Vom 20. bis zum 26. April findet zum 14. Mal die „Berlin Ice Cream Week“ statt. Mit dabei sind viele vegane Schleckereien. Unser Fotograf und unsere Eiscreme-Testerin sind schon einmal losgezogen und haben ein paar Kugeln vorgekostet.
Die Eiszeit ist wieder da. Während sich der Winter langsam aus der Stadt schleicht, kann man jetzt schon einen Vorgeschmack auf den Sommer bekommen. Dank der „Berlin Ice Cream Week“ lassen sich Dutzende und Aberdutzende neue Eissorten quer durch Berlin erschlecken. Um genau zu sein: 43! Nicht weniger Eisdielen machen bei dem Event mit und warten mit handwerklich hergestellten Eiskreationen auf.
Allein die Namen sind zum Teil schon verheißungsvoll. „Tennessee Waltz“ und „Twin Peaks“ rufen Assoziationen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten wach. Beide Kreationen enthalten Whiskey und dunkle Schokolade. Bei „U Cannolu sutta u lenzolu“ geht es auf die Insel Sizilien – mit italienischem Cannolo-Gebäck gefüllt mit Eis aus Büffelricotta und geriebenen Pistazien. Ebenfalls sizilianische Impressionen dürften bei „Etna Drunk“ aufkommen. In dieser Eissorte fusionieren Mandeln mit Limoncello-Creme. Herzhafte Noten finden sich im „Mandawasapeas“, das außer Mandarinencreme auch noch aus Wasabi und gerösteten Erbsen besteht.
Absolutes Unikum dürfte das „Pizza marinara“-Eis sein. Die eiskalte Kreation besteht aus Tomatensorbet, Oregano, Knoblauch und Basilikum, gespickt mit knusprigen Pizzastückchen. Käsekuchenfreunde kommen auf ihre Kosten beim „Creamy Dreamy Cheesecake“ mit Orangenmarmelade und Orangenschale. Interessanter Gaumenkitzel dürften auch die Sorten Ziegenkäse-Feigen-Senf sowie Pandan mit Kürbiskernöl und kandierten Kürbiskernen sein.
Organisiert wird die Eiscreme-Rallye von den Experten für italienische Kulinarik von „True Italians“ und „Duo Ice Cream Consulting“. Und das schon zum 14. Mal in Berlin. Dabei präsentieren auch zahlreiche italienische Gelatieri der Stadt ihre Handwerkskunst. Mit dabei sind unter anderem auch wieder „Duo Sicilian Ice Cream“, „Cuore di Vetro“ und „Lekkamokka“.
43 Eisdielen sind bei der Aktion dabei
Der Markt vom handwerklichen Eis wächst und wächst: Im Jahr 2022 erzielte die europäische Eisbranche einen Gesamtumsatz von fast zehn Milliarden Euro. Das ist ein sattes Plus von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Italien und Deutschland sind die europäischen Länder mit der größten Verbreitung von handwerklichem Eis. Selbstverständlich liegt Bella Italia europaweit immer noch an der Spitze mit 39.000 Eisdielen. Deutschland belegt Platz zwei mit mindestens 9.000 Eisdielen.
Für eine Woche rund um die Berliner Eiscreme-Welt haben die „True Italians“ Eisdielen ausgewählt, die zu den besten der Stadt gehören, und haben diese gebeten, mithilfe ihrer Expertise und Erfindungskunst eine besondere und kreative Geschmacksrichtung mit speziellen Zutaten aus der Eismaschine zu zaubern. Alle, die vom 20. bis zum 26. April in der deutschen Hauptstadt vor Ort sind, können die eigens kreierte Sonder-Kugel für 1,50 Euro probieren. „Handwerklich hergestelltes Eis wird in relativ kleinen Mengen produziert, normalerweise mit frischer Milch und frischer Sahne ohne Zusatzstoffe vorbereitet“, erzählt Ludovica Trentino, Projekt-Managerin bei „True Italians“. „Das ist der Grund, warum dieses Eis mit frischem und natürlichem Geschmack verbunden ist, und dieses Eis wollen wir mit unserem Event feiern.“
Als wir von der „Berlin Ice Cream Week“ und seinem aromatischen Facettenreichtum erfahren, fühlen wir uns wie ein Kind im Süßwarenladen. Am liebsten würden wir jetzt in sieben Tagen um die Berliner Eiswelt reisen und sämtliche 43 Sorten vernaschen. Dann hätten wir im nördlichen Karow bei „Un Buon Gelato Marcon“ angefangen. Dort hätten wir es uns gut gehen lassen mit einer Kugel „Principessa“ aus Safran-Vanille-Eis mit karamellisierten Sonnenblumenkernen und Sonnenblumenblüten. Danach wären wir weitergereist und hätten uns Kugel um Kugel weitergeschlemmt.
Beendet hätten wir unsere Naschorgie schließlich bei „Artigiani am Schlachtensee“. Dort hätten wir mit „Burro e Salvia“ aus Butter, Salbei und Muskatnuss dann die 43. Kugel verdrückt. Tja, so haben wir uns das in unserer Fantasie ausgemalt. Doch realistisch betrachtet sind weder unsere Mägen noch unsere Zeit-Budgets groß genug, um binnen weniger Tage so viele Köstlichkeiten aus dem süß-kalten Schlaraffenland zu schnabulieren.
