico Mullar.
Philipp Blau absolvierte seine Lehre im „Chez Victor`s – Brasserie Parisienne“ am Deutsch-Französischen Garten in „Victor`s Residenz-Hotel“. Danach arbeitete er im „Gemmel“ am St. Johanner Markt in Saarbrücken. Anschließend reizte ihn das „Herzenslust“ im Nauwieser Viertel. Er hat diesen Laden mit aufgebaut. Vor vier Jahren landete er dann in der „Undine“. Britta Bruch erzählt mir, wie die Speisekarte zustande kommt: „Ich komme mit mancherlei Ideen, und der Küchenchef sagt mir dann, ob dies oder das machbar sei. Manchmal habe ich auch ein tolles Rezept. Doch 120 Leute im Biergarten zeigen uns dann schnell die Grenzen dessen, was tatsächlich machbar ist.“ Deshalb ist die Karte auch bewusst überschaubar gehalten. Das Augenmerk liegt auf Qualität, nicht Quantität. Sinnvoll bei der Menge an Gästen, die hierher kommen.
Mir fällt auf, dass die Karte sehr gemüselastig geworden ist. Ein Wunsch der Gäste, wie Britta Bruch mir erklärt. Immerhin fast 15 Prozent Gäste bestellten rein vegetarisch. Es fehlen aber auch keine Angebote in Sachen Fisch und Fleisch. Ich mag ja große Abwechslung. Zweimal die Woche vegetarisch, zweimal etwas aus dem Wasser, zweimal Fleisch oder Innereien und samstags Eintopf oder Suppe – so sieht mein persönlicher Speiseplan in der Regel aus.
Wir bestellten querbeet. Mich überzeugen bei unserem Testessen vor allem Albondigas, das sind Hackbällchen vom Gran-Parino-Schwein in würzigem Tomaten-Sugo; aber auch Avocado Vitello, rosa gegartes Kalbs-Carpaccio mit Avocadocreme, Kapern, Kartoffelstroh und frittiertem Rosmarin; und auch das Ragout vom wilden Bergschaf mit Wurzelgemüse und in Rahm geschmortem Apfel-Rotkohl mit Semmelknödeln war sehr gut. Eine besondere Delikatesse war vor allem das Mufflon. Da schmeckt man die Ernährung mit Wildkräutern beim Fleisch so richtig raus. Das Tier kommt im Alpenraum vor sowie auf Zypern, Korsika und Sardinien. Das war ganz großes Kino!
Zum Dessert gibt es Crème brûlée mit Orange und Rosmarin, aromatisiert mit braunem Rohrzucker. Schon die Präsentation ist anders als in andern Häusern. Und es schmeckt wirklich himmlisch. Mein Fazit: Eine abwechslungsreiche Karte und ein ganz besonderes Essen. Für mich eine klare Aufforderung, bald wieder einmal vorbeizuschauen.
Rotwein-Rebe mit langer Geschichte
Natürlich darf auch ein Blick auf die Weinkarte des Hauses nicht fehlen. Die Philosophie ist eine ganz klare: „Die Weine, die wir zu Hause trinken, gibt es auch im Restaurant“, betont Britta Bruch. „Ich habe nicht den Anspruch, aus jeder Weingegend Weine anzubieten. Jedes Frühjahr, mit Ankunft der neuen Jahrgänge, ändert sich etwas. Da gibt es Neues, auch in Absprache mit meinen Lieferanten, vor allem Christian Löw, aber auch Jörg Stingl und Petgen-Dahm. Etwa in diesem Jahr die Scheurebe.“
Und dann präsentiert sie mir eine Extrakarte mit historischen Reben. Dieses Projekt stammt von der Weinhandlung Löw. Christian Löw betreibt seinen Weinvertrieb in Göttelborn. Und er vertreibt – als Alleinstellungsmerkmal – diese vergessenen Reben in ganz Deutschland. Er hat das Projekt entwickelt und gibt auch Seminare dazu. Vor vielen Jahren kam ich mal mit einer dieser vergessenen Reben in Berührung. Ich war bei Christian Bau, und mir wurde zu einem Gang „Gelber Orleans“ ausgeschenkt. Bis dahin hatte ich nie davon gehört, aber er schmeckte mir gut.
Im Hier und Jetzt in der „Undine“ probiere ich drei dieser alten Reben, die alle eine Nummer haben: Grünfränkisch mit der Nummer 050, ein Weißwein. Bereits im 16. Jahrhundert ist diese Rebe in der Südpfalz erwähnt worden, bis zu ihrer Wiederentdeckung 2009 galt sie als ausgestorben. Sie duftet nach gelben Früchten und schmeckt richtig gut. Danach probiere ich Nummer 860 – ein Weißer Traminer. Eine uralte Rebe, deren Synonym „Savagnin“ sich auf die Weinregion Servan in Persien bezieht. Bereits 550 v. Chr. verbreitete sie sich im Alpenraum und im Rheintal. Durch das Projekt „historische Rebsorten“ erhält diese autochthon bedeutsame Rebsorte wieder Anerkennung. Sie schmeckt mir so gut, dass ich mir gleich zwei Gläser Weißer Traminer gönne. Eine verwandte des Spätburgunders ist die Rebe Nummer 528, Süßschwarz, ein Rotwein. Sie hat eine 8.000 Jahre alte Geschichte. Seit dem Mittelalter war sie an der Tauber und in Franken bekannt. Wiederentdeckt wurde sie 2007 an der Saale. Waldbeeren rieche ich darin.
Dieses Mittagessen in der „Undine“ war für mich ein tolles Erlebnis. Das gilt für die Gerichte wie die besonderen Weine gleichermaßen. Chapeau allen Beteiligten.