Die Aufstiegshoffnungen wurden im Lager von 1860 München schon vor einer Weile begraben. Nun müssen die Löwen auch um das Minimalziel bangen: die DFB-Pokal-Qualifikation.
Der Chef, der eigentlich keiner ist, meldete sich auch mal zu Wort: „Balsam auf unsere Wunden“ sei er gewesen, der Auswärtssieg in Ingolstadt, schrieb Investor Hasan Ismaik auf seinen Social-Media-Kanälen. Dennoch dürfe „jetzt nicht der immer wiederkehrende Fehler gemacht werden, dass nach ein paar Siegen wieder alles in Ordnung ist“. Es gebe Gründe, warum sich der TSV 1860 in diese, „für uns alle unbefriedigende Situation selbst manövriert hat“. Genau das gelte es jetzt zeitnah aufzuarbeiten und transparent zu machen. „Wie lange wollen wir auf diesem Niveau noch weitermachen?“, kritisierte Ismaik und fügte hinzu. „Für mich jedenfalls ist es kein hinnehmbarer Zustand, dass sich 1860 mit der Dritten. Liga auf Dauer arrangiert.“ Die vielen Fans und Mitglieder, aber auch die treuen Sponsoren, hätten es verdient, „dass aus 1860 nach Jahren der Stagnation ein erfolgreicher Verein wird“. Hauptsponsor „Die Bayerische“ setzte diesbezüglich kürzlich ein Zeichen und verlängerte den noch bis 2025 laufenden Vertrag vorzeitig bis 2027. „Ich bedanke mich ausdrücklich für die Vertragsverlängerung, aber auch bei allen anderen Partnern, die sich schon jetzt entschieden haben, den Löwen weiter treu zur Seite zu stehen“, so der Jordanier gönnerhaft. Und über Trainer Maurizio Jacobacci sagt er: „Ich finde seine Herangehensweise sehr authentisch belebend für 1860. Es wirkt für mich zumindest von außen so, dass der Trainer auch den Zugang zu den Spielern gefunden hat.“ Ismaik wünscht sich nun, „dass der Club möglichst kurzfristig die Weichen für die neue Saison stellt, auch als Signal für weitere Personalentscheidungen“. Um mit den Fans über ihre „Wünsche, Sorgen und Ängste“ zu sprechen, will der Investor im Mai nach München kommen. Ob dann auch ein Gespräch mit Präsident Robert Reisinger geplant ist? Ein solches hat es schon seit Jahren nicht mehr gegeben. Also: Herzlich willkommen bei 1860 München.
Querschüsse des Investors
Vor der Saison mit mächtigen Transfers und großen Vorschlusslorbeeren gestartet, ist 1860 schon seit längerer Zeit wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. In dieser Saison gipfelte es mit der Entlassung von Michael Köllner und der darauffolgenden Posse, die es wert ist, erneut darauf zu schauen. Denn wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, habe die Geschäftsführung am Morgen der Köllner-Entlassung eine Mail an die Aufsichtsräte verschickt. Mit im Verteiler soll Ismaiks Statthalter Anthony Power gewesen sein. Der Geschäftsführer der TSV 1860 Merchandising GmbH scheint diese Mail auch gelesen zu haben, schließlich habe er der „SZ“ zufolge nur zwölf Minuten später in einer privaten Nachricht an Sportchef Günther Gorenzel geantwortet, dass dieser auch gehen müsse, wenn Köllner geht. Ismaik hat später dementiert, in den Entscheidungsprozess eingebunden gewesen zu sein. Aber warum kam Power zu der Annahme, dass Gorenzel gehen müsste, falls Köllner entlassen wird? Schließlich würde die Entscheidung darüber nicht vom Aufsichtsrat, sondern vom Beirat getroffen werden, in dem die Vereinsseite gemäß der 50+1-Regel die Stimmenhoheit hat. Wer lügt und wer die Wahrheit sagt, blieb offen. Was jedoch bleibt, ist ein Streit, der nur Verlierer hat. Und der die Löwen nach außen hin in keinem guten Licht erscheinen lässt. Ganz offensichtlich herrscht ein internes Kommunikationsproblem, das auch noch öffentlich zur Schau gestellt wird. Wobei es nicht neu ist, dass die Gesellschafter lieber über- statt miteinander reden. Dass diese ganzen Querelen nicht wirklich an der Mannschaft vorbeigingen, sah man ihr an. Die Wahl, Jacobacci als Trainer zu installieren, kam für viele überraschend – ging aber nicht so schlecht aus, wie viele erwarteten. Wirklich erfolgreich wurde es mit dem neuen Übungsleiter jedoch auch nicht. Denn die Qualifikation für den DFB-Pokal, das Minimalziel, das nach dem verpassten Aufstieg ausgegeben wurde, wird wohl auch unter Jacobacci nicht erreicht. Rechnerisch ist natürlich noch alles möglich, doch in der Praxis müsste sich 1860 im Saisonendspurt an drei Teams vorbeischieben (Mannheim, Osnabrück und Dresden), um die Qualifikation für den DFB-Pokal einzutüten. Der Weg über den Landespokal ist bereits versperrt, dort verlor München im Viertelfinale bei Regionalligist FV Illertissen. In den vergangenen 30 Jahren waren die Löwen nur zweimal nicht im Pokal dabei, 1993/94 und 2019/20.
Der Etat für die neue Saison wird sinken
Gegen Wiesbaden wurde laut Trainer Maurizio Jacobacci offensichtlich, warum der Gegner auf Rang zwei liegend zu den Spitzenmannschaften der Liga gehört und 1860 eben nicht. „Man sieht die Abgeklärtheit von Wehen Wiesbaden“, meinte der 60-Jährige. Die Hausherren hätten den Löwen „aus einer sattelfesten Abwehr wenig Freiräume gegeben“, daran habe sich seine Elf die Zähne ausgebissen. „Das ist schade, denn wir waren auf Augenhöhe und hätten sicherlich einen Zähler erreichen können.“ Das ist eine ernüchternde Aussage über eine Mannschaft, die nicht nur die teuerste der Liga ist, sondern vor der Saison von allen Trainern als Topfavorit eingestuft wurde. Nach zuvor zwei Siegen in Folge kassierte München somit wieder einen Rückschlag, der auch finanzielle Auswirkungen haben könnte. In der aktuellen Saison erhielten alle Teilnehmer an der ersten Runde des DFB-Pokals knapp 210.000 Euro – auf diese Zusatzeinnahmen muss 1860 im Sommer voraussichtlich verzichten. Der neue Etat soll wohl ohnehin von bisher 6,3 Millionen Euro auf 4,5 Millionen Euro gesenkt werden, all das macht die jüngst von Investor Hasan Ismaik gewünschten Vertragsverlängerungen mit Leistungsträgern wie Marius Wörl, Yannick Deichmann oder Joseph Boyamba nicht einfacher. Auf die Zukunft von Jacobacci hat das drohende Verpassen des Minimalziels aber keine Auswirkungen. „Maurizio hat bereits im ersten Gespräch mit mir einen sehr positiven Eindruck hinterlassen, den er nun in der täglichen Arbeit auf und neben dem Platz bestätigt hat. Daher war es nur folgerichtig, Maurizio über das Saisonende hinaus zu binden und ihm die Chance zu geben, die Mannschaft weiterzuentwickeln“, sagte Gorenzel.
Das Spiel beim FCS wird für die Münchener Löwen also schon eine Art Vorgeschmack auf die neue Saison.