Schade eigentlich. Aber eine Nummer kleiner geht schließlich auch. So entscheiden wir uns dafür, wenigstens zwei, drei Sorten vorzukosten. Als Erstes probieren wir das Bio-Zitrone-Eis mit Basilikum bei „Dolci e Salati am Alex“. Die Eisdiele zwischen Rotem Rathaus und Weltzeituhr ist eher unscheinbar in den kommerziell daher kommenden Rathauspassagen. Doch: Dont judge a book by its cover! Das pastellgrüne Eis erinnert zwar äußerlich an Pistazieneis, schmeckt aber überraschend anders und erfrischend-herb. Hier dominiert das tiefenaromatische Basilikum, begleitet von einem Hauch Zitrone, der ein spritziges Pendant zu der Grünpflanze bildet. Wenn der kommende Sommer so wird, wie diese Eissorte schmeckt, kann er nur gut werden.
„Die Eismacher“ an der Körtestraße 10 am Südstern in Kreuzberg sind unsere nächste Station. Dort treffen wir auf Miriam Jauer. Die eisbegeisterte Geschäftsfrau und Hobby-Köchin hat im Jahr 2010 zusammen mit ihren Freunden Sonja und Martin Spitler die kleine Eisdiele nahe der Urbanstraße ins Leben gerufen. Seit Jahren ist das tiefviolette „Ube“-Eis aus philippinischer Süßkartoffel der Renner des Eiscafés. Der asiatische Einfluss dieser und einiger anderer Sorten ist Miriam Jauers Geschäftspartner Martin Spitler zu verdanken, der zwischen Deutschland und den Philippinen pendelt.
Für die „Berlin Ice Cream Week“ führt uns das kreative Trio diesmal nach Japan. Die Kreuzberger Eismacherin beglückt uns mit einem Becher „Crispy Sakura Eis“. Das Dessert ist eine wahre Augenweide, das uns gedanklich sofort in das rosa-pastellige Kirschblütenfest im Land der aufgehenden Sonne reisen lässt. Das Eis besteht aus Pandan, Mandeln, Sauerkirschensorbet und Kirschblütenextrakt. Die gelungene, leichtfüßige Kreation schmeckt süß-säuerlich und dank des ostasiatischen Pandans dezent vanillig. „Die Textur unserer Sorten ist eher chewy“, sagt Miriam Jauer. Das komme aus der asiatischen Eistradition. Dadurch könne sich der Geschmack besser im Mund entfalten, erläutert die Eis-Expertin.
Von Eis-Bloggerin zur Unternehmerin
Das „Crispy Sakura Eis“ ist übrigens vegan, wie knapp die Hälfte der anderen Eiskreationen an der Körtestraße. Als Milchgrundlage verwenden „Die Eismacher“ Kokosmilch oder eine Mixtur aus Wasser und Mandeln oder Nüssen. Für echte Milch-Eissorten bezieht das passionierte Trio Bio-Milch von den Molkereien Brodowin und Lobetal. Doch vegane Sorten seien immer mehr gefragt, erzählt Miriam Jauer. Den Trend hin zu immer mehr pflanzlichen Produkten spüren nicht nur Eisdielen. Auch die industriellen Speiseeis-Hersteller bauen ihre Produktpalette „wegen ständig wachsender Nachfrage“ nach veganem Eis aus. So heißt es zumindest beim Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie.
Vegan wird es auch für uns an diesem Nachmittag im Kiez um den Südstern bleiben. Gleich schräg gegenüber an der Körtestraße 5 befindet sich unsere letzte Station. Im „Chunks by KoRo“ lassen wir unsere Gaumen mit mehr handwerklich hergestelltem Eis auf rein pflanzlicher Basis verwöhnen. Eine Kugel „Planet Earth“ thront polyglott auf dem Hörnchen in unserer Hand. Die kulinarische Kreation besticht schon rein visuell durch ihre Dreifarbigkeit aus grünem Matcha-eis, erdfarbenen Brownie-Stückchen und ozeanblauer Spirulina-Sauce. Kosmopolitin ist hier nicht nur die Eissorte, sondern auch ihre Erfinderin Hannah Heinemann. Angefangen hat die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin als Eiscreme-Bloggerin, die für ihre Eisleidenschaft um die halbe Welt gereist ist, um neue Sorten und Kombinationen auszuprobieren. „Ich habe Eiscreme-Tourismus betrieben“, erzählt die Geschäftsfrau im Gespräch.
Bei Instagram und Youtube agiert sie schon länger als „The Ice Cream Girl“. Mit mehr als 11.000 Followern ist sie wahrscheinlich Deutschlands bekannteste Eiscreme-Bloggerin. Seit sie denken könne, sei „Eis selber machen“ schlichtweg ihre Leidenschaft, sagt die Food-Influencerin. Auf ihren Reisen etwa nach New York City habe sie stets nach neuen, noch verrückteren Eissorten gesucht. Nach ersten Kontakten in den Corona-Jahren zwischen Hannah Heinemann und dem Internet-Food-Start-up Koro entwickelte sich eine Kooperation, die schließlich zur Gründung der Eiscreme-Diele „Chunks by KoRo“ führte. Ganz analog.
Blaue Farbe kommt von einer Mikroalge
Mit den Produkten des Food-Unternehmens und Hannah Heinemanns kreativem Geist bietet der kleine Laden Eissorten an, die stets „Chunks“, wie etwa Schokoladen- oder Keksstückchen, in ihrem Ensemble enthalten. Verfeinert wird die jeweilige Kreation dann mit einer Sauce, die an die süße Glasur auf einem Kuchen erinnert. Das Icing der kleinen Weltkugel in unserer Waffel ist die blaue Spirulina-Sauce. Da die Mikroalge kaum Eigengeschmack hat, entfachen sich in unserem Mund vor allem die keksig-schokoladigen Aromen von Brownie-Kuchen, angereichert durch eine Spur Matcha. So endet unsere kleine Eiscreme-Reise wie ein opulentes Dessert, von dem wir wohl noch lange süß träumen werden.