Hotels richten sich neu aus: Der Trend zum Urlaub in Deutschland und das Werben um Auszubildende sollen die Spuren, die die Pandemie in den Köpfen vieler hinterlassen hat, verwischen. Das Victor’s Residenz-Hotel Schloss Berg öffnete sich daher für einen Blick hinter die Kulissen.
Es sind oft viele kleine Dinge, die zwischen Ausbildungsstätte und Auszubildenden zusammenpassen müssen: Anfahrtswege oder nahe günstige Wohnungen, Breite der Ausbildung, Fortbildungsmöglichkeiten und – nicht zu vergessen – gegenseitige Sympathie. All dies muss stimmen, vor allem in Zeiten, in denen die Hotel- und Gastronomiebranche versucht, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie hinter sich zu lassen und wieder neue Fachkräfte zu gewinnen.
An einem Sonntagnachmittag im Februar erwartet das Victor’s Residenz-Hotel Schloss Berg deshalb Gäste: Menschen, die hinter die Kulissen eines exklusiven Hotels schauen wollen. Oder all diejenigen, die sich für eine Ausbildung im Hotelfach interessieren. Denn Nachwuchs ist dringend notwendig: Nach guten Jahren sank die Zahl der in der Hotellerie sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den vergangenen beiden Jahren der Pandemie, 2020 um 5,1 Prozent, 2021 um 7,5 Prozent. Laut Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft haben 216.000 Angestellte 2020 der Branche den Rücken gekehrt.
Das Fünf-Sterne-Superior-Haus in Perl/Nennig ist das einzige seiner Art in der Region. Diesen Level zu halten ist jedoch vor allem eines: personalintensiv. Rückblickend hat das Hotel die beiden schwierigen Corona-Jahre glimpflich überstanden. „Wir konnten die langjährigen Mitarbeiter halten. Verloren aber haben wir klassische Hilfskräfte in der Spülküche, im Housekeeping und im Service“, fasst Direktor Andreas Apel zusammen. Die Lockdowns waren der Grund, dass diese Kräfte sich neu orientiert haben, auf für diese Zeiten sichere Jobs, beispielsweise im Einzelhandel. Andere Angestellte aus dem Ausland kehrten nach Hause zurück – und blieben dort.
Kaum Probleme, Azubis zu finden
„Neue Angestellte zu finden bleibt schwierig“, so Apel. Auf eine ausgeschriebene Stelle melden sich oft nur wenige Interessenten. Weniger Probleme gibt es bei Auszubildenden. Auch an diesem Nachmittag sind es mehrere junge Menschen, die sich für eine Ausbildung oder ein duales Studium interessieren. Marketing- und Guest-Relation-Koordinatorin Alisa Fuchs führt die Gruppe durch die Hotelanlage – von der Küche über den Spa-Bereich bis ins nahe Wasserschloss. Im Bankettsaal warten Stationen, an denen sich die Besucherinnen und Besucher an der alltäglichen Arbeit in einem Hotelbetrieb versuchen können: Betten machen, Tablette tragen, mit dem Barkeeper Getränke mixen oder dem Patissier Pralinen herstellen.
„Seit den Lockdowns ist es die erste Veranstaltung dieser Art für uns“, sagt Dagmar Roustan, Personalmanagerin der Victor’s Residenz-Hotels Saarland. Ziel sei es, sich „als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb wieder in Erinnerung zu rufen und unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen“, so Roustan. „Vor Corona war die Hotellerie ein krisensicherer Beruf. Dies ist weiterhin so, doch das Schließen von Hotels und Restaurants hat Spuren hinterlassen.“
Solche Veranstaltungen sollen dies ändern und die Möglichkeiten zeigen, die sich für Auszubildende im Haus bieten: Alle können übernommen werden, während der Ausbildung könne man in weitere der 14 Hotels der Gruppe hineinschnuppern und, wenn gewünscht, auch in Azubiwohnungen in der Nähe wohnen – vor allem Letzteres eine Besonderheit, die immer mehr Ausbildungsbetriebe nicht nur im Hotelfach anbieten.
Aktuell arbeiten in dem Fünf-Sterne-S-Hotel 15 Azubis, es gibt bereits eine zugesagte Azubistelle für den Sommer. „Aber wir besitzen noch Kapazitäten für fünf bis sechs weitere“, so Hotelchef Apel. Neben der klassischen Ausbildung im Hotelfach bietet die Gruppe auch das duale Studium an: Bachelor Hotelmanagement oder BWL Tourismus, Hotellerie und Gastronomie. „Wer hier auf Schloss Berg ausgebildet wurde, kann in der ganzen Welt arbeiten“, sagt Roustan.
