Energie ist teuer – auch wenn die Preise wieder etwas sinken. Schuld daran ist der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Verunsichert sind jedoch viele vor allem deswegen, weil unklar ist, wie sie künftig heizen sollen.
Nach dem explosionsartigen Anstieg der Gaspreise gibt es erst einmal Entwarnung: Nach Berechnungen des Energievergleichsportals Verivox kostet eine Kilowattstunde Gas für Neukunden derzeit etwa zehn Cent. Das ist immer noch doppelt so viel wie im April 2021, aber deutlich weniger als die 40 Cent, die noch im September 2022 aufgerufen wurden.
Trotzdem bleibt die Verunsicherung. Denn das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG), das die Ampelregierung auf den Weg bringen möchte, soll Hausbesitzer dazu bringen, von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen – möglichst rasch. Ab 2024 dürfen demnach keine neuen Öl- oder Gasheizungen mehr verbaut werden. Die Heizungsanlagen müssen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Heizungen, die älter als 30 Jahre sind, müssen ausgetauscht werden. Bei Letzterem handelt es sich jedoch nicht um eine Neuerung. Das aktuelle Gesetz schreibt dies schon jetzt vor.
Habeck rät von neuen Ölheizungen ab
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rät allerdings davon ab, in den kommenden Monaten neue Öl- und Gasheizungen einzubauen. Für die Bundesregierung bleibt die Wärmepumpe das Maß aller Dinge. „Über einen Zeitraum von 18 Jahren rechnet sich die Wärmepumpe. Außerdem werden die Preise bald sinken. Deswegen wäre Torschlusspanik wirklich falsch“, sagte der Grünen-Politiker. „Niemand sollte jetzt noch schnell eine Öl- oder Gasheizung einbauen. Die fossilen Energien sind eine Sackgasse, keine Spardose.“
Die Preise für Erdgas und Heizöl würden von 2027 an durch den EU-Emissionshandel kontinuierlich steigen, ergänzte der Vizekanzler. „Allein schon deshalb sollte man bei einer so langfristigen Investition wie einer Heizung auf Erneuerbare setzen.“ Aber weil Wärmepumpen bisher in der Anschaffung teurer seien als Gasheizungen, „werden wir den Menschen beim Umstieg mit einer finanziellen Förderung unter die Arme greifen“.
Wie, ist allerdings noch unklar. Zurückhaltend äußerte sich Habeck zum Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner (FDP), Abwrackprämien zu zahlen, die sich nach dem Alter der bisherigen Heizung richten. „Eine Anknüpfung an das Alter einer Heizung setzt beim Klimaschutzeffekt an. Das ist ein wichtiger Aspekt, aber wir müssen dann schauen, wie wir den sozialen Ausgleich sicherstellen“, sagte er. „Mir ist wichtig, dass gerade Menschen mit unteren und mittleren Einkommen eine klare Unterstützung bekommen.“ Das Konzept zum Sozialausgleich soll nach Habecks Worten fertig sein, wenn sich das Kabinett mit dem Gebäudeenergiegesetz befasst. Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz durch den Bundestag, sodass es am 1. Januar 2024 in Kraft treten könnte. Heizungen, die vor dem 1. Januar 1994 eingebaut wurden, dürfen danach nur noch in Ausnahmefällen weiterbetrieben werden.
Der Vizekanzler verteidigte indessen die umstrittenen Ausnahmen beim Heizungstausch für über 80-Jährige. Für sie soll nicht die Pflicht zum Austausch gegen eine Wärmepumpe gelten, wenn ihr Altgerät irreparabel kaputtgehen sollte oder die 30 Jahre voll hat. „Wir wollen für hochbetagte Menschen eine pauschale Ausnahme einführen“, sagte er. Habeck machte deutlich, dass auch Unter-80-Jährige eine Ausnahme beantragen könnten, wenn ein Heizungstausch „eine unbillige Härte bedeuten würde“. Für alle, „also auch für den 79-Jährigen, bleibt die Möglichkeit, konkret eine Ausnahme zu beantragen.“
Die Kritik aber reißt nicht ab. Kai Warnecke etwa, Präsident des Eigentümer-Verbands „Haus & Grund“, bezeichnete die Pläne als „Milchmädchenrechnung“. „Für die meisten Immobilien bietet das GEG weder technologieoffene, noch bezahlbare Lösungen und führt damit für viele private Eigentümer zu einer finanziellen Überlastung“, so Warnecke.
Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnt an, dass die Finanzierung rasch geklärt werden müsse. „Viele Menschen sorgen sich, dass sie die damit verbundenen Investitionen nicht schultern werden können. Die Bundesregierung muss schnell für Klarheit sorgen, wie die große Herausforderung der Wärmewende für die Menschen bezahlbar bleibt.“ Es sei richtig, eine sozial differenzierte Förderung aufzusetzen, damit Menschen mit geringen und mittleren Einkommen finanziell nicht überfordert werden. „Die Details, wie genau diese zusätzliche Förderung funktioniert, sind jedoch noch nicht bekannt. Die Bundesregierung muss deshalb so schnell wie möglich aufzeigen, welche Gruppen mit welcher Förderung rechnen können.
Bafa-Prämien werden verstärkt nachgefragt
Schon jetzt gibt es Förderungen für den Tausch älterer Heizanlagen in neue, ob Solarkraft, Biomasse, Blockheizkraftwerke oder eben Wärmepumpen. Wieviel Geld für welche Maßnahme im Fördertopf liegt und welche Anlagen gefördert werden, ist auf der Webseite des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle (Bafa) ersichtlich. Und schon jetzt steigen die Anträge, so eine aktuelle Statistik des Bafa: Demnach wurde im März 2022 die sogenannte Öl-Austauschprämie 8.643-mal mitbeantragt, die Wärmepumpen-Prämie 9.862-mal – insgesamt über 7.000 Anträge mehr als im Vormonat.
Für wen sich das lohnt, will jedoch individuell durchkalkuliert sein. Etwa ein Viertel der Deutschen heizt mit Öl (zehn Millionen Haushalte), knapp 50 Prozent mit Gas (19,6 Millionen Haushalte). Sie sollen in den kommenden Jahren umgerüstet werden. Aber nicht alle Gebäude stehen günstig ausgerichtet für Fotovoltaikanlagen, andere müssten aufwendig und kostspielig umgebaut werden, um Wärmepumpen effizient nutzen zu können. Die Kosten gehen dabei jeweils in die Zehntausende. So viel, dass es sich für manchen nicht rechnet, schon jetzt auf die neue Technologie umzusteigen.
Erfolgreich werde man nur sein, wenn es „Übergangsfristen gäbe, keine Verengung des Lösungsangebots-Raumes, möglichst klare, unbürokratisch umsetzbare und einhaltbare Rahmenbedingungen und eine sozialverträgliche und praktikable Ausgestaltung der Vorgabe von 65 Prozent erneuerbare Energien“, sagt etwa Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima, bei der Anhörung von Verbänden im Bundestag vor dem Ausschuss für Klimaschutz und Energie Ende März.
Damit die „Wärmewende“ gelingt, braucht es nicht nur Finanzierungskonzepte, sondern auch praktikable Lösungen abseits von Fördertöpfen.