Selektive Betrachtung zum 44. Filmfestival Max Ophüls Preis
Eine zusätzliche Option wünschte ich mir in der MOP-Nachbetrachtung vor zwei Jahren. Die Streamingplattform war damit gemeint und, dass diese fortgeführt werden sollte. Die digitale Plattform ermöglichte, dass das Filmfestival Max Ophüls Preis in den Corona-Jahren nicht ausfallen musste. Derartiges aufzusetzen kostet. Warum sollte diese Option ab sofort in die digitale Besenkammer verbannt werden? Wurde sie nicht. Wenngleich die Festivalmacher alles dafür taten, das Kino als Veranstaltungsort ins Zentrum zu rücken. Das Streamingangebot blieb – nicht mit allen, aber vielen Wettbewerbsfilmen – erhalten. Und, neu ist obendrein, dass noch bis 5. Februar, 23.59 Uhr, diese Form der Teilhabe, möglich ist. Einige Film-Tipps kommen noch …
Den Max Ophüls Preis „Bester Spielfilm“ erhielt „Alaska“ von Max Gleschinski. Die Jury spricht von „poetischer Kameraarbeit“ und einem „magischen Kinoerlebnis“. Der Film hat bereits einen Verleih und kommt ins Kino. Und, nebenbei: Der Filmverleihinhaber ist manchem in Saarbrücken sogar bekannt: Christos Acrivulis hat in Saarbrücken vor Jahren Italienische Kultur- und danach Filmtage organisiert. Bei Gesprächen, hörte ich wiederholt, dass der Film gut angekommen war. Mir hat der Film mit seiner ruhigen, geradezu verlangsamten Erzählweise, auch gefallen. Wir begleiten eine Kanufahrerin auf einer Reise. Eine Erkundung der Mecklenburgischen Seen und ihrer Seelenlandschaft. Bewundernswert, wie Spannung erzeugt wird, wenngleich es endlos dauert bis die Protagonisten zueinander finden, die Konstellation sich erschließt und das Geheimnis, um das es geht, offenbar wird. Wer auf „Das kleine Fernsehspiel“ warten kann, sieht den Film im ZDF.
Der Filmpreis „Beste Regie“ der saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger ging an Lukas Nathrath für „Letzter Abend“. Ein grandioses Kammerspiel und ein ebenso grandioses Schauspiel-Ensemble. Das Drehbuch schrieb Regisseur Nathrath mit Sebastian Jakob Doppelbauer, der nominiert war für den „Besten Schauspielnachwuchs“ und die Rolle des Clemens in „Letzter Abend“ spielt. Die Kamera führte Philip Jestädt. Budget: 4.000 Euro. Sieben Tage gedreht. Zwei Jahre geschnitten. Beim „Q&A“ fragte ein Zuschauer: „Wie kann man in sieben Tagen diesen Film drehen?“ Alle Beteiligten haben alles gegeben. Eine Intensität, die man spürt. Dieser Preis wird durch eine Verleihförderung ergänzt, das bedeutet: „Letzter Abend“ kommt ins Kino.
Im Wettbewerb Dokumentarfilm gewann: „Good Life Deal“ von Samira Ghahremani. Die Jury sah eine „wendungsreiche Reise“. Ich nicht. Ich sah voraus, was kam. Ähnliches habe ich obendrein schon mehrfach, und besser, in TV-Dokumentationen gesehen. Wäre Gerhard vor Liebe blind gewesen, hätte mich sein Drama erreichen können. Jedoch: Er schmiedet sein Unglück. Wer körperlich stark eingeschränkt ist, Unterstützung benötigt, seinen Besitz im Heimatland Österreich auflöst, ohne die Sprache zu sprechen nach Thailand umsiedelt, verkennt seine Situation, darf nicht mit meiner Empathie rechnen, und sollte sich nicht wundern, wenn er von einer Amy ausgeraubt wird.
Der Publikumspreis Dokumentarfilm ging an „Für immer Sonntag“ von Steven Vit. Der Film wurde in zahlreichen Gesprächen, die ich mit Kinobesuchern führte, herausgehoben, und war ein Anwärter für den „Besten Dokumentarfilm“. Steven Vit wählt als Ausgangspunkt, die Überlegung, dass er seinen Vater nie gefragt hat, wie es ihm geht oder was er denkt. „Der Vater ist eben der Vater.“ Ein Jahr, bevor der Vater pensioniert wird, begleitet er ihn filmisch bei Geschäftsreisen, bei dessen Abschiedsfeier und im Ruhestand.
Meine Film-Tipps: Über die Streamingplattform können Sie „Für immer Sonntag“ (Wettbewerb Dokumentarfilm), „Der Riss“ und „Die Spökenkiekerin und das Fräulein“ (beide Wettbewerb Mittellanger Film), „Franky“ und „Lebensraum“ (Wettbewerb Kurzfilm) abrufen.
Sehen wir uns beim 45. Filmfestival Max Ophüls Preis? Bestimmt! Allerdings wünsche ich mir, dass der „Festivalfunk“, der zur Corona-Zeit Sinn machte, wieder zum „Talk“ wird. Zuschauer durften live hören, was Moderatoren fragten, aber nichts sagen. Schräg.