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WAS MACHT EIGENTLICH...

Kleinschmidt und Tina Thörner 1999 vor dem Start zur fünften Etappe der Rallye Granada-Dakar
Foto: picture-alliance / dpa

… Jutta Kleinschmidt?

Als erste Frau konnte sie 2001 die legendäre Rallye Paris-Dakar gewinnen und war auch in vielen anderen inter­nationalen Marathon-Rennen erfolgreich. Die vielfach aus­ge­zeichnete Motorsportlerin macht sich seit einiger Zeit für die Elektro­mobilität stark. Die 60-Jährige engagiert sich heute auch als Funktionärin für die Rennserie „Extreme E“.

Motorsport muss nachhaltig und umweltfreundlich werden! Da gibt es überhaupt keine Diskussion“, blickt Jutta Kleinschmidt in die Zukunft ihrer Sportart.

Die Rallye-Legende aus Köln beschäftigt sich nicht nur als Rennfahrerin mit Umweltfragen, sondern versucht seit 2019 auch innerhalb des Welt-Automobilverbandes Fia als Präsidentin der Cross Country Rallye Commission, mehr Umweltschutz durchzusetzen.

Nachdem inzwischen sogar in der berühmten Rallye Dakar E-Rennwagen zugelassen sind, hat Kleinschmidt ein entsprechendes Regelwerk mitentwickelt. In der 2021 gestarteten Rennserie „Extreme E“ für ausschließlich elektrisch angetriebene Autos ist sie für das Team „ATB Cupra XE“ auch selbst wieder ins Cockpit geklettert. „Als Ingenieurin liebe ich neue Technologien und habe mich schon sehr früh für die E-Mobilität interessiert“, betonte sie im Vorjahr anlässlich ihres 60. Geburtstages.

An der Serie „Extreme E“, bei der täglich zwei Fünf-Minuten-Rennen gefahren werden, gefällt ihr besonders, dass dort zunehmend auch junge Frauen als Fahrerinnen starten können, zumal dort jeweils eine Frau und ein Mann ein Team bilden. 

Ihr Testfeld für Technologien

Jutta Kleinschmidt startet seit 2022 in der Rennserie „Extreme E“ mit vollelektrischen Wagen in extremen Regionen der Erde
Jutta Kleinschmidt startet seit 2022 in der Rennserie „Extreme E“ mit vollelektrischen Wagen in extremen Regionen der Erde - Foto: imago images / Motorsport Images 

Kleinschmidt landete 2021 mit dem Schweden Mattias Ekström auf Platz fünf und wechselte sich 2022 am Steuer des 540 PS-starken Cupra Tavascan XE mit der Dakar-Legende Nasser Al-Attiyah ab. Dass mit „Extreme E“ eine Serie speziell für Offroad-Elektroautos entwickelt wurde, sei „ein Knaller“. „Der Motorsport muss in diese Richtung, mit dem Verbrennermotor wird er nicht überleben.“ Auch privat fährt Kleinschmidt heute nur noch Elektroauto und möchte nicht mehr wechseln. Eine tolle Beschleunigung, eine gute Straßenlage und inzwischen akzeptable Reichweite seien nicht zu leugnende Vorteile, zu denen auch die einfache Wartung zählt. Als Präsidentin der Cross Country Rallye Commission hat sie dazu beigetragen, dass die Extreme E-Rennserie in jedem Veranstaltungsland ein Umweltprojekt unterstützt. „Auch wir Fahrer sind eingebunden, indem wir zum Beispiel Bäume pflanzen. Das macht Spaß und bringt die Fahrer alle zusammen.“

Sogar bei der legendären Rallye Dakar, die Kleinschmidt als erste und bisher einzige Frau gewinnen konnte, ist inzwischen mit dem Audi Q e-tron erstmals ein komplett elektrisch betriebener Rallye-Bolide zum Einsatz gekommen. An den dazu erforderlichen neuen Regularien hat Kleinschmidt als Funktionärin maßgeblich mitgearbeitet, auch wenn es ihrer Meinung nach noch einige Zeit dauern wird, bis die E-Renner bei dem inzwischen immer in Saudi-Arabien ausgetragenen Langstrecken-Event um den Titel mitfahren können.

Den Präsidenten-Job innerhalb der Fia habe sie übernommen, „um mehr Innovation in diesen Sport zu bringen“, erklärte Kleinschmidt 2022 in „Speedweek“. Das sei für sie als Ingenieurin eine Herausforderung gewesen, habe aber viel Spaß gemacht: „Der Motorsport war für mich schon immer das Testfeld für Technologien, die dann irgendwann auch mal im normalen Straßenverkehr eingesetzt werden.“ Ein Auto wie der Audi Q e-tron würde die deutsche Rallye-Pilotin schon reizen, wieder mal bei der Dakar zu starten, wo sie bereits 17-mal angetreten ist: „Das ist schon ein bisschen ein Traum“, gibt die erfolgreichste deutsche Automobilsportlerin zu. Vor allem seit heute bei den Saudis auch Frauen Auto fahren dürften. „Die Dakar wäre nie nach Saudi-Arabien gekommen, wenn hier für Frauen das Autofahren immer noch verboten wäre“, sieht Kleinschmidt den Automobilsport sogar als Anschieber des dortigen kulturellen Wandels. Dass trotz des Zuwachses an weiblichen Starterinnen nur knapp zehn Prozent Frauen die Dakar absolvieren und bei den Männern eher gestandene Cross-Country-Piloten teilnehmen, führt Kleinschmidt vor allem auf die hohen finanziellen Anfangsbelastungen im mittleren fünfstelligen Bereich zurück. „Aber ich bin mir sicher, dass wir bald auch junge Talente sehen werden, die um den Sieg mitfahren.“

Hält auch Motivationsreden

Jutta Kleinschmidt, die heute in Monaco lebt, hat sich auch mit 60 Jahren noch die Liebe zum Wettbewerb und zur Herausforderung sowie das Interesse an der Technik bewahrt. „Die Kombination aus diesen drei Punkten hat es ausgemacht“, fasst sie ihre Motivation für ihre Karriere zusammen. Nach 20 schweren Anfangsjahren habe sie aber erst durch ihren Sieg bei Paris-Dakar 2001 im weiterhin männerdominierten Automobilsport richtig Anerkennung erfahren. Aber nicht nur im Rallye-Cockpit hat Kleinschmidt sich bewiesen. Sie hat die Hubschrauber-Lizenz erworben und hat 2005 zusammen mit Joey Kelly beim Radmarathon Race Across America in achteinhalb Tagen die 5.000-Kilometer-Strecke bewältigt.

Neben ihrer Tätigkeit als Sportfunktionärin und ein paar Rennen in der Extreme-E-Serie arbeitetet Kleinschmidt auch als Instruktorin und hält Motivationsvorträge, in denen sie ihrem Publikum vermittelt, sich selbst und seinem Team zu vertrauen und aus Rückschlägen und Krisen Inspirationen für neue persönliche und berufliche Ziele zu gewinnen. Die Frage, ob sie motorsportlich noch etwas reizen könne, beantwortet sie im Magazin „Motorsport XL“ etwas unernst so: „Ich würde wahnsinnig gern ein Rennen auf dem Mond fahren.“ 

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