Abenteuersportler, Aids-Aktivist, Referent, Autor, Unternehmer, Motivator – das ist Joachim Franz. Besonders am Herzen liegt ihm sein Engagement für junge Menschen und nachhaltige Projekte in Südafrika.

Bei Joachim Franz ist es weniger sein Name, der bekannt ist, sondern vielmehr sein Engagement. 2008 wurde er von der Zeitschrift „Reader’s Digest“ zum Europäer des Jahres gewählt, 2009 für seine Werte und seinen Lebensweg mit dem Prix Romantik Liebold ausgezeichnet. 2010 erhielt er den Hope Award in Dresden, 2011 die Auszeichnung für sein soziales Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und die ehrenamtlichen Team-Aktionen „World Aids Awareness Expedition“ wurden in den Jahren 2011, 2012 und 2015 vom Rat für Nachhaltige Entwicklung mit dem Qualitätssiegel „Werkstatt N-Projekt“ ausgezeichnet.
Der Berufsweg von Joachim Franz begann zunächst ganz unspektakulär als Schichtarbeiter im VW-Werk in Wolfsburg. Der Werkzeugmacher, dessen Vater und Großvater bereits bei VW arbeiteten, führte ein ganz normales Leben: Familie, eine schöne Wohnung, Urlaub in Spanien, Essen, Trinken, Feiern. Mit Ende 20 zeigt die Waage über 120 Kilogramm an. Immer unzufriedener werdend, reflektiert und hinterfragt er mehr und mehr sich und sein Leben. Ein ganz normales Leben und mit 30 Jahren schon am Ende seiner Planung; alle Weichen sind gestellt. Joachim Franz fasst von heute auf morgen einen Entschluss und verändert sein Leben radikal.
Kampf gegen Apartheid beeindruckt ihn
„Das schaffst du nicht!“ Diesen destruktiven Satz hört er oft. Ermutigung gibt es eher selten. Mit intensivem Lauftraining schmelzen die Kilos. Es folgt eine berufliche und private Veränderung. Diese Veränderungen belasten das Verhältnis von Joachim Franz zu seiner Frau. Im Jahr 2000 trennt sich das Paar nach 15 Jahren Ehe. Einvernehmlich, um die gemeinsame Tochter nicht zu belasten. Er erfährt und erkennt in dieser Situation besonders deutlich: „Wenn ich mein Leben verändere, verändere ich Leben. Das ist ganz wichtig.“
Die seinem Entschluss zur Veränderung folgenden, extremen sportlichen Leistungen schaffen öffentliche Aufmerksamkeit. Um das Jahr 2000 herum hat Joachim Franz erste Berührungspunkte mit einem Projekt, welches sich um von Aids/HIV betroffene Mädchen in Nepal kümmert. In Deutschland ist das Thema Aids ebenfalls präsent, doch kaum jemand will dafür öffentlich eintreten. 2001 bewältigt er dann für die Deutsche Aids-Stiftung die Strecke von Paris bis Dakar mit dem Mountainbike. 2003 gründet er gemeinsam mit Sandra Wukovich und weiteren Engagierten ein Team. Das war die Geburtsstunde vieler großer Expeditionen rund um die Welt. 2004 bringt das Team eine überdimensionale Aids-Schleife auf einem der Gipfel des Pik Pobedy in Kirgistan in Höhe von 7.000 Metern an.
Der Kampf gegen die Apartheid beeindruckt Joachim Franz seit seiner Jugendzeit. Direkt nach dem Amtsantritt von Nelson Mandela 1994 ist er das erste Mal in Südafrika. Die Begegnungen mit Menschen der Region Underberg, Himeville waren ausschlaggebend für eine von 2004 bis heute anhaltende Zusammenarbeit. Dazu braucht er ein großes Team. Joachim Franz schafft es, zu begeistern, zu motivieren und zu ermutigen. Gerade das scheinbar Unmögliche ist sein Antrieb. Diese Überzeugung gibt er weiter und bewegt so viele Menschen zum Mitmachen, zum Mitgestalten, zum Mithelfen und zum Umsetzen von eigenen Ideen. Viele Aktionen, Bücher und Vorträge verhelfen diesem Engagement in Afrika zu Bekanntheit. 2006 gründen Joachim Franz und Sandra Wukovich den Verein Be Your Own Hero (Sei dein eigener Held), der vornehmlich in Südafrika nachhaltige Projekte umsetzt, aber auch regionale Jugendprojekte. Der Verein Be Your Own Hero ist in seiner Struktur und Organisation immer weiter gewachsen. So arbeiten heute ehrenamtlich engagierte Vorstände, Kuratoriumsmitglieder und Vereinsmitglieder am Erfolg des eingeschlagenen Weges mit.
