Der Saarbrücker Medienkünstler Volker Schütz spricht über seine Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz und erklärt, welche Verfahren er für seine Werke nutzt.
Herr Schütz, Sie arbeiten seit vielen Jahren an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Was fasziniert Sie daran?
Wissenschaftliche Arbeitsmethoden mit Laborgeräten und Algorithmen gehen mir leichter von der Hand als die Arbeit mit Papier und Pinsel. Schön daran finde ich die Nüchternheit im Umgang mit dem eigenen Werk. Bei einem errechneten Ergebnis läuft man nicht so schnell Gefahr, das Geschaffene zu verklären und mit einem Gehalt aufzuladen, den es nicht hat. Meine Arbeiten bestehen meist aus Archivmaterial. Das können Fotos, Strukturen, Notizen oder Ideen sein, die ich mithilfe technischer Verfahren neu zusammenbringe. Dabei benutze ich sowohl alte Techniken wie die Möglichkeiten der klassischen Dunkelkammer sowie aktuelle Hochtechnologie wie gerade eben die neuronalen Netze der Künstlichen Intelligenz.
Die Kunstwerke, die im Rahmen der Ausstellung „zeichen:wende – Who’s afraid of robots? Vom Ende der Kunst. Der Menschen.“ zu sehen sind, sind im Teamwork mit Künstlicher Intelligenz entstanden. Die digitale Technik dient Ihnen nicht nur als Werkzeug, sondern beteiligt sich aktiv an dem kreativen Prozess. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Das Wort „Zusammenarbeit“ passt hier ganz gut. Seit den 80er-Jahren arbeite ich mit algorithmischen Verfahren, um Bilder zu erzeugen. Damals waren das Programme in Basic oder Maschinensprache, die Grafiken erzeugt oder verändert haben. In der Neuzeit, also ab den 90ern, verlagerte sich die Programmierung zu einfachen Skriptsprachen, die eigentliche Arbeit haben dann Bildbearbeitungsprogramme übernommen. Aber die Logik dahinter war immer noch ganz simpel und prozedural: ein Schritt nach dem nächsten. Eventuell hier und da mal eine Weiche, die je nach Entscheidung in die eine oder andere Richtung führt. Aber im Großen und Ganzen war der Fahrplan schon ziemlich statisch.
Die Zusammenarbeit mit den künstlichen neuronalen Netzen ist nun eine ganz andere. Wenn man sie erst mal zum Laufen gebracht hat, lokal auf einem PC oder irgendwo in der Cloud, dann kommuniziert man mit ihnen ja in ganz normaler Menschensprache. Ihr Sprachverständnis ist inzwischen so gut, dass man sich nicht mal bemühen muss, besonders klar und verständlich zu reden. Im Gegenteil: Auch poetische Bilder werden durchaus verstanden, auch wenn sie manchmal wörtlich genommen werden.
Es gibt also Verständnisse und Missverständnisse, wie bei der Zusammenarbeit mit anderen Menschen auch. Und man hat immer die Möglichkeit, Dinge, die einem nicht gefallen, zu korrigieren. Man kann jederzeit entweder sprachlich oder visuell mit einer Skizze oder einer Markierung in die Bildentstehung eingreifen und nachjustieren.
Es ist also nicht so, dass man einen ausgeklügelten Zaubersatz eingibt und dann das fertige, perfekte Bild erhält. Es ist vielmehr wie in einem menschlichen Team, wo es verschiedene Ideen gibt, die man durchprobiert, wieder verwirft, durch was anderes ersetzt, neu generieren lässt, bis es am Ende stimmt. So ein Vorgang kann pro Bild schon ein paar Tage dauern. Aber es lohnt sich!
Noch nutzen Sie, ein Mensch, die Künstliche Intelligenz, um Kunst zu schaffen. Wird es eines Tages umgekehrt sein? Oder wird Kunst irgendwann keine Rolle mehr spielen?
Auch wenn ich in meiner Arbeit gerne mit solchen Verbindungen spiele und Mensch und Maschine mal ihre Rollen tauschen lasse, spielt es am Ende keine große Rolle, ob eine Intelligenz jetzt menschlich, maschinell oder vielleicht gar außerirdisch ist. Wenn sie intelligent ist, dann kann sie auch spannende Kunst hervorbringen. Und hoffen, dass sie verstanden wird.