Die Saarbrücker Galerie Sali e Tabacchi zeigt Werke des Medienkünstlers Volker Schütz, der mit Künstlicher Intelligenz (KI) gearbeitet hat. Die Ausstellung regt zur Diskussion über den Umgang mit neuen Technologien an.
Ein Gespenst geht um in der Kunstszene. Es ist das Gespenst der Angst vor der Künstlichen Intelligenz. Droht das Ende der Kunst? Gar das Ende der Menschheit? Diesen und anderen Fragestellungen widmet sich die neue Ausstellung der Saarbrücker Galerie Sali e Tabacchi. Unter dem Titel „zeichen:wende – Whos afraid of robots? Vom Ende der Kunst. Der Menschen.“ sind Werke des Medienkünstlers Volker Schütz zu sehen, die in Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz entstanden sind. Für den Galeristen, Professor Albert Herbig, Jahrgang 1960, steht fest: „Wir leben in Zeiten der Wechsel und Umbrüche – und es ist wichtig, dass sich auch Kunst damit auseinandersetzt.“
Treffpunkt für Kunstliebhaber
Mit der Ausstellung möchte er vor allem zur Diskussion anregen, so wie er es in seiner Galerie Sali e Tabacchi seit Langem tut. Seit elf Jahren ist das ehemalige Ladenlokal in St. Arnual ein fest etablierter Treffpunkt für Künstler und Kunstliebhaber in der Großregion. Anfangs sollte es das Atelier von Albert Herbig werden, denn er ist selbst als Künstler tätig. Doch schnell entdeckte er seine Leidenschaft fürs Kuratieren: „Der Raum, in dem auch Jörg Schmauch einen Weinhandel betreibt, bietet vielfältige Möglichkeiten. Es gab schon Lesungen, Livemusik und natürlich viele, viele Ausstellungen. Das Wichtigste für mich: Ich bin flexibel und kann schnell auf aktuelle Themen reagieren.“
Deshalb bot die Galerie Sali e Tabacchi in der Corona-Zeit ein „Kunstschaufenster“, eine Art Open-Air-Galerie im Schaufenster mit wechselnden Ausstellungen. Unter dem Motto „Bilder gegen den Krieg“ wurden im vergangenen Jahr 52 Kunstwerke von meist saarländischen Künstlern gezeigt, die zugunsten der Ukraine verkauft wurden. Für Aufsehen sorgte der erste saarländische „Kunstautomat“, der sich seit 2018 neben der Galerie befindet. Aus dem umfunktionierten Zigarettenautomaten kann man für vier Euro Kunst zum kleinen Preis „ziehen“.
Die Liste der Künstler, die bisher mit Ausstellungen und Kunstaktionen zu Gast bei Sali e Tabacchi waren, ist lang: Armin Rohr, Klaus Harth, Kurt Emser, Annette Marx, Gabi Wagner, Stefanie Zofia Schulz, Jörg Karrenbauer, Ralf Baumgarten, Jürgen Rinck und weitere. Herbigs eigener künstlerischer Schwerpunkt liegt in der Malerei, es gibt auch Arbeiten in und mit anderen Techniken. Aktuell ist er bei der Mitgliederausstellung „Jamboree“ im Saarländischen Künstlerhaus Saarbrücken dabei, die noch bis zum 21. Mai zu sehen ist.
Mit Hang ins Märchenhafte
Albert Herbig, der an der Universität des Saarlandes Sprache, Literatur, Rhetorik und Kommunikation studiert hat, ist seit 1996 Professor an der Hochschule Kaiserslautern. Dort forscht er zu Fragen interpersonaler und visueller Kommunikation sowie zu Medien- und Kunstkommunikation. „Ich beschäftige mich als Wissenschaftler analytisch mit der Welt und als Künstler praktisch“, bringt es der gebürtige Bayer auf den Punkt. Das Thema Künstliche Intelligenz begegnet ihm in beiden Welten – und auch die damit verbundene Angst: „Es gibt weltweit Diskussionen, wie wir mit diesen technischen Möglichkeiten umgehen sollen und wollen. Sie haben in diesem Veränderungsprozess in jedem Fall das Potenzial, die Welt der künstlerischen Bildproduktion ähnlich zu revolutionieren wie einst die Fotografie.“ Deshalb war es für Herbig naheliegend, eine Ausstellung mit Volker Schütz zu realisieren, denn dieser kämpfe „schon immer an vorderster Front, wenn es um den Einsatz neuer Medien und Technologien in der Kunst geht“.
Volker Schütz gibt in der Ausstellung einen Einblick in viele Einzelwerke und Reihen, die er in den vergangenen Jahren zusammen mit verschiedenen Algorithmen entwickelt hat: „Unter anderem sind das die zwölf maschinell generierten Titelbilder der letzten Ausgabe der „Saarbrücker Hefte“, Standbilder aus zehn Animationen zum Musikmärchen ‚Trallskogen‘ von Nika Jonsson und eine ‚selbstbezügliche‘ Reihe zum Thema Künstliche Intelligenz. Weitere Bilder zeigen urbane Tristesse und verwunschene Waldszenen.“ Stilistisch liegen seine Gemälde zwischen klassischer Moderne und Neuer Leipziger Schule, manchmal mit einem Hang ins Märchenhafte. Den Drucken sieht man ihre Herkunft aus dem Handwerksmaterial Linol noch gut an, betont Volker Schütz und erklärt: „Sie haben einen statischen Kern und daraus entwickeln sich Muster und Strukturen. Elemente verschlingen sich, gehen ineinander über und werden kühn und explosiv.“ Wenn er über seine Kunst spricht, klingt das nach Mut und Experimentierfreude – von Angst keine Spur.