Christian Löw kennt sich seit Jahrzehnten bestens mit Weinen aus. In seinem Fachhandel „LöwWeine“ findet sich nicht Quantität, sondern eine handverlesene Auswahl an Weinen. Darunter Weine aus vergessenen Reben.
Seit Jahrzehnten kenne ich Christian Löw als kompetenten Wein-Fachberater mit eigenem Profil. Der Mann mit der Fliege, der gern freundlich über Weine Auskunft gibt. Seit 2011 führt er jetzt sein eigenes Weinfachgeschäft „Löw Weine“ auf dem Gelände der ehemaligen Grube in Göttelborn.
Alles begann im Jahr 1983. Durch einen Zufall nahm Christian Löw an einer Weinlese auf dem Weingut Maximilian von Othegraven in Kanzem an der Saar teil. Er hatte gerade seinen Zivildienst in Heidelberg beendet und schaute sich mal um, was die Zukunft so bringen könnte. Damals leitete das Gut noch die Patentante von Günther Jauch. Das machte Christian Löw viel Spaß und Wein wurde sein Thema. Damals war Othegraven ein kleines Weingut von drei Hektar. Dort blieb er 18 Monate als Weinbergsarbeiter. Das Thema gefiel ihm so gut, dass er 1985 eine Winzerlehre auf dem Weingut Herrenberg in Serrig an der Saar begann. Später hieß das Weingut Dr. Siemens und heute Würtzberg. Rieslingfans wissen das!
Nachdem er seine Lehre 1989 mit Abschluss gemeistert hatte, blieb er zunächst dort. Später ging er nach Geissenheim zum Önologie-Studium und lernte bis 1993 Weinbau und Kellerwirtschaft. Einen Teil seiner Diplomarbeit schrieb er in Bordeaux über das Thema „Weinsensorik und Verkostung“. So kam er sehr schnell mit der Weinwelt in Kontakt. Er arbeitete danach in einem großen Wein-Fachhandel in Hessen und betreute erstmals die Gastronomie im Sauerland. Ein hartes Pflaster, bei dem jeder Händler eine hohe Frustrationstoleranz haben muss. Löw erinnert sich: „Sechs Jahre lang habe ich das gemacht und dabei viel Erfahrung in der Verkostung gesammelt.“
In Bordeaux absolvierte er zahlreiche Blindverkostungen, um die Weinsprache und die Bewertungen zu lernen. „In Deutschland wurden damals etwa zwei, drei Fachbegriffe benutzt, in Frankreich um die 20. In Bordeaux brauchte man für drei Weine eine Stunde. Wir haben dort viel gesprochen und ganz genau bewertet.“
Damals entwickelte er einen Geschmackswürfel für Rot- und Weißweine, und ihm war schnell klar geworden, dass seine Zukunft im Weinhandel liegen würde. Ein Weingut war für ihn zwar interessant, aber letztlich zu eng. Er wollte in die ganze Weinwelt. Hilfreich dabei, dass er mehrere Sprachen spricht. Das Studium finanzierte er sich mit Verprobungen: mit Franzosen, Engländern und Spaniern. Nach sechs Jahren ging er dann zurück ins Saarland und gründete mit Frank Röder in Völklingen die „Weinagentur VIF“. Irgendwann orientierte er sich neu und ging nach Luxemburg, wo er vier Jahre blieb. Anschließend landete er 2011 in Göttelborn. Ideal für ihn: Auf dem weitläufigen Gelände gibt es genügend Parkplätze.
Setzt regionale Schwerpunkte
Bis heute macht er es so, dass er nie auf Weinmessen bewertet. Er holt sich die Weine nach Hause und verprobt blind, bevor er sich entscheidet. Dabei ist seine Maxime stets, nur Weine einzukaufen, die nach mehr schmecken, als sie kosten. Probieren Sie es mal aus, ich kann es nur bestätigen. „Wenn ein Kunde einen Wein gefunden hat, der ihm schmeckt, dann bleibt er auch bei diesem“, betont Löw.
Und so hat er keine zehn Rieslinge oder zehn Weißburgunder vorrätig, sondern eine kleine, feine Auswahl. Vielleicht einen Riesling vom Schieferboden, einen anderen vom Lehmboden mit unterschiedlichem Geschmack. „Ich brauche Rebsorten, die ein Zuhause haben.“ Er brauche keine Chardonnays aus Spanien oder Portugal, sondern aus der Bourgogne.
