Alba Berlin steht nach langer Zeit mal wieder nicht in einem nationalen Endspiel. Das Aus im Pokal-Halbfinale ist für die Protagonisten ungewohnt, könnte aber auch die Sinne im Meisterkampf schärfen.
Die Spieler verließen mit hängenden Köpfen das Parkett, der Trainer haderte mit den vielen Fehlern, die Fans reisten enttäuscht wieder zurück nach Hause. Nach dem Halbfinal-Aus von Alba Berlin beim Final Four in Oldenburg machte sich Tristesse beim deutschen Basketball-Meister breit. Das Ende der Erfolgsserie mit zehn nationalen Finalteilnahmen in Folge drückte erheblich auf die Stimmung rund um den Hauptstadtclub. Geschäftsführer Marco Baldi sah sich trotz der eigenen Enttäuschung sogar gezwungen, die 77:83-Niederlage gegen den FC Bayern München ins rechte Licht zu rücken: Ja, Alba habe verdient verloren – aber mehr sei nicht passiert.
„Es war jetzt keine Sensation", betonte Baldi. Jeder sei zwar „enttäuscht", denn bei einem Final-Four-Event wolle man immer die beste Leistung abliefern, sagte Baldi: „Man fährt da zum Pokal, da ist eine Riesenaufregung, man hat 1.000 Fans im Rücken, man verausgabt sich und geht mit leeren Händen raus." Das sei nicht schön, „das muss man erst einmal verdauen" – aber die erste vergebene Titelchance sei alles andere als ein sportlicher Genickbruch. „Die Mannschaft ist intakt", bestätigte Baldi. Der Geschäftsführer wollte der Mannschaft trotz des eher schwachen Spiels keine großen Vorwürfe machen, denn an Einsatzfreude habe es nicht gemangelt: „Man hat sich sehr, sehr viel vorgenommen, man hat auch alles rausgeholt." Nur der Ertrag war eben zu wenig.
„Es war jetzt keine Sensation"
Es gehe nun darum, den Rückschlag zu verarbeiten und „etwas aufzubauen, um bei der zweiten großen Titelvergabe ein ernsthaftes Wort mitsprechen zu können", sagte Baldi. Der 60-Jährige sprach damit den Meisterschaftskampf an, bei dem Alba als aktueller Tabellenführer bislang eine herausragende Figur macht – während Pokal-Bezwinger Bayern dort den Erwartungen noch hinterherläuft. Im Pokal endete dagegen für die Münchner eine Durststrecke, dank des 90:78 im Endspiel gegen Gastgeber EWE Baskets Oldenburg feierte der Club nach 1968, 2018 und 2021 den vierten Triumph in diesem Wettbewerb.
Bevor Alba am 4. März zu Hause gegen die Bayern die schnelle Chance auf eine Revanche bekommt und dort seine Ausgangsposition für die Playoffs weiter verbessern kann, stehen in der Euro League zwei hitzige Auswärtsspiele in Bosnien an: Zuerst muss Berlin am Freitag (24. Februar) zu Roter Stern Belgrad, sechs Tage später zu Partizan Belgrad. Bis dahin dürften die Verantwortlichen die Spieler wieder aufgebaut haben – mental wie körperlich. „Jetzt gibt es ein wenig Zeit, um an der Form, der Gesundheit und auch am Spiel etwas feilen zu können", sagte Baldi über die ungewohnt trainingsintensive Woche, „und das werden wir auch brauchen".
Denn das Pokalspiel gegen die Bayern war bisher eines der schwächsten Saisonspiele von Alba, vor allem in den entscheidenden Situationen zogen die Albatrosse zu oft den Kürzeren. „Es war wie immer sehr eng", sagte Jaleen Smith, „letztlich hatten die Bayern die etwas besseren Aktionen".
Smith war es mit 31 Punkten zu verdanken, dass Alba in der zweiten Hälfte überhaupt noch auf einen Sieg hoffen durfte. Dass das Spiel nicht das große Offensivspektakel bot, war für Smith aber keine Überraschung. „Wir kennen uns aus etlichen Duellen gut, und es ging um viel", erklärte der US-Amerikaner, „deshalb war es am Ende ein Spiel mit wenig Punkten". Und Alba traf etwas weniger in den Korb. „Es sollte heute einfach nicht sein", so Smith lapidar.
