Zahlreiche Ehrenamtler tragen dazu bei, dass verunfallte oder gehandicapte Tiere eine höhere Lebensqualität haben. So wie die Tierschützer des Vereins Peppi’s Kleintierhilfe – ein Besuch im Taubenschlag.
Peppi – das war ein Riese. Nicht unbedingt, was seinen Körper angeht, denn er war ein Zwergkaninchen. Doch er hatte das Herz eines Kämpfers, war tapfer bei jedem Tierarztbesuch und hatte einen großen Lebenswillen. Keine seiner zahlreichen Zahn-OPs wegen Überzüchtung, kein inoperabler Tumor an seinem Kiefer konnte ihn davon abhalten, dem Riesen-Mix Paulinchen als Kopfkissen zu dienen oder dem ebenfalls deutlich größeren Pinocchio die langen Ohren abzuschlecken. Doch nach siebeneinhalb Jahren trugen ihn seine Beinchen nicht mehr, da der Tumor seinen Tribut forderte. Heute schaut das pelzige Trio hoppelnd vom Kaninchenhimmel aus zu – und gibt Peppi’s Kleintierhilfe noch immer Mut.
Denn die Mitglieder des nach dem Zwergkaninchen benannten Vereins brauchen ebenfalls Mut und Kämpferherzen: Sie kümmern sich unter anderem um Tiere mit Handicap, beispielsweise Tauben, Kaninchen oder Chinchillas. Das größte Projekt der im kleinen Wirkenden ist wohl der Taubenschlag im Saarbrücker Almet. Hier, im Stadtteil St. Arnual, unweit der Alpaka-Farm und im Schatten der Spicherer Höhen, dem kleinen Höhenzug an der Grenze zu Frankreich, pachtete Peppi’s Kleintierhilfe vor rund einem Jahr ein Gelände vom Verein Tierbefreiungsoffensive Saar. Täglich kommen die ehrenamtlichen Helfer hierher, um die Vögel zu pflegen, die Volieren zu reinigen und um zu kontrollieren, ob die gefiederten Tierchen ärztliche Hilfe benötigen. Es sind gestrandete Stadttauben, Hochzeitstauben sowie Brieftauben, die auf dem Lebenshof ein neues Zuhause finden.
Tiere mit Mut und Kämpferherzen
Karen Rose beispielsweise ist gerade damit beschäftigt, Vogelkot von den Sitzgelegenheiten für die Tauben zu kratzen und ihn vom Boden wegzuwischen. Und 120 Tauben machen wirklich sehr viel Mist. Ihr Blick fällt auf „Opi“, einen, wie es der Name schon sagt, älteren Taubenherrn, der scheinbar etwas verwirrt auf und ab läuft. Sie mutmaßt, dass er auf dem Weg zur Erblindung ist, und wird ihn wohl die Tage in einen kleineren Schlag umsiedeln. Dort leben die Tauben, die so schwer verletzt oder beeinträchtigt sind, dass sie gesondert untergebracht werden müssen. „Opi“ jedenfalls hat offensichtlich bereits Probleme damit, das Futter zu finden.
„Es belastet einen schon“, sagt die Riegelsbergerin. Denn im Gegensatz zur landläufigen Meinung seien Tauben herzliche Tiere, zu denen man schon eine Bindung aufbaut. Sie ist mehrfach die Woche hier. Wer den Weg von Riegelsberg in den Almet kennt, weiß, dass es alleine schon sehr anstrengend sein kann, sich durch den verwinkelten Ort auf die Autobahn zu begeben und sich dann durch den Stau in der Lebacher Straße oder den Matzenberg zu quälen. Unter 30 Minuten ist das kaum zu schaffen – für eine Fahrt wohlgemerkt. Zusätzlich belastend ist es dann etwa, sich von einem der Vögel zu trennen. Gerade vor wenigen Tagen musste eine Fundtaube eingeschläfert werden, die wegen Unterernährung Probleme mit der Niere hatte.
