US-Studie belegt: Wer im Unterricht vorne sitzt, hat mehr Lernerfolg
Was wären wir nur ohne die amerikanischen Psychologen! Mit viel Gehirnschmalz und wissenschaftlicher Akribie untersuchen sie meist Phänomene, die wir sonst eigentlich nur aus eigener Anschauung gut kennen.
Gerade haben sich besagte US-Forscher mit den Sitzplätzen von Schülern im Klassenraum beschäftigt und herausgefunden: Je weiter vorne ein Schüler sitzt, desto besser sind seine Leistungen! Vergeblich hatten wir früher unseren Eltern zu vermitteln versucht, dass keineswegs Faulheit oder mangelnde Intelligenz Ursache unserer miserablen Zeugnisse waren. Vielmehr litten wir offensichtlich darunter, dass uns die Lehrer im Klassensaal zu weit nach hinten platziert hatten.
Nun ja, anfangs hatten wir sogar auf den Hinterbänken einige beachtliche Erfolge erzielt, weil wir in dieser Abgeschiedenheit bei Klassenarbeiten von dem damals noch weitgehend unbekannten Team-Kleingruppenmodell (wir nannten das unwissenschaftlich „Fuschen“) profitieren und unsere kommunikativen Fähigkeiten mit unseren Nebenmännern (Nebenfrauen gab es damals leider noch nicht) ungeniert ausleben konnten. Wenn wir den amerikanischen Psychologen glauben dürfen, waren wir damals also als Hinterbänkler unserem schulischen Schicksal wehrlos ausgesetzt. Selbst die den pultfernen Schülern viel häufiger aufgebrummten „zusätzlichen Übungsarbeiten“ (früher durften Lehrer dazu noch „Strafarbeiten“ sagen) konnten das räumlich bedingte Leistungsdefizit nie beseitigen.
Durch die wissenschaftlich nachgewiesene Benachteiligung der hinteren Schülerreihen sehen wir uns jetzt endlich rehabilitiert. Schade, dass unsere verstorbenen Eltern das nicht mehr miterleben durften.
Auch ohne psychologische Studien begriffen wir spätestens in der gymnasialen Mittelstufe die enge Korrelation zwischen Sitzplatz und Lernerfolg und haben unsere räumliche Position vorausschauend optimiert: Wir strebten nicht nur nach besseren Noten, sondern auch in die vorderen Bankreihen und in die förderliche Nähe zur Lehrkraft.
Es gehört allerdings zu der uns eigenen Wahrhaftigkeit, hier noch weitere Beweggründe für unsere Sitzplatzrochaden zu nennen: In Ermangelung von Mitschülerinnen blieb uns Pubertierenden nichts anderes übrig, als weibliche Lehrpersonen in den Mittelpunkt unseres schulischen Interesses zu stellen. Als dann in der Untersekunda eine junge promovierte Biologielehrerin unsere müde Klasse belebte, war es natürlich erstrebenswert, dem Quell der neuen Begeisterung näher zu rücken. Unser „Fräulein Doktor“ hatte nämlich die reizende Angewohnheit, sich im knappen Minirock auf die Pultkante zu setzen und mit übereinander geschlagenen Beinen eine später in die Hollywood-Historie eingehende Sitzposition einzunehmen.
Zum Glück hatten wir zu dieser Zeit in strategischer Voraussicht bereits die leistungsfördernde erste Sitzreihe erobert und hätten sie selbst für die neueste Beatles-Platte nicht mehr eingetauscht. Selbstverständlich lag uns nichts ferner, als eine Lehrperson nach Äußerlichkeiten zu bewerten, aber unsere knackige Bio-Lehrerin beeindruckte uns 16-Jährige nicht nur mit ihrem Doktortitel! Dass sie uns allein mit ihrer Sitzposition jede Menge nicht Lehrplan-relevante biologische Einsichten vermittelt hat, belegte schon damals die eingangs erwähnte psychologische Erkenntnis: Wer hinten sitzt, bekommt oft das fürs Leben Wichtigste nicht mit und kann das meist nur mit viel Mühe kompensieren.
Im Unterricht unserer Frau Doktor mussten Hinterbänkler öfters unter den Sitzbänken hindurch nach vorne robben, um ihr biologisches Wissensbedürfnis hautnah stillen zu können. Dagegen durften wir auf unserem privilegierten vorderen Sitzplatz mit viel Lerneifer den mühelosen Blick ins pralle Leben genießen.
Wenn Schüler also heute trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse immer noch ganz hinten sitzen wollen, kann das nur daran liegen, dass dort der Handy-Empfang besser ist.