Es ist nicht leicht, eine Regierungspartei zu sein
Es ist schwierig, wenn man einmal ein Narrativ in die Welt gesetzt hat, es wieder einzufangen. Bestimmte Bilder und Behauptungen setzen sich schnell fest – vor allem dann, wenn man sie laut genug wiederholt und dabei sehr bestimmt auftritt. Die Diskussion um das „Heizungsverbotsgesetz“ (dieses Wort allein!) der Bundesregierung gehört dazu, die seltsame Auffassung von „Technologieoffenheit“, wenn selbst jene da nicht mehr mitmachen wollen, denen es eigentlich nutzen soll – die Liste ließe sich wahrscheinlich noch fortsetzen.
In der aktuellen Regierungskoalition in Berlin ist es vor allem die FDP – seltsamerweise rhetorisch manchmal in schöner Eintracht mit der AfD –, die mit solchen Bildern und Behauptungen arbeitet, oft wider besseren Wissens. Der Eindruck, dass es in der Ampel nicht zum Besten steht, was die Bewältigung großer gemeinsamer Herausforderungen angeht, drängt sich deutlich auf. Der letzte Bundesparteitag der FDP, in dem auch manche Persönlichkeiten in den Bundesvorstand zurückgewählt wurden, auf die man besser hätte verzichten sollen, hat diesen Eindruck noch vertieft.
Natürlich ist es schwierig, in einer Dreierkoalition Gemeinsamkeit zu zeigen und gleichzeitig in Vorbereitung auf die nächsten Wahlen – und gewählt wird in Deutschland ja dauernd – das eigene Profil zu stärken. Da ist man als Parteivertreter hin- und hergerissen zwischen staatsmännischer Verantwortung und dem institutionellen Eigeninteresse, das jeder Partei notwendigerweise innewohnt. Die Balance zwischen diesen beiden Einflüssen zu finden, ist in einer Dreierkoalition besonders schwierig. Deswegen ist diese – normalerweise – nicht die bevorzugte Konstellation.
Problematisch wird diese Grundsatzfrage politischer Taktik, wenn man Angst hat, eine der zahlreichen anstehenden Wahlen zu verlieren – oder schon ein paar Abstürze auf dem Konto hat. Dann ist der Reflex da, besonders mit den Muskeln zu spielen. Das Ausmaß an politischem Testosteron, das die FDP dabei in den vergangenen Monaten versprüht hat, hat beinahe CSU-Dimensionen erreicht. Das fällt dann leider schon unter toxische Männlichkeit.
Hierbei werden allerdings gewisse Grenzen nicht mehr eingehalten. Wenn man an einem Tag einen Gesetzentwurf im Kabinett absegnet, um kurz darauf öffentlich zu verkünden, dass man diesem im Parlament so nicht zustimmen werde, ist das mehr als nur schlechter politischer Stil. Es ist die bewusste Entscheidung, die staatliche Gesamtverantwortung zugunsten eigener Interessen zurücktreten zu lassen, möglichst viel Lärm zu machen, auf populistische Effekte zu setzen, die kurzfristig helfen mögen, langfristig aber einen schlechten Geschmack hinterlassen dürften.
Der wichtigste Eindruck aber, der dabei entsteht, ist dieser: dass die Bekämpfung einer der größten Katastrophen der Menschheit, der Klimakatastrophe, der FDP im Grunde gar nicht wichtig sei, manche möglicherweise an ihre Existenz gar nicht recht glauben wollen.
Vielleicht ist dieser Eindruck falsch, wird auch nur zu einem Narrativ als Antwort auf das, was man selbst in die Welt gesetzt hat. Ist das so, wirft es ein bezeichnendes Licht auf das Miteinander und das Durcheinander der Ampel-Koalition.
Wer in eine Koalition eintritt, muss seine Meinung nicht an der Eingangstür abgeben. Aber er ist Teil einer Gesamtverantwortung. Die FDP macht aktuell nicht immer den Eindruck, als wolle sie dieser gerecht werden.