Unwiderstehlich tanzbar
Schon die beiden ersten Alben des französisch-algerischen Kollektivs aus Paris mit dem Namen Acid Arab waren unwiderstehlich tanzbar. Und „Trois", das brandneue Drittwerk, übertrifft dieses Niveau noch bei weitem. Nahezu aussichtslos scheint es also, diese Rezension im Sitzen zu schreiben, während die Musik läuft. Vielleicht ginge es mit einem Stehpult notdürftig. Im Info-Zettel ist von „algerischer Gasba-Musik, anatolischem Trance, alevitischer Tradition, synthetischer Dabke und bionischem Rai" die Rede. Wer möchte, darf sich gern in diese Themen hineinlesen. Oder aber man hält es einfach mit den ersten vier Wörtern des Info-Zettels: „Zehn Stücke, zehn Tanzflächenknaller."
Gastmusiker und Gastsängerinnen zieren annähernd jedes Stück – und prägen die Musik enorm. „Die Arbeitsbeziehung zu den Gastmusikern gibt uns den Antrieb zur Ausweitung des Konzepts", verrät die Band. Schließlich wolle man „keine identische Formel wiederholen." Das ist ihnen trefflich gelungen!
Die Eröffnung „Leila" mit Sofiane Saidi am Mikro pluckert, peitscht und schlingert mit beeindruckender Intensität. Wer da sofort aufspringt, bleibt dann gleich auch für „Döne Döne" in der Senkrechten. Die Band schätzt darin den „tief spirituellen und psychedelischen Stil" des Sängers Cem Yildiz. Beide Stimmen kennt man vom Acid-Arab-Debüt mit dem Titel „Musique de France". Man spürt deutlich: Das Ziel ist eine Horizonterweiterung und keine Soundneuerfindung. Noch clubtauglicher geriet der Titel „Ya Mahla". Welch hypnotisierender Rhythmus, der die politische Aussage – „Freiheit und (arabische) Revolution!" – dieser zweiten Single-Auskopplung befeuert. Die erste (vom September) war übrigens „Halim Gueli". Nicht vollends geglückt sind hier allerdings die sämigen Achtziger-Synthie-Schlieren. Mit Chiziane Melih und Fella Solana treten für die beiden poppigeren, wiederum vollends beglückenden Stücke „Habaytak" und „Gouloulou" zwei Frauen ans Mikro. Danach wird „Trois" wieder knarziger und knalliger. Der Song „Emo" tönt wie arabische Depeche Mode!
Die Winter-Tour der Band ist zwar leider schon vorüber, man hofft aber auf Festivals!