Neuaufbau ein Jahr nach der empfindlichen Wahlniederlage. Die CDU Saar hat die ungewohnte Oppositionsrolle angenommen. Die inhaltliche Neuaufstellung der Partei ist noch in den Anfängen.
Standing Ovations und sichtlich aufgehellte Mienen beim Politischen Aschermittwoch der CDU Saar, an dem so ziemlich alles neu war: der Ort (statt wie traditionsgemäß nach Schwalbach lud die CDU nach Elm ein); der Hauptredner, zumindest in dieser Rolle als Oppositionsführer: Stephan Toscani, die gesamte Ausgangslage – knapp ein Jahr nach einer überdeutlichen Wahlniederlage.
Toscani, dessen eher bedächtiges Image durch seine Jahre als Finanzminister und Parlamentspräsident geprägt ist, hatte nach ziemlich übereinstimmender Ansicht im Saal den richtigen Ton getroffen, zwischen Angriff auf die nunmehr alleinregierende SPD und Zuversicht für die eigenen Reihen: „Wir sind wieder da.“
Die CDU, so der Eindruck an diesem Abend beim traditionsreichen Aschermittwochshering, hat ihre neue Rolle in der Opposition angenommen. Thematisch war klar, dass die doch erheblichen Differenzen in der Bildungspolitik zwischen den ehemaligen Regierungspartnern nun in aller Schärfe ausgetragen würden. Schon zur gemeinsamen Regierungszeit hatten die Differenzen immer wieder für Koalitionsstreit gesorgt.
Eine weitere Vorlage lieferte der von der Regierung auf den Weg gebrachte Transformationsfonds, den die CDU inzwischen regelmäßig als „Schuldenfonds“ bezeichnet. Sie hat ein Gegenkonzept entwickelt, das in der Gesamtsumme ebenso wie das der Landesregierung auf einen Bedarf von runden drei Milliarden für den Strukturwandel kommt, nur will die CDU lediglich ein Drittel davon über Landesschulden stemmen und den Rest von Bund, EU und durch private Investitionen beschaffen. Drei Milliarden Schulden – das setze die künftige Handlungsfähigkeit des Landes aufs Spiel, so die Kritik an dem Regierungsvorhaben. Toscani kann in diesem Feld auf seine Erfahrungen als Finanzminister bauen.
Toscani baut auf Erfahrung
Gleichzeitig muss er das Thema Wirtschaftspolitik als Oppositionsführer selbst bearbeiten. Der eigentliche wirtschaftspolitische Sprecher, Bernd Wegner, musste diese Aufgabe ruhen lassen, nachdem er sich staatsanwaltlichen Ermittlungen in Zusammenhang mit Untreuevorwürfen bei der Handwerkskammer gegenüber sah, deren Präsident er ist.
Mit dem Ende der Großen Koalition sind die politischen Unterschiede zwischen den beiden saarländischen Volksparteien deutlich geworden. Debatten im Landtag sind lebhafter, die CDU hat ihre Rolle als Opposition im Parlament vergleichsweise schnell gefunden.
Dass sie die Situation der Kommunen zu einem prioritären Thema gemacht hat, hat in der Sache gute Gründe, ist aber mit Blick auf die Kommunalwahlen im kommenden Jahr sicher auch eine strategische Überlegung. Gerade für die CDU wird das eine wichtige Standortbestimmung. Die Wahlniederlage war nicht zuletzt auch einer inhaltlichen Unschärfe nach langer Regierungszeit geschuldet. Die Suche nach einem neuen, klaren politischen Profil steht noch in den Anfängen. An sogenannten Thementischen soll die Basis mit einbezogen werden.
Einen Neuanfang hat auch die Nachwuchsorganisation vor sich. Der JU-Vorsitzende musste zurücktreten, nachdem Sexismusvorwürfe bekannt geworden waren. Die Nachfolge soll Ende März geklärt werden.
Die gute Aschermittwochsstimmung war für die Partei sicher atmosphärisch wichtig, eine neue CDU hat sich dabei aber noch nicht wirklich gezeigt. Wie schwierig das ist nach den langen Regierungsjahren, blitzt immer mal wieder auf, wenn bei aktuellen Entwicklungen auf die Verdienste verwiesen wird, die die eigene Partei daran habe. Jüngstes Beispiel ist die Ansiedlung der Halbleiterfabrik von Wolfspeed: Gewiss reichen die Vorbereitungen dafür in die Zeit der GroKo zurück. Gleichwohl wirkt es vonseiten der CDU etwas beleidigt, wenn sie sich beklagt, dass nun die SPD-Alleinregierung diesen Erfolg für sich allein in Anspruch nehme.
Als Opposition hat die Saar-CDU schnell an Profil gewonnen – als Partei hat sie noch ein gutes Stück Arbeit vor sich. Insofern befindet sie sich in guter Gesellschaft mit der Bundespartei.