So hat er nicht aus allen Weinbaugebieten Deutschlands unterschiedliche Weine, sondern regionale Schwerpunkte. Da gehört für ihn auch Luxemburg dazu. Oder eine Rückbesinnung auf die Klassiker, etwa Bordeaux. Aber nicht die teuren, sondern die kleinen mit hohem Genussfaktor. Junge Weingüter mit Ambitionen. Oft macht er auch Projekte mit diesen Winzern, etwa spezielle Cuvées. Ein sehr interessanter Ansatz, wie ich finde. Auch seinen Partnern in der Gastronomie gefällt das gut.
Auf seinen Seminaren im eigenen Haus oder bei der VHS Saarbrücken bietet Christian Löw zudem Simultan-Verkostungen an. Den Kunden das Handwerk zu vermitteln, das ist seine Idee dahinter. Der Wein wird dabei gemeinsam verkostet. Erst gemeinsam riechen, dann kommentiert Löw das Ganze, und auf sein Kommando hin wird der erste Schluck genommen. Da ist für jeden der Geschmacksverlauf gleich. Christian Löw: „Nach fünf, sechs Sekunden folgt ein zweiter Schluck. Dann geht die Säure weg beim Weißwein – vorausgesetzt, der Wein hat nicht zu viel. Und beim Rotwein das Tannin. Erst dann kann man einen Wein beurteilen.“
Er ist froh, wenn Leute selbstständig werden und selber entscheiden. Denn je mehr kompetente Weintrinker es gibt, desto besser ist es für seinen Wein-Fachhandel! Und so hat er in allen Preissegmenten – unter zehn Euro oder unter 20 Euro – Kunden, die Preis und Qualität einschätzen können. Zweimal im Jahr macht er im Kuppelsaal in Wemmetsweiler eine große Weinverkostung mit vielen Winzern. Er schwärmt von diesem Saal. „Dieser Kuppelsaal wurde 1926 gebaut. Von den Franzosen, denn es sollte der Hauptsitz der Verwaltung für das französische Département Sarre werden. Ein Rokoko-Saal wie eine Oper!“ Der Eintritt ist stets frei, es wird lediglich darum gebeten, ein soziales Projekt zu unterstützen.
Christian Löw hat noch ein weiteres, ein ganz besonderes Weinprojekt: die vergessenen oder scheinbar verloren gegangenen Reben. Zusammen mit Geobotaniker, Völkerkundler und Ampelograf Andreas Jung. Ein Ampelograf bestimmt und beschreibt die Rebsorten, um sie wissenschaftlich zu klassifizieren. Andreas Jung hat sich auf die Suche nach Dutzenden alter Reben in Deutschland gemacht, darunter auch wärmeliebende, spät reifende Sorten des Mittelalters wiederentdeckt.
Teil des Projekts zur Pflege alter Rebsorten
Man glaubte viele alte Rebsorten seien verloren, da insbesondere die Reblaus Mitte des 19. Jahrhunderts dafür sorgte, dass heute nur noch 25 Rebsorten von ursprünglich über 400 in Deutschland kommerziell angebaut werden. Auf dieser Basis können auch in Zukunft heimische Sorten weiterentwickelt und der Weinbau auch in einem möglichen Klimawandel wirtschaftlich durchgeführt werden. In mehr als dreijähriger Detektivarbeit hat der Experte inzwischen 215 alte Rebsorten, darunter mehr als 30 ausgestorbene oder nie in Deutschland registrierte Weine, wiederentdeckt. Christian Löw wurde Teil dieses Projektes als sensorischer Berater!
Für die deutschen Winzer stehen somit auch in Zeiten des Klimawandels weitere Sorten zur Verfügung. Diese können als Spezialitäten direkt angebaut werden, da sie ähnliche Eigenschaften wie aus wärmeren Gegenden importierte Sorten aufweisen, sich im Gegensatz zu diesen aber über Jahrhunderte an die regionalen Standorte angepasst haben.
Christian Löw vertreibt – als Alleinstellungsmerkmal – diese Weine aus vergessenen Reben in ganz Deutschland. Er hat dieses Projekt mit entwickelt und gibt auch Seminare dazu. Und ich habe wieder etwas dazu gelernt. Vor vielen Jahren kam ich mal mit einer dieser vergessenen Reben in Berührung. Ich war bei Christian Bau und mir wurde zu einem Gang „gelber Orléans“ ausgeschenkt. Nie gehört, er schmeckte mir aber sehr gut. Und mit Christian Löw trank ich einige dieser Weine.
Übrigens: Als eine der ersten drei Weinfachhandlungen in Deutschland wurde LöwWeine als Fair’n’Green zertifiziert. Christian Löw: „Ich erachte es als notwendig, dass jeder Einzelne etwas für die Umwelt machen muss.“