Schon kurz nach der ersten Begegnung mit der Region in Südafrika beginnt die Unterstützung. In Underberg/Himeville in der Provinz KwaZulu-Natal entsteht das Waisenhaus Clouds of Hope. Das bringt den Stein ins Rollen. Dort, wo 2003 ein altes kleines Farmhaus stand, steht heute ein ganzes Kinderdorf. Es sind viele Gebäude und Projektstufen entstanden, die alle darauf abzielen, den Kindern und jungen Menschen vor Ort ein Zuhause und Zukunftsperspektiven zu geben. Eine saarländische Initiative finanzierte in den Jahren 2011 und 2012 das „Saarhome“, vor Ort „Halfway House“ genannt. Es war der erste Baustein zu einem „Ökosystem“, das vor allem den bedürftigen Kindern dieser Region eine Zukunft schenken sollte. Die Vision des Vereins heißt von diesem Augenblick an: „Wir schenken einer Region die Zukunft ihrer Kinder!“
Sichere Anlaufstellen für junge Menschen
Das Vorhaben „Wir schenken einer Region die Zukunft ihrer Kinder“ stellt Joachim Franz zu Beginn des Projektes den Mithelfern vor: „Wir müssen uns 25 Jahre Zeit nehmen, dann funktioniert das auch. Entwicklungshilfe braucht Zeit. Was bedeutet ‚die Zukunft der Kinder?‘ Es braucht zuerst eine Analyse, was sind die ersten Schritte, mit wem muss man sprechen, mit wem arbeitet man in Südafrika zusammen? Wir haben vielleicht Ideen, aber die Lösung liegt in der Kooperation und in dem Wissen vor Ort.“ Joachim Franz erklärt seine Sichtweisen zu den wichtigsten Eckpunkten für Nachhaltigkeit und zum Erfolg von Hilfemaßnahmen. Heute, nach fast 20 Jahren, zeigt sich, dass diese Einschätzung richtig war. In der von hoher Arbeitslosigkeit, vor allem von Jugendarbeitslosigkeit, geprägten Region sind die zehn Handlungsfelder von Be Your Own Hero, die sich an den Bedürfnissen der jungen Menschen orientieren, mit den Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort in Einklang gebracht. „Wir haben in dieser Zeit viel geschafft. In einem klar umrissenen Lebensraum sind für die jungen Menschen Perspektiven geschaffen und damit auch vielen Familien neue Möglichkeiten gegeben. Uns war auch wichtig, unser Projekt auch in anderen Regionen umsetzbar zu machen. Vor Ort haben wir nun das Ziel, bis 2028 dieses Ökosystem voll funktionsfähig zu machen.“
Dieses reicht von den Safehouses als sichere Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche in den ländlichen Townships, dem Kinderdorf Clouds Of Hope über das Halfway House (Saarhome) für die Jugendlichen über 18 Jahre mit abgeschlossener Schulbildung, dem Ausbau der regionalen Schulen, bis hin zum Berufseinsteiger-Konzept „Ready4Work|South Africa“, welches den jungen Menschen die Möglichkeit gibt, sich schon in der Schule zu orientieren. Danach hilft das Konzept dabei, sich für ein Praktikum, eine Ausbildung im Handwerk oder Dienstleistungsbereich zu entscheiden. Zudem gibt es die Möglichkeit über verschiedene Stipendien ein Studium zu beginnen.
Schon heute blickt der Verein stolz auf gelungene Biografien von Kindern und inzwischen jungen Erwachsenen zurück. Ein Rechtsanwalt, eine Lehrerin und ein Lehrer, die verschiedensten Handwerksberufe bis hin zu Feuerwehrmännern und Polizisten. Vielen jungen Menschen ist ein guter Start ins Leben gelungen, der ohne das Engagement des Vereins so nicht möglich gewesen wäre.
