Mit der Nationalen Wasserstrategie will die Bundesregierung die wichtigste Quelle allen Lebens für die Zukunft sichern. Damit trifft sie die Länder nicht unvorbereitet. Diese Vision bis 2050 umzusetzen, könnte aber problematisch werden.
Der deutsche Bundestag hat Mitte März die Nationale Wasserstrategie verabschiedet. Sie will die nationalen Wasserressourcen sichern und legt zum Schutz der Gewässer einen Aktionsplan bis 2030 vor. Er wurde zusammen mit den Ländern, den Kommunen und den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet und verfolgt eine Vision bis 2050: „Der Schutz der natürlichen Wasserressourcen und der nachhaltige Umgang mit Wasser in Zeiten des globalen Wandels sind in Deutschland in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen zum Wohl von Mensch und Umwelt verwirklicht.“ Doch wie realistisch ist das?
Das Programm vereint 78 Aktionen in zehn Themengebieten. Darunter finden sich Maßnahmen, um die Flächennutzung gewässer- und klimaverträglich umzustellen, um Risiken durch Stoffeinträge im Wasser zu begrenzen und um das Bewusstsein für die Ressource Wasser zu stärken. Die Aktionen sollen die Länder bis 2030 umsetzen. So erhofft sich die Bundesregierung bis 2050 den naturnahen Wasserhaushalt wiederherzustellen und zu einer Flächenkreislaufwirtschaft überzugehen. Letzteres meint vorhandene, teils brachliegende Flächen in einen Flächenkreislauf einzubinden und andere für die Bebauung ungeeigneten Flächen zu renaturieren.
Viele Maßnahmen laufen bereits
Laut Carmen Fey vom Referat Wasser und Abwasser des saarländischen Umweltministeriums bedeutet eine Flächenkreislaufwirtschaft vor allem keine neuen Flächen für Siedlungen und Verkehr ohne Entsiegelung an anderer Stelle. „Das wird eine Herausforderung“, meint Fey, aber die Vision gebe immerhin eine Richtung vor. Grundsätzlich findet sie die kurzfristigen Ziele, die von der Bundesregierung für 2030 festgelegt wurden, realistisch. Das meiste davon sei in vielen Bundesländern, so auch im Saarland, bereits angeleiert. „Bei den Zielen bis 2050 handelt es sich aber vor allem um eine Art Wunsch. Das impliziert auch der Begriff „Vision.“
Die meisten Bundesländer könnten mit dem Aktionsprogramm an ihre laufenden Maßnahmen anknüpfen. Der Stand in den jeweiligen Bundesländern sei allerdings verschieden, da unterschiedliche Probleme vorherrschten. So hat Brandenburg Probleme mit Trockenheit und konzentriert sich darauf, sein Grundwasser zu sichern. Auch Thüringen hat eine Niedrigwasserstrategie entwickelt, um den niedrigen Wasserpegeln in den Fließgewässern und den extrem niedrigen Grundwasserständen in Folge der vergangenen Dürreperioden zu begegnen. Das Saarland dagegen arbeitet bereits seit 2019 durch systematische Förderung an seinem Hochwasserrisikomanagement.
„Als kleines Saarland hat man manchmal einen Vorteil. Weil manche Sachen in größeren Strukturen länger brauchen und bei uns in grenzüberschreitender Zusammenarbeit schneller realisiert werden können, als es bei großen Flächenländern teilweise der Fall ist“, erklärt Carmen Fey. In der Internationalen Kommission von Mosel und Saar (IKSMS) und in der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) arbeitet das Saarland mit seinen Nachbarländern zusammen, um die Oberflächengewässer zu schützen. Im Rahmen dieser Partnerschaften wird Niedrigwasser-Monitoring betrieben, und es werden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewässer untersucht. 2019 trat im Saarland die Förderrichtlinie für eine nachhaltige, gewässerverträgliche Landwirtschaft in Kraft. Seit 1996 läuft die „Aktion Wasserzeichen“, in deren Rahmen private Regenwasserbewirtschaftung und Fremdwasserentflechtung gefördert wird. Fremdwasser ist nicht behandlungsbedürftiges Wasser, das gewollt oder ungewollt in die Kanalisation abfließt. Durch Maßnahmen der Entflechtung sollen Außengebiete abgekoppelt werden, um kommunale Kläranlagen zu entlasten, Schadstoffeinträge in die Gewässer zu reduzieren und Grundwassereinbrüche zu verhindern.