Genau das dachten sich auch drei junge Auszubildende aus Madagaskar: Lynda Ramahenima Ranaivo, Liantsoa Randrianantenaina und Mihaja Randriambaovonsy. „Wir sind dreisprachig: Deutsch, Französisch und Englisch. Mit dieser Ausbildung, noch dazu im Dreiländereck, wollen wir Erfahrungen in diesem Beruf sammeln“, erklärt Liantsoa. Mihaja beginnt in Kürze ihre Ausbildung bei Victor’s. „Mir geht es auch darum, dass ich meine Sprachkenntnisse einbringen kann.“ Lynda, die bereits wie Liantsoa mit der Ausbildung begonnen hat, ergänzt: „Alles, was wir hier lernen, können wir später überall anwenden – auch im Tourismus bei uns zu Hause.“
Laura Sciortinos Ausbildung dagegen ist beendet. Sie arbeitet nun als Assistentin der Hausdame auf Schloss Berg. „Für mich ausschlaggebend war der Ruf – Victor’s war mir ein Begriff. Ich habe lange in der Gastronomie gearbeitet, aber ich wollte mein Wissen ins Hotelfach erweitern.“ Entscheidend erschien ihr auch, in der Gruppe zwischen Hotels wechseln zu können – das erlaube Flexibilität.
Branche verhalten optimistisch
Ganz ohne Schattenseiten aber bleibt die Branche derzeit nicht. Inflation und Energiepreise hinterlassen Spuren. „Neben den Nachwirkungen der Corona-Krise machen dem Gastgewerbe die hohen Kosten zu schaffen“, erklärt der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Guido Zöllick. „Nach den Corona-Jahren mit historischen Umsatzverlusten steht die Branche weiter unter Druck. Zugleich nähern sich immer mehr Betriebe den Vorkrisenumsätzen an. Die Nachfrage ist seit Mai 2022 kontinuierlich gewachsen. Die Umsatzverluste werden geringer.“ Mut macht laut Zöllick die wachsende Nachfrage. So lief das Weihnachts- und Silvestergeschäft für viele Betriebe besser als erwartet. Jeder zweite Gastronom und Hotelier beurteilt sein Geschäft zum Jahresende mit „gut bis sehr gut“, 33,9 Prozent bewerten den Verlauf mit „befriedigend“ und 16 Prozent mit „schlecht“. Immerhin jeder Fünfte (19,5 Prozent) berichtet von einem besseren Verlauf des Weihnachts- und Silvestergeschäfts als im Vorkrisenjahr 2019. „Die Inflation bekommt jeder zu spüren. Wir begegnen dem, indem wir mit jedem unserer Angestellten individuell sprechen. Hier im Haus versuchen wir mit kleinen Maßnahmen in der Verwaltung Energie zu sparen“, sagt Hotelchef Andreas Apel. Dass die Inflation derzeit die Gästezahlen drückt, sei jedoch nicht zu spüren. „Der Deutschland-Tourismus boomt. Die Gäste bleiben vor allem im eigenen Land, und davon profitieren auch wir.“ Um sich darauf vorzubereiten, habe man die Lockdown-Zeit genutzt. „Vor allem haben wir neue Angebote auf den Weg gebracht.“
Abgestimmt sind diese auf die Lage, die Region und die schon vorhandenen Angebote. Mit Drei-Sterne-Koch Christian Bau und dessen „Fine Dining“-Restaurant hat das Hotel ein besonderes Alleinstellungsmerkmal. „Hier gibt es Reservierungs-Vorlaufzeiten von etwa sechs Monaten“, so Apel. Von Krise nichts zu spüren. „Wir möchten, dass der Gast uns als Ferienhotellerie wahrnimmt.“ Daher habe man sich von größeren Veranstaltungen an Wochenenden verabschiedet und will sich auf individuell Reisende einstellen: Mehr Ausflüge, Wanderungen oder Livemusik am Wochenende sollen Touristen auch für einen kürzeren Zeitraum anlocken. Auch diese Ausrichtung bleibt personalintensiv. Der Bedarf an Fach-und Hilfskräften bleibt also weiterhin hoch.