Es hat viele Jahre und viele realisierte Projekte gebraucht um Vertrauen vor Ort zu schaffen. Heute arbeiten die beiden Vereine Be Your Own Hero South Africa und Be Your Own Hero mit Politikern, Kirchen und vielen Institutionen zusammen. Südafrika braucht keine „weißen Besserwisser“, berichtet Joachim Franz von ihren Erfahrungen. „Südafrika braucht echte Freund- und Partnerschaften, die eine südafrikanische Kultur in den Mittelpunkt ihres Denkens stellt. Wir sind keine Gönner, wir sind Partner auf Augenhöhe, die einem Land, einer Region helfen, seine Identität nach Kolonialismus und Apartheid, in einer neuen und unruhigen Zeit wiederzufinden. Es braucht diese Glaubwürdigkeit, denn es ist unerlässlich, die Menschen vor Ort einzubinden. Noch schöner ist es, wenn die unterschiedlichen Kulturen in den Austausch gehen, denn Lernen, das gilt auf beiden Seiten, hört niemals auf.“ Diese intensive Zusammenarbeit ermöglichte auch den Umbau einer denkmalgeschützten Mission. Aus einer kleinen Schule für gerade einmal 20 Kinder ist heute die Reichenau Mission Primary School geworden. In sechs Bau- und Restaurationsschritten zwischen 2015 und 2022 und einer Investition von rund einer Million Euro sowie jeder Menge Know-how und Arbeitskraft aus der der Region, gilt diese Grundschule mit Kindergarten und Vorschule heute als eine der bedeutendsten Bildungseinrichtungen der gesamten Region, mit fast 400 Schulplätzen.
Joachim Franz ist immer in Bewegung. Ob beruflich – seit 2004 hat er sich mit der Abenteuerhaus GmbH selbstständig gemacht – oder für das soziale Engagement. Er reist deutschlandweit, unermüdlich um Menschen zu treffen, zu verbinden, mit ihnen zu arbeiten. Beim jährlichen Treffen der Unterstützer aus dem Saarland ist sein Vortrag über die Vorhaben von Be Your Own Hero wieder ein Feuerwerk: Neubau einer Highschool, Startschuss für den Bau der Education Zone mit Bildungshaus, Mehrzweckhalle und Praktikumswerkstätten.
„Eine besondere Chance in meinem Leben“
Joachim Franz plant im August und September 2023 eine Tour durch Deutschland: an 32 aufeinanderfolgenden Tagen, vom 26. August bis zum 26. September. Nicht mit dem Fahrrad, sondern mit seinem Lieblingssportgerät, dem Tretroller. „Roll For A Mission“ heißt die Aktion, die er für Be Your Own Hero fährt. Noch einmal will er es wissen. Vielleicht das letzte Mal, denn der Zeit- und Trainingsaufwand ist groß und muss in das heutige Leben „eingepasst“ werden. Ein Tagespensum von ungefähr 100 bis 150 Kilometer hat er dabei angepeilt. Das heißt, sechs bis zwölf Stunden durchhalten, 32 Tage, kein Pausentag. „Es wird wehtun, aber das ist gut so. Wenn es wehtut, merkt man, dass man lebt!“ sagt der Sportler lachend.
Die angefahrenen Städte heißen Gast-Etappenorte. Joachim Franz sucht Menschen, die als Gastgeber die abendlichen Vortragsrunden ausrichten. Die Vision „Wir schenken einer Region die Zukunft ihrer Kinder“ braucht Patinnen und Paten, die sich gern mit einer Patenschaft an der Zukunftssicherung beteiligen. Als Gastgeber Interessierte können sich unter www.beyourownhero.de über „Roll For A Mission“, informieren und mit ihm in Kontakt kommen.

Anlass für die Roller-Tour ist auch ein persönliches Jubiläum: Seit 20 Jahren engagiert sich Joachim Franz in seiner zweiten Heimat Südafrika. Der Abenteurer resümiert: „Ich habe ganz viele schöne und unschöne Dinge gesehen, viele außergewöhnliche Erfahrungen gemacht, die die Mehrzahl der Menschen nie sehen und nie machen wird. Ich betrachte dies als einen Schatz, den materieller Reichtum niemals ersetzen kann. Diese besondere Chance meines Lebens erlaubt mir oft, Dinge anders zu sehen und auch ganz andere Ideen in meinem Kopf zu haben. Ich sehe mich nicht als Coach sondern als Mentor. Ein an Erfahrungen reiches Leben erteilt einem die Pflicht, davon abzugeben. Es ist, wie ein Lehrer zu sein, vor allem jüngeren Menschen eine Vorstellung geben zu können, was ein Mensch, ein Team, eine Expedition kann.“
Spannung gibt es für Joachim Franz viel – manchmal zu viel? „Ganz selten. Ich lebe für meine Ideen, Werte, Ideale und die Hoffnung, dass die Dummheit der Menschen noch Raum lässt um eines Tages zu erkennen, dass nur ein großes Herz, ein ehrlicher Gedanke und eine dicke Portion Liebe, das große Rad in die richtige Richtung drehen kann.“