Doch ganz so einfach wollte es sich Trainer Israel González nicht machen. Der Spanier sprach konsequent auch die Fehler an, die zu 21 Ballverlusten geführt hatten. Aber auch der Perfektionist González ließ Milde walten. Offensiv sei man „immer wieder ins Laufen" gekommen, und die Spieler hätten trotz der Verletzungssorgen immerhin bis zum Ende gekämpft, auch wenn der Spielrhythmus bei vielen gefehlt habe. „Es waren nicht alle Spieler in der besten Verfassung", bestätigte auch Sportdirektor Himar Ojeda: „Gerade die, die wichtig für unser Spiel sind". Gemeint waren Kapitän Luke Sikma, Nationalspieler Maodo Lô und Tamir Blatt, die vor dem Final Four angeschlagen nicht trainieren konnten und die sich auch deshalb weit von ihrer Topform entfernt präsentierten. Die Ausbeute von 4 (Lô), 1 (Sikma) und 0 Punkten (Blatt) war sogar indiskutabel für die Klasse dieser Spieler.
Die Position des Point Guards war wieder einmal ungenügend besetzt, weil vor allem Blatt „müde" war, wie nicht nur Ojeda erkannte, „weil er zuletzt zu viele Spiele absolvieren musste". Ojeda stellte aber klar, dass sich Blatt und die zuvor verletzten Lô und Sikma in den Dienst der Mannschaft gestellt hätten und deswegen Kritik unangebracht sei: „Wenn es irgendein anderes Spiel gewesen wäre, hätten sie gar nicht gespielt."
Die ebenfalls personell angeschlagenen Münchner nutzten die Schwäche der Berliner eiskalt aus und verdienten sich den Sieg, weil sie das Tempo konstant hochhielten und dabei deutlich weniger Fehler produzierten als der Gegner. „Wir wollten durch schnelle Gegenstöße zum Erfolg kommen, das ist uns sehr gut gelungen", meinte Bayern-Spielmacher Cassius Winston, der nicht nur wegen seiner 21 Punkte der herausragende Akteur seiner Mannschaft im Halbfinale war.
Die Generalprobe verlief schleppend
Schon in der Bundesliga BBL hatte sich zuvor angedeutet, dass Alba für das Pokal-Spitzenspiel vielleicht nicht gerüstet sein könnte. Der Meister hatte sich bei der Generalprobe zu einem 91:85 bei den Merlins Crailsheim gemüht. Der zwölfte Liga-Sieg in Folge fiel dem Favoriten deutlich schwerer als erwartet, angesichts des bevorstehenden Highlights im Pokal wollte dies aber zu dem Zeitpunkt keiner überbewerten. „Es war fast unvermeidlich, nicht das Final Four im Hinterkopf zu haben", hatte Center Yanni Wetzell zugegeben. Trainer González habe zwar „großen Wert darauf gelegt, dass wir uns auf das Spiel davor konzentrieren und nicht zu weit nach vorn schauen". Aber so ganz konnten die Profis die Vorgabe nicht in die Realität umsetzen.
González war aber nicht so streng bei der Beurteilung der Leistung – zumal ein Blick zum Pokal-Halbfinalgegner seine Laune deutlich verbessert haben dürfte. Denn die Münchner hatten ihre Generalprobe bei der peinlichen 70:89-Niederlage bei Außenseiter Hamburg Towers komplett in den Sand gesetzt. „Es gibt keine Worte, diese Leistung zu beschreiben. Wir waren blamabel, sogar mehr als das", hatte Trainer Trinchieri nach der Schlusssirene geschimpft. Der emotionale Italiener schaffte es jedoch, sein Team im Pokal anders einzustellen.
Eine Hiobsbotschaft gab es aber für die Bayern: Der US-amerikanische Power Forward Augustine Rubit verletzte sich im Duell gegen Alba schwer an der Achillessehne, einen Tag später wurde er bereits operiert. „Es sieht nicht gut aus", sagte Geschäftsführer Marko Pesic, ohne direkt nach dem Unfall nähere Details nennen zu können. Der 33-jährige Rubit war in der zweiten Halbzeit umgeknickt.
Doch auch davon ließ sich der spätere Pokalsieger nicht beirren und feierte zuerst den Prestigesieg gegen Alba und dann den Titel. Für Alba heißt es nun: Angriff auf den Meistertitel! Auch hier steht eine Serie mit zuletzt drei Triumphen in Folge zur Verteidigung.