„Aber wir haben ihr dann noch eine Chance gegeben“, sagt Björn Ensis Luka. Der Vorsitzende von Peppi’s Kleintierhilfe ist gesundheitlich selbst angeschlagen. „Das letzte Jahr war nicht so toll“, sagt er. Trotzdem ist er häufig hier im Schlag, kommt dafür extra aus Püttlingen, ein ähnlicher Weg wie von Riegelsberg aus. Den Tieren zu helfen hat eben Priorität für ihn. Die Fundtauben, die krank sind oder nach einem Unfall genesen sind, aber nicht mehr in den betreuten Taubenhäusern angesiedelt werden können, werden hier untergebracht. Sie leben in den Volieren, die an die verschiedenen Taubenarten und Handicaps angepasst sind. Dort können sie dann ein ganz normales Taubenleben führen – mit Partner oder Partnerin zum Beispiel.
Denn Tauben seien sehr treue Tiere, wie beide sagen. Sogar beinah menschlich scheinen sich die Tiere mitunter zu verhalten. So erzählt Karen Rose schmunzelnd davon, wie sich eine Täubin einen anderen angelt und der Abgeschobene sichtlich trauert, doch nur noch mit dem kalten Flügel beachtet wird. Sie erzählt davon, wie sie den Weg zur Taubenhilfe gefunden hat. So sei sie öfter morgens an einer Stelle vorbeigefahren, an der sie einen Schlag sah und bemerkte, dass die Tiere Hilfe benötigten. An einem Tag nahm sie sich vor, auf der Rückfahrt abends nachzuschauen. Da fiel ein Tier heraus – und wurde direkt vor ihren Augen überfahren. „Ich bin eigentlich der Hunde- und Katzentyp“, sagt sie über sich selbst. Doch nun engagiert sie sich bei Peppi’s Kleintierhilfe und hält sogar selbst zwei Tauben bei sich zu Hause.
Das Lebenshofprojekt für Stadttauben ist ein Projekt von zwei saarländischen Tierschutzorganisationen: der Tierbefreiungsoffensive Saar, die den Lebenshof gegründet hat, und Peppi’s Kleintierhilfe, die ihn weiterführt. Die Großvoliere steht auf dem rund 1.100 Quadratmeter großen Gelände und wurde auch bereits ausgebaut. So steht neben den Rückzugsräumen auch ein Außengelände zur Verfügung, wo die Tauben gern mal im Regen herumspielen, wie Karen Rose erzählt. Zu den Aufgaben der Helfer gehört es auch, gelegte Eier gegen Attrappen auszutauschen, um so eine Geburtenregulierung durchzuführen.
Wollen mehr Tieren einen Lebensplatz geben
Der Verein betreut außerdem Päppelstellen für verwaiste, kranke und verletzte Stadttauben. Das soll die derzeit angespannte Lage entspannen. Die sieht für Tauben nämlich nicht besonders gut aus, wie Björn Ensis Luka erzählt. Denn wie gesagt seien die Vögel treue Tiere und seines Wissens nach das zweitälteste Haustier der Menschen. Daher halten sie sich gern in der Nähe von uns Säugetieren auf, immer auch auf der Suche nach Futter, das beispielsweise im Café herabfallen könne. „Sie gehen aktiv auf den Menschen zu“, erklärt er.
Da ihr Ruf in den vergangenen Jahrzehnten ungerechtfertigterweise aber sehr gelitten habe, würden sie immer wieder verjagt. Dies führe sehr oft eben zu Unterernährung und Mangelerscheinungen. Gleichzeitig nähern sich Fressfeinde immer näher an die Städte heran, einen Bussard hat der Vorsitzende sogar schon über der Stadt gesehen. „Das ist Klimawandel live“, sagt er. Der frühere Restaurator kennt sich mittlerweile sehr gut mit Tauben aus, erklärt, dass diese sogar Gesichter erkennen würden oder dass das Halten von Tauben einst das Vorrecht des Klerus gewesen sei. Das Wissen über Tauben und über Tiere im Allgemeinen hat er unter anderem einer Weiterbildung zum Tiernotfallassistenten zu verdanken, die er ablegen musste. „Das war’s dann mit Freizeit“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Das Engagement von Peppi’s Kleintierhilfe hat sich herumgesprochen – sehr weit sogar. Denn es kamen auch schon mal Anfragen, ob man mehrere Dutzend Fundtiere aus unter anderem Köln oder Stuttgart aufnehmen könne. Das ginge aber nicht, da der Schlag auf dem Almet derzeit voll belegt sei. „Derzeit sind alle freien Plätze auf dem Lebenshof vergeben. Aber wir arbeiten daran, langfristig noch mehr Tieren einen Lebensplatz geben zu können“, so der Vorsitzende.