Das Aus im Berlin-Pokal lässt die Verantwortlichen des BFC Dynamo grübeln. Nächste Saison wollte man in der Regionalliga wieder angreifen – eigentlich.
Heiner Backhaus ist nicht der Typ für Ausflüchte oder dafür, nach Niederlagen abzutauchen. Doch nach dem bitteren Aus im Pokal-Halbfinale gegen den zwei Klassen tiefer spielenden SV Sparta Lichtenberg zog sich der Trainer des Favoriten BFC Dynamo erst einmal zurück und musste später, bei der ersten Stellungnahme zur Leistung seiner Mannschaft, erst einmal eine ganze Weile nach den passenden Worten suchen.
1:5-Niederlage gegen den Außenseiter
Vor der Partie winkte Dynamo nämlich der Einzug ins Endspiel des Berlin-Pokals – und da am Vortag mit Viktoria der andere verbliebene Favorit im Wettbewerb die Segel hatte streichen müssen, somit auch die große Chance, sich für die erste Hauptrunde im DFB-Pokal 2022/23 zu qualifizieren. Neben dem Berliner Titel und dem damit verbundenen Ruhm lockt in diesem Zusammenhang natürlich der nationale Wettbewerb mit einer für einen Regionalligisten interessanten Prämie von rund 200.000 Euro – bei einem attraktiven Los ergeben auch die geteilten Zuschauereinnahmen noch einen anständigen Bonus. Und dann das: Der BFC trat beim „David“ recht verhalten auf und schien durch Ekallés Führungstor direkt nach der Pause damit richtig zu liegen. Dann aber drehte der Außenseiter auf dem kleinen Kunstrasenplatz an der Fischerstraße nach dem Ausgleichstor gewaltig auf – und der Viertligist hatte dem nicht mehr viel entgegenzusetzen. Am Ende stand eine sensationelle 1:5-Niederlage, die bei Dynamo und Trainer Backhaus natürlich entsprechende Wirkung hinterließ. „So etwas habe ich weder als Spieler noch als Trainer erlebt – ich schäme mich heute regelrecht für die Leistung meiner Mannschaft.“ Die ungewohnten Platzbedingungen, ein anderer Spielball als gewohnt oder das Fehlen von fünf Stammspielern – all das ließ Backhaus nicht als Entschuldigung gelten. „Man kann ja Fehler machen, aber was die professionelle Einstellung heute angeht – das wird den vielen Leuten, die ihr Herzblut für den Verein geben, einfach nicht gerecht.“ Fest steht: Der BFC hat mit der Pokalpleite eine Riesenchance verspielt, die Saison versöhnlich abzuschließen – daher soll nun offenbar intern einiges auf den Prüfstand gestellt werden. Schließlich will man mit dem zu dieser Spielzeit neu angetretenen Übungsleiter spätestens kommende Saison wieder in der Regionalliga Nordost angreifen – dann, wenn der Meister dieser Staffel turnusgemäß mal wieder einen direkten Aufsteiger in die Dritte Liga stellen darf.