Für die nachhaltige Nutzung von Grundwasserkörpern betreibt das Saarland ein dauerhaftes Monitoring in den Pegelmessstellen. Der Bund möchte eine Bundesplattform einrichten, auf der diese Daten eingetragen werden, jedoch ist noch offen, wie diese Daten technisch übermittelt werden sollen. „Wir hoffen darauf, dass der Bund mit seinem Strauß an Fördermaßnahmen eine noch größere Ausgestaltung wahrnimmt und die Länder, wie auch das kleine Saarland, dort unterstützt, wo es bereits unser ureigener Wille war, voranzugehen“, erklärt die Expertin.
Das sei nicht nur im Bereich finanzieller Förderung notwendig, sondern auch bei der Bewusstseinsbildung. Bei der Nationalen Wasserstrategie müssten laut Carmen Fey alle mitgenommen werden: die Länder, die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger. Die Expertin befürchtet, dass nicht alle wüssten, was unter einem „naturnahen Wasserhaushalt“ zu verstehen sei. „Wir als Verwaltung wissen schon, was wir darunter zu verstehen haben. Aber was die Bürger und die Allgemeinheit darunter verstehen, wäre noch mal etwas anderes. Insofern ist das eher eine Kommunikationsaufgabe in Richtung der Allgemeinheit.“ Denn die Zivilisation sei nun mal eine von Menschen gemachte Landschaft, aus der der Mensch auch nicht mehr vollständig verschwinden würde. Zielkonflikte seien vorauszusehen, auch wenn die Bundesregierung an die Länder appelliere, diese im Vorfeld zu vermeiden. „Die Nutzungsbedarfe werden mit Blick auf den Klimawandel größer, und gleichzeitig können Trockenphasen länger werden“, erklärt Carmen Fey. Sie weist darauf hin, dass es sich bei der Vision der Bundesregierung um einen dynamischen Prozess und damit eine Daueraufgabe handele und keinen Zustand, der 2050 einfach so erreicht sei.
Dialog zwischen den Kommunen
Genau aus diesem Grund sei der Dialog so wichtig. Zwischen Bund und Ländern, aber auch zwischen Ländern und Kommunen. Die kurzen Wege im Saarland ermöglichen laut Fey einen guten Austausch mit der Landes- und der Regionalplanung. Auch den interkommunalen Dialog möchte das saarländische Umweltministerium fördern, beispielsweise wenn es um die Hochwasser- und Starkregen-Vorsorgekonzepte geht, für die in 31 Kommunen der Förderbescheid erteilt sei. Elf weitere Kommunen seien im Dialog mit ihren Beraterinnen und Beratern. „Die Kommunen, die noch nicht dabei sind, kann ich an einer Hand abzählen“, erklärt Fey. Ein Thema sei die Frage nach der Veröffentlichung von Starkregen-Gefahrkarten. Einige Bundesländer befürchteten, dass durch die Veröffentlichung negative Konsequenzen für Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer im Bereich Wertentwicklung oder Versicherbarkeit entstünden. Das Saarland hat sich dazu entschlossen, die Kommunen zur Veröffentlichung zu verpflichten, wenn sie eine Förderung bekommen wollen. Untersuchungen hätten laut Fey gezeigt, dass Überschwemmungsgebiete keinen signifikanten Einfluss auf Grundstückswerte hätten. Bundeseinheitliche Regelungen durch die Nationale Wasserstrategie könnten hier vieles erleichtern.
Die Wasserstrategie trifft die Bundesländer nicht unvorbereitet, schon alleine weil sie in enger Abstimmung mit ihnen erarbeitet wurde. Sie schafft aber möglicherweise einen neuen Rahmen, der den Ländern hilft, sie umzusetzen. „Der Bund hat nun Ziele definiert, die die Länder allerdings wohl kaum im Alleingang erreichen. Es ist unstrittig, dass wir sie erreichen wollen, und der Bund wird sich bewusst sein, dass er die Länder bei der Erreichung dieser Ziele unterstützten muss.“ Denn sie sind nicht unrealistisch, aber ambitioniert.