Zwar senkten die Hohenschönhauser vor der laufenden Saison durch Zu- und Abgänge dabei das Durchschnittsalter im Kader von 28,4 Jahren auf 27,4 – eine drastische Verjüngung sieht jedoch anders aus und war auch so nicht geplant. So setzte man etwa alle Hebel in Bewegung, um Christian Beck zu halten: Der im März 35 Jahre alt gewordene Stürmer ist mit 13 Treffern aktuell auch wieder bester Schütze der Liga – wird aber im Sommer endgültig gehen. Der Start 2022/23 mit dem neuen Coach verlief dabei zunächst holprig, im anspruchsvollen Umfeld des Traditionsvereins wurden die sechs Punkte nach sieben Partien sowie Platz zwölf bereits kritisch wahrgenommen. Da hatte der Verein mit Ex-Zweitligaprofi Angelo Vier schon einen sportlichen Leiter ins Sportforum zurückgeholt, der in der Jugend für den BFC gekickt hat und später auch schon mal in verantwortlicher Tätigkeit aktiv war. Einfluss auf die Transferpolitik konnte Vier durch seine verspätete Verpflichtung allerdings auch nicht mehr nehmen. Vor der Saison hatte man mit Andor Bolyki (Halle, Dritte Liga) und den zweitligaerfahrenen Sebastian Hertner (jetzt Teutonia Ottensen, 4.) und Andreas Wiegel (jetzt RW Essen, 3.) drei Stammspieler verloren. Heiner Backhaus machte sich im Gegenzug für Spieler stark, die er aus seinem bisherigen Wirkungskreis kannte und für gut befand:
Die Abwehrspieler Dominic Duncan (24) und Arthur Ekallé (26), der schon mal beim BFC spielte, kamen von Rot-Weiß Koblenz, Mittelfeldspieler Leonidas Tiliudis (22) vom FC Gießen. Dazu wurden die Offensivkräfte Cedric Euschen (24, SF Lotte) und Erlind Zogjani (18, Stuttgarter Kickers) verpflichtet. Mit Matthias Hamrol vom Liga-Rivalen ZFC Meuselwitz fand man dazu noch eine zufriedenstellende Lösung für die Torwartposition. Doch der 29-Jährige verletzte sich bald und verlor seinen Posten an BFC-Urgestein Kevin Sommer (33), der allerdings nicht immer sicher wirkt und das schnell mit seinen „nur“ 1,85 Meter Körpergröße in Verbindung gebracht wird. Da der bisherige Kapitän Andreas Pollasch unter Backhaus zu wenig Einsatzzeit bekam, wählte der Trainer mit Niklas Brandt einen Nachfolger, der ihm in puncto Einsatzbereitschaft in nichts nach steht. Generell wirkt das Team dennoch in dieser Spielzeit insgesamt nicht so kraftvoll wie in der vergangenen – einerseits möglicherweise aufgrund von zu viel Routine, andererseits eventuell immer noch als Nachwirkung der Spielzeit 2021/22. Da hatte sich der BFC mit einer gewaltigen Anstrengung erst als Dominator der Liga erwiesen, um sich am Ende als Meister mehr oder weniger noch über die Ziellinie zu schleppen. In den Qualifikationsspielen zur Dritten Liga gegen den VfB Oldenburg fehlte der Mannschaft dann die Frische, um sich durchzusetzen – angesichts des bis dahin betriebenen, immensen Aufwands über 38 Ligaspiele sicher eine extrem frustrierende Erfahrung.
Anstrengende Spielzeit 2021/22
Nach dem Stotterstart in diese Saison ging es für Dynamo zwar aufwärts, im März gab man dann aber dem Berlin-Pokal wegen besserer Aussichten den Vorzug und rotierte dafür in der Liga. So konnte auch Mitfavorit VSG Altglienicke im Viertelfinale ausgeschaltet werden – doch das 1:5-Desaster in der Vorschlussrunde beim SV Sparta setzte dem Plan ein jähes Ende. Stattdessen scheint sich der Verein nun von einigen Spielern trennen zu wollen: Gerade langjährige Akteure wie Abwehrchef Michael Blum (34), Außenverteidiger Chris Reher (29), Ex-Kapitän Pollasch (30), die Mittelfeldspieler Joey Breitfeld (25), Marvin Kleihs (29) oder Alexander Siebeck (28) stehen zur Diskussion, aber auch Sturm-Neuzugang Cedric Euschen (25, fünf Tore in 23 Einsätzen). Sollte es tatsächlich zu dem radikalen Schnitt im Kader kommen, hätte man dadurch aber praktisch auch ein Jahr verloren. Heißt: Für den gerade bei den Fans beliebten Trainer Backhaus dürfte die Aufgabe kommende Saison nicht leichter werden.